Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (29.09.2014)
Wien, am 29.09.2014Erfolgreiche 21. Freilandtagung an der BOKU in Wien
Wenn "nutztierwissenschaftlich"-kalt über Tierleid gesprochen wird,
bleibt bei uns TierschützerInnen ein schaler Geschmack zurück. Doch
viele dieser Forschungsprojekte sind nötig und die Ergebnisse für unsere
Kampagnen sehr wertvoll.
Eine Studentin berichtet davon, wie sie zig-tausend gerade getötete Schweine am Fließband nach dem Ausmaß ihrer Bissverletzungen bewertet.
Der Ton ist völlig unemotional, das Projekt von Deutschlands größtem Schlachthof finanziert. Mehr als ein Viertel aller Tiere hatte Wunden am Schwanz, obwohl dieser bei allen Tieren kurz nach der Geburt kupiert worden war. Nach ihrem Vortrag hätten wir TierschützerInnen sie am liebsten gefragt, wie sie diese Arbeit emotional verkraften konnte. Doch diese Frage wäre fehl am Platz gewesen, darum ging es hier nicht, die Vortragende wirkte auch emotional völlig unbeteiligt und kalt. Wir befinden uns auf der 21. Freilandtagung an der BOKU in Wien.
Das Gesetz verbietet routinemäßiges Kupieren der Schwänze und trotzdem geschieht es überall, um eben gerade das Ausmaß dieser Bisswunden zu reduzieren. In einem weiteren Vortrag versucht eine bayrische Wissenschaftlerin die Ursachen für das Schwanzbeißen zu isolieren. Ihre Konklusion: Schwanzkupieren sei vorerst unumgänglich. Doch es geht nicht um wenige Zentimeter mehr Platz oder anderes Futter, die Biohaltung zeigt die Lösung auf: Stroheinstreu ohne Vollspaltenböden. Auf die Frage an diese Vortragende, ob die Forderung nach einer diesbezüglichen gesetzlichen Regelung nicht die logische Konsequenz ihrer Forschung sei, antwortete sie, dass die bayrische Schweineindustrie das nicht verkraften würde. Also gehts zuletzt doch nur um Profit vor Tierwohl. Soviel dazu, dass nur glückliche Tiere viel Fleisch liefern würden. Es gibt kaum eine dümmere Ausrede der Tierindustrie, weiterhin auf einem brutalen Umgang mit Tieren zu beharren.
Es ist für uns TierschützerInnen nicht einfach, sich auf dieser Ebene auf solche Diskussionen einzulassen. Natürlich geht für uns Tierleid vor. Unserer Ansicht nach muss man die Haltung von Tieren an deren Bedürfnisse anpassen, nicht umgekehrt, die Tiere an die profitabelsten Haltungsbedingungen. Doch andererseits liefern gerade solche Untersuchungen wertvolle Schützenhilfe für unsere Kampagnen.
Eine Reihe weiterer Vorträge war für unsere Tierschutzinitiativen ähnlich relevant, so z.B. die Anforderungen an die Haltung von Kaninchen in Buchten für die Fleischproduktion, die Notwendigkeit für Hühner sich frisches Grünfutter von der Wiese holen zu können oder die Möglichkeit, auch Milchkälber bei ihren Müttern zu belassen. Gerade Letzteres kostet den ProduzentInnen zweifellos Geld, doch wen berührt das Schicksal dieser Tierkinder nicht, wenn sie von ihren Müttern getrennt auf Tiertransporte verladen werden?
Die einfachste Lösung ist der Veganismus. Aber für die Mehrheit der Menschen braucht es zunächst einen Kompromiss zwischen den Kosten für das Tierprodukt und dem Tierleid, das man den Tieren zumutet. Wir müssen langsam die Altlasten abbauen, die aus einer Zeit stammen, in der Tierschutz noch keine Rolle gespielt hat. Die industrielle Tierhaltung und die Tierfabriken sollten sukzessive zurückgedreht werden, bis sie endlich verschwinden. Unsere Petition gegen Massentierhaltung haben zig-tausende Menschen unterschrieben. Jetzt muss die Politik Konsequenzen ziehen. Und so schmerzlich diese Forschungsergebnisse anzuhören sind, sie zeigen objektiv auf, was TierschützerInnen subjektiv längst wissen: Tiere leiden in Intensivtierhaltung und es geht auch ganz anders.