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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (30.06.2022)

Wien, am 30.06.2022

Intelligenz und Bewusstsein bei Fischen – Teil 1

Manche Fischarten erstaunen und begeistern uns Menschen mit verblüffenden Verhaltensweisen. In diesem Beitrag stellen wir Ihnen einige davon vor

Der Verhaltensforscher und Buchautor Jonathan Balcombe (Was Fische wissen) führt in einem wissenschaftlichen Artikel mit dem Titel Cognitive evidence of fish sentience (Kognitive Beweise für die Empfindungsfähigkeit von Fischen) 1 aus dem Jahr 2016 einige Beispiele von außergewöhnlichen Verhaltensweisen von Fischen an, die zeigen, dass Fische intelligente, empfindungsfähige, soziale und mit Bewusstsein ausgestattete Lebewesen sind.

Tigerfische jagen Rauchschwalben

Das beeindruckende Jagdverhalten von Afrikanischen Tigerfischen ist eines dieser Beispiele. Im Jahr 2014 filmten Wissenschafter:innen an einem Stausee in der südafrikanischen Provinz Limpopo wie eine knapp über der Wasseroberfläche fliegende Rauchschwalbe im Flug von einem Tigerfisch erbeutet wurde, der aus dem Wasser sprang.2 Dabei handelte es sich um keinen Einzelfall. In einem Zeitraum von 15 Tagen beobachtete das Forscherteam bis zu 20 Schwalbenfänge pro Tag durch die Tigerfische.

Besonders bemerkenswert ist auch, dass diese Jagdmethode nicht zum ursprünglichen Verhaltensrepertoire der Tigerfische zählt. Die Fische wurden vor knapp 20 Jahren in dem Stausee ausgesetzt. Die Lebensbedingungen dort sind für diese Fischart nicht gut, das natürliche Nahrungsangebot ist nicht ausreichend. Also haben die Tigerfische im See dieses Jagdverhalten sehr wahrscheinlich selbst entwickelt. Jonathan Balcombe dazu: If hunting swallows is an opportunistic behavioural adjustment to avert starvation, then it says a good deal about the resourcefulness of these fish (Wenn es sich bei der Jagd auf Schwalben um eine opportunistische Verhaltensanpassung handelt, um dem Verhungern vorzubeugen, dann sagt das eine Menge über den Einfallsreichtum dieser Fische aus).

Das Prinzip der Gegenseitigkeit

Höchst überraschend ist das im Jahr 2015 im Rahmen einer Feldforschung 3 beobachtete Kooperationsverhalten von Korallenriff-Fischen, das Jonathan Balcombe in seinem Artikel ebenfalls erwähnt. Kaninchenfische waren paarweise bei einem Korallenriff auf Nahrungssuche unterwegs. Während ein Fisch offensichtlich Wache hielt, suchte der zweite Fisch in Rissen und Spalten nach Algen. Die Fische tauschten immer wieder auch die Rollen. Derartiges Verhalten ist in Wissenschaftskreisen als Reziprozität oder das Prinzip der Gegenseitigkeit bekannt, es gilt als ein Grundprinzip menschlichen Handels und setzt komplexe kognitive Fähigkeiten voraus. Die Wissenschafter:innen in ihrem Artikel zur Studie: Here, we provide evidence for the potential presence of direct reciprocity in teleost fishes. We demonstrate that in pairs of coral reef rabbitfishes (f. Siganidae) one fish frequently assumes an upright vigilance position in the water column, while the partner forages small crevices in the reef substratum. Both behaviours are strongly coordinated and partners regularly alternate their positions, resulting in a balanced distribution of foraging activity. (Hier liefern wir Beweise für das mögliche Vorhandensein von direkter Gegenseitigkeit bei Teleostfischen. Wir zeigen, dass bei Paaren von Korallenriff-Kaninchenfischen (f. Siganidae) ein Fisch häufig eine aufrechte Wachsamkeitsposition in der Wassersäule einnimmt, während der Partner in kleinen Spalten im Riffsubstrat nach Nahrung sucht. Beide Verhaltensweisen sind stark koordiniert, und die Partner wechseln regelmäßig ihre Positionen, was zu einer ausgewogenen Verteilung der Futtersuchaktivitäten führt.)

Interessant auch die Beobachtung und Auswertung der kommunikativen Ebene des Kooperationsverhaltens. Die Wissenschafter:innen: Clearly, pairs of rabbitfishes coordinate their positions during foraging and possibly do so through communication via fin-flicks. (Offensichtlich koordinieren Kaninchenfischpaare ihre Positionen während der Futtersuche und tun dies möglicherweise durch Kommunikation über Flossenschläge.)

Gemeinsame Jagd bei Fischen

Sehr ungewöhnlich und ohne Zweifel ein Ausdruck von Intelligenz und komplexen kognitiven Fähigkeiten ist die kollaborative (gemeinsame) Jagd unterschiedlicher Fischarten, die zu erhöhtem Jagderfolg der Beteiligten führt.

Die Zackenbarschart Plectropomus pessuliferus marisrubri jagt regelmäßig mit anderen Fischarten, insbesondere mit der Riesenmuräne (Gymnothorax javanicus) und dem Napoleon-Lippfisch (Chelinus undulatus). Bei ausführlichen Beobachtungen und wissenschaftlich durchgeführten Untersuchungen 4 im Roten Meer konnte nachgewiesen werden, dass der Zackenbarsch zwei verschiedene Signale verwendet, um die gemeinsame Jagd mit der Riesenmuräne zu koordinieren. Das am häufigsten verwendete Signal ist ein hochfrequentes Vibrieren des gesamten Körpers, das vor einer Muräne ausgeführt wird, um diese zu animieren, den Zackenbarsch bei der Jagd zu begleiten. Das zweite Signal ist ein Kopfschütteln des Zackenbarsch in einer bestimmten Körperposition, das auf ein Objekt hinweist. Die Studienautor:innen: It appears to indicate the location of the hidden prey to hunting partners. ... The signal thus focuses the attention of both partners on a specific object. (Es scheint Jagdpartnern den Ort der versteckten Beute anzuzeigen. Das Signal lenkt also die Aufmerksamkeit beider Partner auf ein bestimmtes Objekt.)

Eine besonders bemerkenswerte Beobachtung kommentieren die Wissenschafter:innen wie folgt: In the present study, the observed ability of the grouper to wait above a hidden prey for up to 25 min before signalling to a passing predatory partner suggests it may perform at an ape-like level in a memory task commonly used to assess cognitive ability. (Die in der vorliegenden Studie beobachtete Fähigkeit des Zackenbarschs, bis zu 25 Minuten lang über einer versteckten Beute zu warten, bevor er einem vorbeiziehenden Raubtierpartner ein Signal gibt, deutet darauf hin, dass er bei einer Gedächtnisaufgabe, die üblicherweise zur Bewertung kognitiver Fähigkeiten verwendet wird, auf einem affenähnlichen Niveau agiert.)

Ein ähnliches Verhalten wurde zwischen dem Leopard-Forellenbarsch (Plectropomus leopardus) und dem Großen Blauen Kraken (Octopus cyanea) am australischen Great Barrier Riff beobachtet.

Die Studienautorinnen abschließend: Our results provide strong evidence that two species of fish, the grouper and coral trout, use referential gestures and that other fish species and an invertebrate respond to these signals appropriately. (Unsere Ergebnisse liefern eindeutige Beweise dafür, dass zwei Fischarten, der Zackenbarsch und die Korallenforelle, Referenzgesten verwenden und dass andere Fischarten und ein wirbelloses Tier auf diese Signale angemessen reagieren.)

Werkzeuggebrauch bei Fischen

Besonders faszinierend sind Beobachtungen von Fischen, die deutlich machen, dass Fische in der Lage sind, Gegenstände als Werkzeuge zu verwenden, um beispielsweise an Futter zu kommen. Werkzeuggebrauch erfordert Geschick, Vorausdenken und Vorstellungsvermögen. Lange Zeit herrschte die Meinung vor, nur Primaten wären dazu in der Lage. Mittlerweile hat sich mehrfach gezeigt, dass auch Fische dazu in der Lage sind.

Einige unterschiedliche Studien 5, 6, 7 an verschiedenen Arten von Lippfischen brachten ähnliche Ergebnisse. Die Fische wurden dabei beobachtet, wie sie Muscheln öffneten, indem sie diese im Mund haltend so lange auf einen Stein schlugen, bis die Muschel zerbrach und die Lippfische so an das Muschelfleisch gelangen konnten. Diese Beobachtungen wurden im Meer ebenso gemacht wie in Aquarien.

Kabeljau lernt innovativ

Ein Wissenschaftsteam mit Mitarbeiter:innen aus Frankreich, Norwegen und den USA erforschte im Jahr 2013 innovatives Verhalten des Kabeljau. Drei Fische wurden mit einem Selbstfütterungsapparat konfrontiert, um herauszufinden, ob sie in der Lage sind, den Apparat zu verstehen, richtig zu nutzen und sich so selbst zu füttern. Die Ergebnisse waren erstaunlich, wie die Wissenschafter:innen berichten: This study describes how three individual fish, Atlantic cod (Gadus morhua L.), developed a novel behaviour and learned to use a dorsally attached external tag to activate a self-feeder. This behaviour was repeated up to several hundred times, and over time these fish fine-tuned the behaviour and made a series of goal directed coordinated movements needed to attach the feeder’s pull string to the tag and stretch the string until the feeder was activated. These observations demonstrate a capacity in cod to develop a novel behaviour utilizing an attached tag as a tool to achieve a goal. (In dieser Studie wird beschrieben, wie drei einzelne Fische … ein neuartiges Verhalten entwickelten und lernten, eine dorsal angebrachte externe Markierung zu verwenden, um einen Selbstfütterer zu aktivieren. Dieses Verhalten wurde bis zu mehrere hundert Mal wiederholt, und im Laufe der Zeit haben diese Fische das Verhalten verfeinert und eine Reihe von zielgerichteten, koordinierten Bewegungen ausgeführt, die erforderlich waren, um die Zugschnur des Futters an der Markierung zu befestigen und die Schnur zu spannen, bis der Futterapparat aktiviert wurde. Diese Beobachtungen zeigen, dass Kabeljaue in der Lage sind, ein neuartiges Verhalten zu entwickeln, bei dem eine angebrachte Markierung als Werkzeug zur Erreichung eines Ziels eingesetzt wird.) 9

Putzerfische bestehen Spiegeltest

Ein besonders bemerkenswertes Beispiel für die Intelligenz und Lernfähigkeit von Fischen wurde im Februar 2019 bekannt. Mit Putzerfischen wurde der in Fachkreisen berühmte Spiegeltest gemacht. Bei diesem Test markieren Forscher:innen Stellen des Körper oder des Gesichts von Tieren mit Farbflecken. Dann wird den Tieren ein Spiegel vorgehalten. Der Test gilt als bestanden, wenn die Tiere die markierten Stellen am Körper betrachten oder versuchen die Farbmarkierungen zu entfernen. Wird der Test bestanden, ist dies in Wissenschaftskreisen ein Beweis dafür, dass das Tier ein Bewusstsein seines eigenen Ichs besitzt. Die Putzerfische haben den Test bestanden! 10

Quellen

  1. Jonathan Balcombe: Cognitive evidence of fish sentience, Animal Sentience Volume, 2016
  2. G. C. O`Brien, F. Jacobs, S. W. Evans, N. J. Smit: First observation of African tigerfish Hydrocynus vittatus predating on barn swallows Hirunso rustica in flight, Journal of Fish Biology (2014) 84, 263-266
  3. Simon J. Brandl, David R. Bellwood: Coordinated vigilance provides evidence for direct reciprocity in coral reef fishes, Nature Scientific Reports, 2015
  4. Alexander L. Vail, Andrea Manica, Redouan Bshary: Referential gestures in fish collaborative hunting, Nature Communications 2013
  5. L. Pasko: Tool-Like Behavior in the Sixbar Wrasse, Thalassoma hardwicke (Bennett, 1830). Zoo Biol. 29, 767-773, 2010
  6. G. Bernardi: The use of tools by wrasses (Labridae), Coral Reefs, 2012
  7. James. A. Coyer, Use of a rock an an anvil for breaking scallops by the Yellowhead wrasse, 1995
  8. A. M. Jones, C. Brown, S. Gardner: Tool use in the tuskfish Choerodon schoenleinii? Coral Reefs, 2011
  9. Millot Sandie, Nilsson Jonatan, Fosseidengen Jan Erik, Bégout Marie-Laure, Fernö Anders, Braithwaite Victoria A, Kristiansen Tore S: Innovative behaviour in fish: Atlantic cod can learn to use an external tag to manipulate a self-feeder, 2013
  10. Masanori KohdaI, Takashi HottaI, Tomohiro Takeyama, Satoshi Awata, Hirokazu Tanaka, Jun-ya Asai, Alex L. Jordan: If a fish can pass the mark test, what are the implications for consciousness and selfawareness testing in animals?, 2019

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