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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (07.07.2009)

Wien, am 07.07.2009

Tierversuche im Zunehmen: 2008 in Österreich über 220.000 Tiere bei Experimenten "verbraucht"

Keine Spur der von Politik versprochenen Reduktion

Am 26.Juni 2009 ist vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung die Tierversuchsstatistik für das Jahr 2008 im Amtsblatt der Wiener Zeitung veröffentlicht worden. Damit kommen die Behörden § 16 des Österreichischen Tierversuchsgesetzes zur alljährlichen Veröffentlichung dieser Statistik der Opfer der Tierversuchsindustrie nach.

11 % mehr Versuchstiere gegenüber 2007

Die Zahl der Tiere, die für Experimente und Tests ihr Leben lassen mussten, ist im zurückliegenden Jahr erneut angestiegen – um beachtliche 11%!

Insgesamt wurden im Jahr 2008 an 220.456 lebenden Wirbeltieren Versuche, Experimente und Tests durchgeführt, die für die betroffenen Tiere zum Teil mit beträchtlichen Leiden und Schmerzen verbunden waren.

Stärkste Zunahme unter Mäusen, Hamstern und Schweinen

Während die Tierversuchsindustrie und einschlägige Einrichtungen und Unternehmen geschickt den falschen Eindruck nähren, Tierexperimente seien im Abnehmen oder gar schwinden begriffen, nehmen in Wahrheit seit 1999 die Tierversuche in den Laboren Österreichs tendenziell und faktisch stetig zu. Auch im zurückliegenden Jahr 2008, dessen offizielle Statistik jetzt vorliegt, erhöhte sich die Zahl der verwendeten Tiere um nicht weniger als 22.589. Die stärksten Zunahmen sind bei Mäusen (+12%), Hamstern (+347%) und Schweinen (+307%) zu verzeichnen. Eine positive Ausnahme im allgemein unerfreulichen Trend ist, dass erstmals keinerlei Primaten – also weder Affen noch Halbaffen – für Experimente herangezogen wurden.
Vor allem in den Bereichen Forschung und Entwicklung sowie im Gesundheitswesen und zur Qualitätskontrolle.

Gebrochene Versprechen der Politik

Erschütternd ist auch, dass trotz aller Versprechungen der Politik, ernsthafte Anstrengungen zur Reduktion der ethisch höchst umstrittenen Tierexperimente unternehmen zu wollen, alleine rund 13.000 Tiere mehr im Bereich Wissenschaft und Forschung eingesetzt wurden.

"Die österreichischen Politiker sind endlich gefordert, nun mehr Förderprogramme für Alternativmethoden zu bewilligen. Versprechungen alleine sind zu wenig", kommentiert dies Dr. Harald Schöffl, Vorstandsvorsitzender von „zet“, dem Zentrum für Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen, welches sich seit Jahren für die Entwicklung von Alternativmethoden zu Tierversuchen einsetzt.

Tatsächliche Zahlen wesentlich höher

In der Realität aber ist die Zahl der tatsächlich eingesetzten Tiere wesentlich höher als die kolportierte offizielle Zahl der rund 220.000 Tiere - wie viele Tiere jährlich tatsächlich für die diversen Tests und Versuche verwendet wurden, ist der jeweiligen offiziellen Jahresstatistik gar nicht zu entnehmen. Denn nach dem Tierversuchsgesetz, welches seit 1988 nicht mehr ernsthaft reformiert wurde, gilt nicht jeder experimentelle Eingriff an einem Tier - selbst wenn dieser in einem Tierversuchslabor statt findet - als ein Tierversuch und scheint somit auch nicht in der offiziellen Statistik auf.

Unsinnigerweise nicht als Tierversuche gelten, so dass sie keinen Eingang in die Tierversuchsstatistik finden, unter anderem:

  • alle Eingriffe bzw. Experimente, die nach subjektiver Meinung des durchführenden Tierexperimentators für das Tier nicht belastend sind – sie gelten nicht als Tierversuche!
  • Experimente an wirbellosen Tieren (z.B. Tintenfische, Insekten)
  • Experimente an Tieren, die vor dem Versuch zum Zweck der Gewinnung - etwa von Organen, Gewebe oder Zellen - getötet wurden
  • Versuche an Tierföten und Tierembryonen
  • Tierversuche, die von Österreich in einem anderen Land in Auftrag gegeben oder als (auch mit österreichischen Forschungs- bzw. Steuermitteln gefördertes) Forschungsprojekt quasi in ein anders Land ausgelagert werden
  • Versuche im Rahmen der tierexperimentellen Gentechnik, Klonexperimente und der Einsatz von transgenen Tieren werden in der Statistik nicht gesondert ausgewiesen

Eine lange Liste von Fällen und „Ausnahmen“, die statistisch sozusagen unter den Teppich gekehrt werden oder deren konkrete Quantitäten aufgrund mangelnder Differenzierung in den Bilanzen nicht nachvollziehbar dargestellt werden.

Darüber hinaus ist der Statistik auch nicht zu entnehmen, wie viele Versuche ein einzelnes Versuchstier insgesamt bis zu seinem oft qualvollen Tod über sich ergehen lassen musste. Es wird lediglich die Zahl der erneut verwendeten Tiere angeführt: im Jahr 2008 waren es insgesamt 247 Tiere, die wiederholt belastende Experimente durchstehen mussten.

Forderungen des VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN

Der VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN fordert eine Reihe von wichtigen Reformen im Zusammenhang mit der Tierversuchsproblematik:
Insbesondere soll das Tierversuchsgesetz, welches bereits 1988 – also vor über 20 Jahren! – erlassen wurde, einer grundlegenden Reform unterzogen werden, im Hinblick auf eine Anpassung an die heute gehobenen Tierschutzstandards (etwa im Rahmen des relativ neuen bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes) und das ausgeprägtere Tierschutzbewusstsein in der Bevölkerung. Die Grundsätze des Bundestierschutzgesetzes und die Kompetenzen der Tierschutzombudspersonen, die bisher davon ausgenommen sind, müssen sich auch auf Tierversuche erstrecken.

Definition von Tierversuchen realitätsgemäß ausweiten

Nicht nur aus Gründen der statistischen wie ethischen Redlichkeit sollte die Definition von Tierversuchen jegliche Versuche an allen Tieren umfassen, auch Experimente am getöteten oder „terminal narkotisierten“ Tier, unabhängig von der Einschätzung der ExperimentatorInnen, ob der Versuch das Tier ernsthaft belastet und unabhängig davon, ob es sich um ein Wirbeltier handelt oder nicht.
Reduktion von Tierversuchen durch alternative, tierleidfreie Versuchsmethoden.

Ganz zentral ist aber auch unsere Forderung nach einer Verpflichtung zum Ersatz von Tierversuchen in Forschung wie Industrie durch alternative, tierleidfreie Versuchsmethoden (wie beispielsweise Computersimulationen), wo immer das möglich ist und die gesetzliche Anerkennung der Gleichwertigkeit dieser Methoden. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist die großzügige Bereitstellung von öffentlichen Geldern, aber auch nichtstaatlichen, von Industrie und Wirtschaft generierten Forschungsmitteln zur Finanzierung der Entwicklung neuer Alternativmethoden bzw. auch für deren wissenschaftliche Validierung.

Zentrale Tierversuchsdatenbank

Weiters ist eine zentrale Tierversuchsdatenbank einzurichten, in der alle in Österreich genehmigten und durchgeführten Versuch registriert werden müssen. Die heutige Situation, wo sinnlose Doppelversuche mangels derartiger Datenbanken nicht ausgeschlossen werden können, ist untragbar. Durch insgesamt sage und schreibe 13 verschiedene Stellen, die für die Genehmigung von Tierversuchen zuständig sind, wird die Unübersichtlichkeit und Intransparenz noch gesteigert.

Forschung der Zukunft ohne Tierleid

Es ist im Sinne der Tiere wie auch einer ethischen Verfeinerung und Fortentwicklung der Gesellschaft sehr zu wünschen, den Trend, der heute in die falsche Richtung läuft, umzukehren und neue, ethisch vertretbare Methoden in den Vordergrund zu rücken. Jeder Tierversuch, der durch Alternativmethoden ersetzt werden könnte, ist einer zuviel. Die Zukunft muss der Forschung ohne ausuferndes Tierleid gehören.

 

 

 

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