Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (29.04.2009)
Wien, am 29.04.2009Auf Vortragsreise durch Neuseeland
VGT besucht die zwei neuseeländischen Inseln und hält 9 Vorträge in 5 Städten
Freilandhaltung und Tierfabriken
In Neuseeland wohnen etwa halb soviele Menschen wie in Österreich, es ist aber flächenmäßig etwa 3 Mal so groß. Aufgrund dieses großen Platzangebots gibt es sehr viel Freilandhaltung von grasessenden Nutztieren wie Schafen und Kühen. Auf jeden Menschen in Neuseeland kommen 15 Schafe, und für diese Tiere wurde der allergrößte Teil des Urwalds gerodet und mit europäischem Gras bepflanzt. Auch für Milchkühe ist die Weidehaltung der Normalfall. Dagegen findet die Haltung von Legehühnern und Masthühnern ausschließlich in Tierfabriken statt, es gibt für diese Tiere keine Freilandhaltung. Neuseeland hat die größte Legebatterie der südlichen Hemisphäre und alle Bemühungen der Tierschutzbewegung, ein Legebatterieverbot wie in Österreich zu erreichen, sind bisher gescheitert. Dabei wäre Neuseeland insofern dafür ideal geeignet, weil es keinem Freihandelsabkommen unterliegt und die Einfuhr von Tierprodukten mit schlechten Haltungsstandards jederzeit verbieten könnte.
Die Schweineproduktion ist mit etwa 200.000 Schweineschlachtungen pro Jahr vergleichsweise gering (Österreich: 5,5 Millionen), aber 80% dieser Schweine dürfen im Stroh liegen und werden nicht in Kastenstände gesperrt. Natürlich importiert man massiv Schweinefleisch, und zwar hauptsächlich aus Tierfabriken in Asien wie z.B. in China.
Ausrottungsfeldzug gegen Raubtiere
Neuseeland hatte nie Säugetiere in der Evolutionsgeschichte, mit Ausnahme von zwei Fledermausarten. Es war das Land der Vögel, und entsprechend entwickelten sich zahllose Vogelarten, die keine Furcht kennen und auch nicht fliegen können. Sie wurden eine leichte Beute der vor etwa 800 Jahren dort ankommenden Menschen aus Polynesien, die sich heute Maori nennen. Nach nur wenigen Hundert Jahren waren alle Arten der Moas, die in Neuseeland die ökologische Nische der großen grasenden Säugetiere übernommen hatten, ausgerottet. Ende des 18. Jahrhunderts kamen die EuropäerInnen ins Land und brachten einige Tiere mit. Das Kaninchen, verschiedene Hirscharten und sogar österreichische Gämsen wurden zur Jagd ausgesetzt, die australischen Opossums brachte man für Pelzfarmen mit. Zuletzt setzte man auch Wiesel und Frettchen aus, um der Kaninchenplage Herr zu werden. Alle diese Tiere richteten in kurzer Zeit einen großen Schaden in der einheimischen Flora und Fauna an.
Doch diese Fehler der Menschen müssen – wie immer – die Tiere büßen. Heute wird in praktisch allen Nationalparks des Landes das Gift 1080 aus Hubschraubern in der Landschaft verteilt, und alle Wege sind mit Fallen gesäumt, insbesondere um Wiesel, Frettchen und Opossum zu töten. Gegen diese Tiere gibt es einen richtigen Ausrottungsfeldzug. Tatsächlich zeigen aber alle diese Maßnahmen keine Wirkung in der Reduktion der Anzahl dieser Tiere, sie haben nur unsägliches Leid zur Folge, da die allermeisten der aufgestellten Fallen nie kontrolliert werden und die Tiere darin erbärmlich zugrunde gehen. Würden die eingeführten Raubtiere nicht überall zum Feind Neuseelands schlechthin hochstilisiert, könnten die Behörden die notwendige Kritik an diesen tierfeindlichen Ausrottungsmaßnahmen ernsthaft überdenken. Neuseeland sollte langsam mit diesen neuen EinwohnerInnen Frieden schließen. Immerhin wurde dieses Land schon in den 1970er Jahren zum Tierschutzvorbild, weil es damals ein bis heute gültiges grundsätzliches Verbot Meeressäugetiere zu jagen ausgesprochen hat. Mittlerweile ist die sanfte Tourismusindustrie durch Whale Watching, Dolphin und Seal Swimming und die Beobachtung von Seehundkolonien zu einer der wichtigsten Stützen der Wirtschaft geworden.
Tierrechtsbewegung gut etabliert
Wie im englischsprachigen Raum üblich, ist auch in Neuseeland die Tierschutz- und Tierrechtsbewegung sehr gut entwickelt und seit langem fixer Teil der politisch-sozialen Landschaft. In praktisch allen größeren Städten gibt es eigene Gruppen von AktivistInnen, die sich mit Informationstischen an die Bevölkerung wenden, oder in landesweit koordinierten Kampagnen Druck auf Politik und Wirtschaft ausüben, tierfreundlicher zu werden. Auf dem Tierrechtskongress 2009 waren etwa 150 TeilnehmerInnen (siehe http://www.vgt.at/presse/news/2009/news20090420m.php).
Die großen Tierschutzvereine des Landes engagieren sich kaum in Kampagnen, sondern kümmern sich hauptsächlich um Tierheime und stellen Tierrettungen und InspektorInnen zur Verfügung. Diese InspektorInnen dürfen Tierhaltungen unangemeldet kontrollieren, können aber Gesetzesübertretungen nur auf Kosten der Tierschutzvereine selbst gerichtlich verfolgen lassen. Durch diese seltsame Konstruktion – die Tierschutzvereine werden ja schließlich alle nur durch Spenden finanziert – bleiben trotz Tierschutzkontrollen die meisten Übertretungen des Tierschutzgesetzes ungeahndet.
Die Tierheime sind notorisch überfüllt, sodass herrenlose Hunde und Katzen bereits nach 2 Tagen eingeschläfert werden, falls sich niemand meldet, von dem sie stammen, oder der sie aufnimmt. Für TierschützerInnen in Neuseeland klang die Information, dass in österreichischen Tierheimen keine herrenlosen Tiere eingeschläfert werden, wie aus dem Paradies.
Der größte, politisch für Tiere aktive Verein Neuseelands ist SAFE (http://www.safe.org.nz), mit zwei Büros in Christchurch und Auckland, sowie einem Budget etwa der Größe des VGT. SAFE und VGT sind sich in vielem sehr ähnlich und haben auch vergleichbare Kampagnenstrategien und Ziele.
Der VGT-Obmann hielt Vorträge in Christchurch auf der Südinsel, und in Wellington, Palmerston North, Tauranga und Auckland auf der Nordinsel
Zusätzlich sprach die Tierschutzlehrerin des
VGT in Auckland über das Projekt Tierschutz
im Unterricht, das der VGT bereits seit 1995
in Österreich erfolgreich durchführt. Überall
fanden die Vorträge aus Österreich großes Interesse,
und insbesondere die Berichte von der Polizeirepression
riefen in Neuseeland Bestürzung hervor. Bereits
zur Zeit der Inhaftierung der TierschützerInnen
im Sommer 2008 hatte es Demonstrationen vor
der österreichischen Botschaft in Neuseeland
gegeben. Sollte es zu einer Anklage wegen §278a
StGB gegen den Tierschutz in Österreich kommen,
dann, so kündigten die TierschützerInnen in
Neuseeland an, werde man deutliche Zeichen setzen,
dass so ein totalitäres Verhalten unter westlichen
Demokratien nicht geduldet werden kann.