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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (28.08.2009)

Wien, am 28.08.2009

Wilderei – das übersehene Tierschutzproblem

Nicht nur in Österreich mehr davon, als man denken würde

Anfang Juni wurde im Kärntner Grenzgebiet der Bär Roznik von bis heute unbekannten WildererInnen getötet (mehr darüber unter http://vgt.at/presse/news/2009/news20090616m_1.php).
Auch andere spurlos verschwundene Bären dürften auf das Konto von WildererInnen bzw. auf das von JägerInnen, die illegal Individuen geschützter Tierarten schießen, gehen.

365 Anzeigen im Jahr

Im vergangenen Jahr verzeichnete der polizeiliche Sicherheitsbericht 365 Anzeigen wegen Eingriffs in fremdes Jagd- und Fischereirecht und damit wegen Wilderei in ihren unterschiedlichen Ausprägungen.

Zwar handelt es sich dabei in erster Linie um illegale FischerInnen (deshalb die relativ hohe Aufklärungsquote von fast 40 Prozent). Aber: 34 Anzeigen gab es wegen „schweren Eingriffs“ (§138 StGB) mit einem „Schaden“ von mehr als 3000 Euro. Das sind meist Fälle von klassischer Wilderei. Und die Aufklärungsquote geht hier gegen Null.

Für die „Zentralstelle der österreichischen Landesjagdverbände“ sind WildererInnen VerbrecherInnen, denen es nur um die Trophäe geht. Die „reine Sucht nach einer Trophäe“ attestiert ihnen etwa deren Generalsekretär. Dass diese „Sucht“ auch so mancheN gesetzeskonformeN JägerIn befällt, scheint ihn ebenso zu verdrängen, wie die Tatsache, dass viele WildererInnen über einen Jagdschein verfügen und damit offizielle Mitglieder und Angehörige der Jägerschaft sind.

Im Tiroler Lechtal etwa wilderte vor einiger Zeit ein Jäger im Nachbarrevier einen großen Hirschen, und in Niederösterreich erschoss ein Jäger einen der wenigen österreichischen Bären und stellte ihn ausgestopft in sein Wohnzimmer. Generell scheint hinter dem dramatischen Schwund der ohnehin schwachen Bärenpopulationen die Aktivität der selbstermächtigten Wildschütze zu stehen, die damit alle Bemühungen von Umweltschutzorganisationen zur Wiederansiedelung der Petze konterkarieren und in einigen Regionen regelrecht zunichte gemacht haben.

In Grän in Tirol wiederum wurde vergangenen Winter ein kapitaler Hirsch, ein sogenannter 16-Ender, gesetzeswidrig gemeuchelt. Der Wert des Hirsches wurde von der Polizei mit 6000 Euro veranschlagt. Und in Kärnten sollen zwei Wildschütze über Jahre hinweg „Rehwild, Gamswild, Marder, Birkhahn, Hase, Fuchs und so weiter“ gewildert haben, wie der Staatsanwalt beim folgenden Gerichtsverfahren voriges Jahr auflistete.
Die zwei dann gefassten Lavantaler Wilderer erfüllten ziemlich genau das volkstümliche Wildererbild: Ein 72jähriger Vater und sein Sohn – die Bevölkerung wusste um die Wilderei-Affinitäten der Familie, die zwei gingen bei einem lokalen Faschingsumzug sogar unverblümt als „Lavanttaler Wilderer“. Aber man hielt dicht, schließlich ging und geht es hier für viele um eine nicht ganz unsympathische „Rebellen-Tradition“.

Noch heute gelten etwa auch Regionen wie Bad Goisern, Ebensee und St.Wolfgang als Wildererhochburgen, einige davon nebenbei bemerkt auch Hochburgen beziehungsweise letzte Bastionen des Singvogelfangs, einer ebenfalls anachronistischen tierquälerischen „Tradition“, welche höchst umstritten, aber noch nicht gänzlich illegal ist.

Was das Ranking der illegalen Abschüsse der Bundesländer betrifft ist NÖ traditionell an der Spitze, gefolgt von OÖ, Tirol und der Steiermark.

Natürlich ging es speziell anfangs um Protest gegen Obrigkeit und Adel, die das bis ins 16. Jahrhundert allen Bauern zustehende Jagdrecht an sich gerafft hatten.

Töten aus "Jux und Tollerei"

Der Wilderer des 21. Jahrhunderts hingegen ist immer häufiger nur aus "Jux und Tollerei" aktiv, diagnostiziert Wildbiologe Christopher Böck vom oberösterreichischen Landesjagdverband die Motivation der modernen Freischütze, in der er einen alarmierenden Trend erkennt. So komme es leider oft vor, dass jemand sein Gewehr einfach "nur ausprobieren" wolle – am lebenden Tier eben, mit sämtlichen dramatischen Konsequenzen für dieses.

Mit Schalldämpfer und Kleinkaliber aus dem Auto - Qual für die Tiere, wie oft auch bei konventioneller, gesetzeskonformer Jagd

Häufig wird aus dem Auto heraus geschossen, um dann möglichst rasch den Tatort verlassen zu können, oft mit Schalldämpfer und kleinkalibrigen Waffen. Das traurige Ergebnis: Die Tiere sind nicht gleich tot, sondern verenden langsam und qualvoll in einem Todeskampf über viele Stunden oder mehrere Tage, die Kadaver werden meist in der Nähe von Straßen gefunden, was auch die „Autoschützentheorie“ untermauert. Aber auch bei der offiziellen, legalen Jagd sterben Tiere sehr häufig einen langsamen und grausamen Tod – denn die Mär vom viel beschworenen „Blattschuss“ ist oft genug nichts als Jägerlatein.

Trophäen und kostenloses Wildbret

Das "klassische" Wilderermotiv der „rebellischen Auflehnung gegen die Obrigkeit" als Motiv für den Gesetzesbruch gibt es heute kaum noch. Hinter Trophäen und Gratis-Wildbret ist aber noch so mancher her, und wohl auch hinter dem Nervenkitzel der verbotenen Sache mit vermeintlich „verwegenem“, „männlichem“ Anstrich.

Größte Sorge der Jägerschaft monetärer Schaden

Für die Grundbesitzer und Jagdpächter entsteht dadurch nicht unerheblicher Schaden: "Wirklich ins Geld geht es bei einem Rothirsch", erläutert Wildbiologe und Jagdverbandsfunktionär Böck. Ein Tier mit einem fünf Kilo schweren Geweih repräsentiere einen Wert von fast 4.500 Euro. Hinzu komme, dass Jagdpächter an ihren „angemieteten“ Revieren das Interesse verlieren würden, wenn in diesen die „Filetstücke“ unter den Tieren gewildert werden, zeigt sich der Jagdfunktionär in erster Linie über die ökonomischen Aspekte besorgt - mit dem Töten an sich hat die Jägerschaft naturgemäß weniger Probleme.

Bis zu sechs Monate Freiheitsstrafe

Auf den "Eingriff in fremdes Jagd- und Fischeirecht" stehen in Österreich laut Strafgesetzbuch bis zu sechs Monate Freiheitsstrafe, in schweren Fällen drohen immerhin bis zu drei Jahre. Werden Giftköder ausgelegt, wird ebenfalls die Polizei aktiv – immer wieder fallen teils seltene Raubvögel wie Adler den hinterhältigen Giftattacken zum Opfer.
Auch in den meisten Ländern stellt das Wildern eine Straftat dar. In Deutschland etwa ist die „Jagdwilderei“ nach § 292 des StGB eine „Straftat gegen das Vermögen und gegen Gemeinschaftswerte“. Wegen Wilderei wird hier derjenige bestraft, der den „Jagdausübungsberechtigten aus seiner Stellung verdrängt und als Nichtberechtigter Wild erlegt.“
Die Kodifizierung als eigenständiges Delikt neben dem Diebstahl ist hier notwendig, da nach der deutschen zivilrechtlichen Eigentumsordnung wilde Tiere als herrenlos gelten und zunächst, solange sie leben, nicht eigentumsfähig sind. In Österreich hingegen haben Jäger bzw. Jagdpächter bereits Tierschutzvereine geklagt, die etwa von Autos angefahrene, schwerverletzte Rehe ins Tierspital brachten. Die Begründung: ein klagender Jäger, scheinbar ganz auf seine Waidmännische Mission vergessend, die ja angeblich auch immer die Hege und Fürsorge für in Not geratene Tiere vorsehe, sah sich durch den Abtransport des Rehs in die rettende Veterinärklinik in seinen Eigentumsrechten beschnitten.

Wilderei als Artenkiller

Während in unseren Breiten die Wilderei ein Randphänomen ist, gefährdet gewerbsmäßige Wilddieberei in anderen Teilen der Welt den Bestand vieler Tierarten. Insbesondere imposante Großwildarten und Raubtiere sind hier gefährdet. So sind wegen der begehrten Stoßzähne und Hörner insbesondere die Bestände von Elefanten und Nashörnern, sowie die Populationen verschiedener Raubkatzen, hier wiederum speziell der Tiger (von dessen Unterarten mittlerweile drei vollkommen ausgerottet wurden), durch organisierte Wildererbanden ernsthaft in ihrer Existenz bedroht.

Insbesondere in Entwicklungsländern leiden einige Nationalparks darunter. Manche Wilddiebe zielen dabei auf rituell oder kulturell bedeutsame und damit kostspielige Körperteile ab (z. B. Tigerfell, Elfenbein, Horn des Nashorns). Andere Wilderer im Trikont - meist Ortsansässige - jagen dagegen aufgrund mangelnder Lebensmittelverteilungsgerechtigkeit zur Sicherung ihrer Ernährung.

Aber auch in Europa bringt die Wilderei einige Tierarten ernsthaft in Bedrängnis: so z.B. verschiedene Zugvögel, die auf ihren Weg in die Winterquartiere oder ihre Brutgebiete im Mittelmeerraum illegal geschossen oder gefangen werden, wie der Abschuss gefährdeter Greifvogelarten wie Baumfalken und Weihen auf Malta, der Fang von seltenen Grasmücken auf Zypern oder von Ortolanen in Frankreich, welche trotz strenger Fangverbote als Delikatesse in Frankreich und Italien gelten.

Kooperation gegen die Wilderei

In Österreich sind Strategien gegen die Wilderei schon effektiver. In Oberösterreich etwa probiert man seit einiger Zeit neue Wege durch eine enge Kooperation zwischen Jagdverband, WWF und Exekutive – gewisse Probleme konnten dem Vernehmen nach damit "in die Bedeutungslosigkeit gedrückt" werden, analysiert Othmar Coser vom Ermittlungsbereich Umweltkriminalität des Landeskriminalamtes.

Auch legale Jagd problembeladen

Abschließend muss man aber festhalten, dass die legale Jagd weitaus mehr tierschutzrelevante Probleme verursacht als die Wilderei, welche zumindest gesetzlich sanktioniert ist. Während man hier die Missstände und Vorfälle von Seiten der Behörden und auch der Jagdlobby zu beseitigen trachtet, ist im Bereich der Jagd eine Vogel Strauss Politik das gängige Paradigma: die völlig veralteten Jagdgesetze harren einer längst überfälligen Reform, und effektive Kontrollen der Jägerschaft und ihrer Aktivitäten sucht man vergebens. Der VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN kritisiert, dass das Jagdgesetz noch immer vollständig aus dem Bundestierschutzgesetz ausgenommen ist.

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