Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (26.04.2009)
Wien, am 26.04.2009EU untersucht Praxis und allfälliges Verbot des Lebendrupfs
Schwedischer TV-Bericht bringt ernsthaften Nachdenkprozess zum Lebendrupf von Gänsen für Daunenprodukte in Gang
Anfang Februar erschütterte ein TV-Bericht Schweden, der die skandalösen Produktionsmethoden in Ungarn, Polen und China dokumentiert hatte und die grauenhafte Realität hinter der Daunenproduktion gezeigt hatte.Ein Bericht des Senders TV4 über derartige Methoden in Osteuropa sowie den Verkauf entsprechender Federn- und Daunenprodukte sorgte im ganzen Land für Empörung und heftige Diskussionen.
Einige schwedische Handelsketten nahmen daraufhin bestimmte Daunenprodukte aus de Sortiment, andere kündigten zumindest an, ihre Lieferfirmen im Hinblick auf die Produktionsweise der Gänsefedern zu kontaktieren und sich gegebenenfalls um Alternativen umzusehen. TV4 hatte mit versteckter Kamera gefilmte Bilder von der ganz alltäglichen Lebend-Rupfpraxis in Agrarbetrieben in Südungarn, Polen sowie in China gezeigt.
Der schwedische Agrarminister Eskil Erlandsson wandte sich an die EU-Kommission in Brüssel. Die EU-Kommission will die Praxis des Rupfens von Gänsen bei lebendigem Leib für die Daunenproduktion jetzt einer genaueren Untersuchung unterziehen. Erlandsson zeigte sich über die Brüsseler Zusage erfreut. Der schwedische Minister sah darin eine „eindeutige Erklärung" der Kommission, wonach das Rupfen lebenden Geflügels gegen die gemeinsamen Tierschutzregeln der EU verstoße.
Daunen sind eine Feder mit kurzem Kiel und sehr weichen „Federästen“, die eine hohe Temperaturisolationskraft besitzen, was den Vögeln ein Leben unter auch extremen klimatischen Bedingungen ermöglicht und das Produkt für die Bekleidungsindustrie so begehrt macht. Daunen besitzen eine hohe Elastizität. Und sind leichter als andere Federtypen. Bedingt durch ihre dreidimensionale Struktur können sie wesentlich mehr Luft einschließen als Federn, die sich durch eher flache Federfahnen mit ausgeprägtem Federkiel auszeichnen. Das Daunengewicht ist abhängig von Vogelart und -rasse sowie vom individuellen Alter der Vögel und weist daher deutliche Unterschiede auf. Ein Kilogramm Gänsedaunen enthält etwa 250.000 bis 400.000 Daunen. Von den feinsten und zugleich leichtesten Daunen der Eiderenten müssen gar rund 500.000 bis zu einer Million Daunen für ein Kilogramm gesammelt werden. Diese Form der Daunengewinnung stellt aber ein „Premiumprodukt“ dar und betrifft nicht die industrielle Daunengewinnung, die speziell im Fall des „Lebendrupfs“ ungleich invasiver und brutaler abläuft.
Beim Lebendrupf in der gewerblich bis industriell betriebenen Vogelzucht wird – unter anderem auf Grund teils enormer Bestandsgrößen von hunderttausenden Tieren – kaum auf individuelle Mauserfortschritte der Vögel Rücksicht genommen (die das Rupfen im traditionellen sogenannten bäuerlichen Lebendrupf noch vergleichsweise „erträglich“ machen), und in der Regel gering entlohnte Akkordarbeit mit hohem Zeitdruck führt zu stark erhöhtem Stress sowie zu alles andere als „tiergerechten“ Rupfvorgängen. Das Rupfen – insbesondere bei Gänsen auch in Kombination mit Masthaltung – führt häufig dazu, dass die Vögel unnötig leiden; Knochenbrüche, ja sogar das Ausreißen von Haut und andere Verletzungen bei dieser Art der Daunengewinnung sind keine Seltenheit. Daher steht der Lebendrupf seit langem in der Kritik von Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen.
Aufgrund von häufig fehlenden Deklarationen der Daunenprodukte nach ihrem Ursprung haben KonsumentInnen oft gar nicht die Möglichkeit, die Herkunft und Herstellungsform ihrer Produkte nachzuvollziehen.
Für die VerbraucherInnen ist auf Grund fehlender
firmenunabhängiger Gütesiegel zur Daunenherkunft
zudem nicht erkennbar, ob als „aus Totrupf“
deklarierte Ware tatsächlich aus entsprechenden
Betrieben stammt oder nicht tatsächlich aus
industriellem Lebendrupf.
Der VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN empfiehlt daher
den Verzicht auf Produkte, die Daunen enthalten
und stattdessen auf hochwertige moderne Kunstfasern
zurückzugreifen. Ob wattierte, warme Winterjacken
auf Basis synthetischer Fasern oder Fleece-Stoffe,
oder Bettzeug mit Kunstfaserfüllung statt Daunen
– für jeden Bedarf, jede Anwendung gibt es längst
tierfreundliche Lösungen, die der Echtfedern-Variante
an Funktionalität und Qualität um nichts nachstehen.