Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (19.07.2013)
Wien, am 19.07.2013Noch 20 Jahre Übergangsfrist: was kommt nach dem Kastenstandhaltungsverbot für Mutterschweine?
Neue spezifisch österreichische Forschung zeigt mögliche Alternativen – wie sind sie vom Tierschutzstandpunkt aus zu beurteilen?
Neue spezifisch österreichische Forschung zeigt mögliche Alternativen – wie sind sie vom Tierschutzstandpunkt aus zu beurteilen?
Die Kampagne gegen die körpergroßen Käfige für Mutterschweine insbesondere während der Geburt und der Säugephase, die sogenannten Kastenstände oder Abferkelgitter, brachte zwar ein Verbot, aber erst nach einer astronomischen Übergangszeit bis 2033. Davor schon, bis 2017, sollen praktikable Haltungssysteme für Mutterschweine mit ihren Kindern ohne Kastenstände entworfen werden, auf die die Schweineindustrie dann sukzessive umsteigen würde, bis ab 2033 dann das Kastenstandverbot für alle Betriebe gilt. Wobei die entsprechende Verordnung zum Tierschutzgesetz die Haltung von Mutterschweinen in Kastenständen für die „kritische Phase“ um die Geburt herum, d.s. möglicherweise einige Tage, sogar noch nach 2033 weiterhin erlaubt – mit allen Problemen der Kontrolle, sollten Betriebe Kastenstände weiterhin führen, die sie nach diesen Tagen öffnen müssten.
Am Lehr- und Forschungszentrum Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein, Außenstelle Thalheim/Wels, werden verschiedene kastenstandfreie Haltungssysteme entwickelt und getestet, neben Biobuchten auch welche für die konventionelle Produktion. Eines dieser neuen Systeme konnte vom VGT jetzt begutachtet werden. Die Gesamtfläche der Bucht beträgt 6,5 m² (gesetzlich sind 5,5 m² Mindestfläche vorgeschrieben), wobei davon 4 m² dem Muttertier zum Liegen zur Verfügung stehen. Ein ovales Metallrohr im Halbkreis knapp über dem Boden verhindert, dass die neugeborenen Ferkel zwischen dem Rücken des Muttertiers und der Wand eingeklemmt werden. Für die Schweinekinder gibt es ein eigenes abgetrenntes Nest und ab dem 14. Lebenstag eine Zusatzfutterstelle, zu der die Mutter nicht dazu kommt. Für diese ist dafür ein 50 cm breiter Bereich durch eine Tür zugänglich, in dem sie Nahrung aufnehmen und sich vor zu aufdringlichen Kindern zurückziehen kann. Ein Teil der Bucht ist mit Spaltenboden versehen, im planbefestigten Bereich werden für den Nestbau bei der Geburt 2 Rippen eines Strohballen (2-3 kg) ausgelegt und danach pro Tag ein Kübel Stroh beigefügt. Ein verhältnismäßig stark strukturiertes System für den engen Raum, wobei man als wesentlicher Vorteil gänzlich ohne Kastenstand auskommt, auch in der „kritischen Phase“.
Das Legebatterieverbot, das der VGT 2004 erkämpft hat, hatte zur Folge, dass nun 66% der Legehühner in Bodenhaltung leben. Dort haben sie Zugang zu einem Nest, einem Scharrboden und erhöhten Sitzmöglichkeiten für die Nacht, insgesamt etwa doppelt so viel Platz wie im engen Käfig. Aber um eine Massentierhaltung handelt es sich dennoch. Ähnlich zwiespältig könnte nun die Entwicklung nach dem 2011 vom VGT erkämpften Kastenstandverbot aussehen. Statt dem indiskutablen Kastenstand wird der Schweinefamilie nun eine Bucht geboten, mit Stroh für den Nestbau, aber immer noch handelt es sich um eine Intensivtierhaltung. 4 m² für ein oft bis zu 300 kg schweres Muttertier kann wohl niemand als tiergerecht bezeichnen. In beiden Fällen, Legebatterie und Kastenstandhaltung, war die Tierquälerei offensichtlich, waren die Verbote unerlässlich. In beiden Fällen sind die konventionellen Alternativen zweifellos eine wesentliche Verbesserung der Lebensqualität der Tiere, aber trotzdem weit vom Idealzustand entfernt. Ein schmutziger Kompromiss sozusagen, der uns solange begleiten wird, solange die meisten Menschen täglich Billigfleisch am Teller haben wollen.