Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (23.04.2020)
Wien, am 23.04.2020VGT veröffentlicht zum Welt-Versuchstiertag Video zur Situation der Tierversuche
Figuren-Demo „Stopp Tierversuche“ - VGT kritisiert: keine Kommissionen für Genehmigungen, keine objektive Schaden-Nutzen Analyse, keine Anwendung von Alternativen
Am 24. April jedes Jahres wird der Welttag für Versuchstiere begangen. Zu diesem Anlass veröffentlicht der VGT ein Video zur Situation der Tierversuche. Der VGT kritisiert, dass in Österreich keine Kommissionen zur Genehmigung von Tierversuchsanträgen gesetzlich vorgeschrieben sind, dass es keine objektive Schaden-Nutzen Analyse gibt sondern jeder Tierversuch zu jedem der im Gesetz angeführten Zwecke durchgeführt werden darf, dass die Tierschutzombudspersonen weder beim Genehmigungsprozess noch bei den Kontrollen der Tierversuchseinrichtungen eingebunden sind und, vor allem, dass die bestehenden Alternativen zu Tierversuchen nicht angewandt werden. Da die reale Demo abgesagt werden musste, versammeln sich kleine Figuren zu einer VGT-Demo „Stopp Tierversuche“ (siehe Bild).
Vor 20 Jahren noch, konnte man Substanzen, also sowohl potentielle Heilmittel als auch potentielle Gifte, in vitro nur an Klumpen gleichförmiger menschlicher Zellen testen. Zu Recht wurde daran kritisiert, dass das mit einem Menschen nicht zu vergleichen ist. Doch seit etwa 15 Jahren kann man Organoide, also etwa 0,5 mm große Miniorgane aus verschiedenen Zellenarten, auf Chips anlegen, um die Wirkung von Substanzen auf Organe zu testen. Dabei sind diese Organoide komplex aufgebaut und entsprechen dem menschlichen Organ im Kleinformat. Seit wenigen Jahren ist es sogar möglich, mehrere solcher Organoide auf einem etwa kreditkartengroßen Chip miteinander in Verbindung zu setzen, d.i. ein sogenannter Multiorganchip, um die Auswirkung einer Substanz auf eine Reihe von Organen zu testen, die miteinander kommunizieren. In wenigen Jahren könnte schließlich der „Human-on-a-chip“ verwirklicht werden, der den ganzen Menschen in Form von vernetzten Miniorganen, die jeweils aus Kulturen verschiedener Zellenarten bestehen, repräsentiert. Damit würden sogar patientenspezifische Tests möglich sein, indem man diesem Stammzellen entnimmt, die dann zu Organoiden entwickelt werden. Diese Methode ist wesentlich aussagekräftiger als jeder Tierversuch: erstens werden menschliche Zellen verwendet, zweitens lässt sich die Anwendung standardisieren und damit reproduzieren, und drittens sind sogar patientenspezifische Aussagen möglich, also ob der Tumor einer gewissen Patientin auf eine gewisse Chemotherapie ansprechen wird oder nicht.
VGT-Obmann Martin Balluch ist Mitglied der Bundestierversuchskommission, die nicht Tierversuchsanträge genehmigt, sondern lediglich das Wissenschaftsministerium bei Reformen zum Tierversuchsgesetz und seinen Verordnungen berät: Tierversuche sind notorisch unzuverlässig. Das ist allen bekannt, die mit ihnen arbeiten. Erstens ist die Übertragung eines erfolgreichen Tierversuchs auf den Menschen in 92 % der Fälle nicht möglich. Und zweitens lassen sich die Ergebnisse nicht reproduzieren, weil Versuchstiere in anderer Haltung und bei einem anderen Umgang anders reagieren. Das ist keine Wissenschaft. Die modernen Alternativen wie Multiorganchips, die bereits existieren und angewandt werden, auch z.B. im Kampf gegen das Coronavirus, genügen dagegen allen Kriterien der Wissenschaftlichkeit und geben große Hoffnung. Nicht nur, um neue Heilverfahren zu entwickeln, sondern auch, um den Versuchstieren zu helfen, die jetzt gerade und völlig sinnlos in Tierversuchslabors leiden. Diesen Tieren wollen wir am heutigen Welttag der Versuchstiere gedenken.