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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (28.07.2022)

Wien, am 28.07.2022

Ergebnis der VGT-Kampagne gegen die Haltung von Mutterschweinen im Kastenstand

Nach nur 10 ½ Monaten intensiver Kampagnenarbeit wurden die Zeiten, in denen es in Österreich immer noch erlaubt ist, Mutterschweine in körpergroßen Käfigen zu halten, drastisch reduziert.

Die Schweine waren die großen Verlierer bei der Schaffung des Bundestierschutzgesetzes. Die Schweineindustrie ist auch die mächtigste Sparte der Tierindustrie in Österreich, 2 Drittel des konsumierten Fleisches hierzulande ist vom Schwein. Der VGT hat daher Anfang Februar 2011 beschlossen, die Kastenstandhaltung der Mutterschweine in den Fokus seiner bundesweiten Kampagne zu stellen.

Anfang 2011 war aber noch der Tierschutzprozess in vollem Gange. Am 14. Februar 2011 fand erst der 69. von später 98 Gerichtstagen statt, es wurde die aufgedeckte verdeckte Ermittlerin der Polizei mit Decknamen Danielle Durand einvernommen. Seit 21. Mai 2008 wurde der VGT von Justiz und einer 35 köpfigen SOKO Tierschutz massiv verfolgt, was die schlagkräftige Kampagnenarbeit des VGT mehr oder weniger lahmgelegt hatte. Mit der neuen Schweine-Kampagne wollte der VGT sozusagen wieder zu neuem Leben erwachen. Erst am 2. Mai 2011 wurde der Freispruch nach erwiesener Unschuld gegen alle Angeklagten in allen Anklagepunkten im Tierschutzprozess verkündet. Direkt vom Gerichtssaal in Wr. Neustadt begab sich der Hauptangeklagte VGT-Obmann in die Wiener Innenstadt, um am Stephansplatz 24 Stunden in einem Schweinekastenstand zu verbringen.

Am 8. Februar 2011 hatte der VGT die Kampagne gegen die Kastenstandhaltung von Mutterschweinen mit einer Presseaussendung, in der die Forderung klar artikuliert wurde, eröffnet. Am nächsten Tag gab es bereits bundesweit Aktionen, bei denen der Kastenstand der Bevölkerung vorgeführt wurde.

Status Quo

Im Jahr 2011 wurden die allermeisten Mutterschweine ihr gesamtes Leben in einem Kastenstand gehalten. Die Größe dieses Käfigs war in der Verordnung zur Schweinehaltung klar definiert: für ausgewachsene weibliche Schweine 65 cm breit und 195 cm lang. Das Ziel dieser Haltung war, das Mutterschwein vollständig an jeder Bewegung zu hindern, weil sie sonst ihre Kinder erdrücken könnte. Zum Niederlegen im Kastenstand musste das Tier den Kopf unter den Futtertrog fädeln und dann am Gitter hinunter rutschen, eine Prozedur, die gut 20 Sekunden dauerte. Die Mutterschweine blieben also 5 Jahre lang im Zustand der totalen Bewegungsunfähigkeit, bis man sie, weil die Körper ausgelaugt waren, schlachtete. Der einzige Moment ohne körpergroßem Käfig war der Wechsel vom sogenannten Deckstall, wo die Muttertiere im Kastenstand künstlich befruchtet wurden, zum Abferkelstall, wo die Schweine im Kastenstand ihre Kinder gebären und sie säugen mussten. Und der Transport in den Schlachthof.

Aktivitäten

Die Kampagne dauerte etwas über 10 Monate. Neben zahlreichen Protestkundgebungen wurde das Landwirtschaftsministerium am 12. September 2011 über 30 Stunden lang besetzt. Am 2. 11. 2011 seilten sich Aktivist:innen mit einem Transparent vom Landwirtschaftsministerium ab. Zusätzlich gab es koordinierte Blockadeaktionen von Landwirtschaftskammern zunächst in St. Pölten (29. 11. 2011), dann zeitgleich in Innsbruck und Linz (13. 12. 2011) und schließlich in Graz und Salzburg (15. 12. 2011). Zusätzlich wurden öffentliche Auftritte von Landwirtschaftsminister Berlakovich insgesamt 35 Mal von spontanen Tierschutzprotesten gegen die Kastenstandhaltung unterbrochen. Im Rahmen der Kampagne schickte der VGT 138 Presseaussendungen an die Medien.

Der Weg zum Verbot

Ende Juli 2011 war der VGT-Obmann noch auf Einladung von Tierschutzminister Stöger bei der ersten Verhandlungsrunde zum Kastenstandverbot dabei, doch kurz darauf zeigte die Agrarindustrie ihr undemokratisches Gesicht. Nur Schweineindustrie und Landwirtschaftskammer sollten mitreden dürfen, der Tierschutz wurde ausgegrenzt und man versuchte, den VGT als radikal und extremistisch zu diffamieren. Doch auch ohne den VGT stockten die Verhandlungen.

Einen ersten Fortschritt gab es Ende Juli 2011. Die Schweineindustrie erklärte sich bereit, die Kastenstandzeit im Deckstall auf insgesamt 10 Tage pro Schwangerschaftszyklus zu reduzieren, aber der Abferkelbereich wurde zum Diskussionstabu erklärt. Landwirtschaftsminister Berlakovich begann seine totale Blockadepolitik. Der VGT intensivierte seine Kampagne.

Am 20. Dezember 2011 lenkte die Schweineindustrie bei einer 20 stündigen Verhandlungsrunde endlich ein und zeigte sich bereit, auch den Kastenstand im Abferkelbereich zu diskutieren. Schließlich wurde eine Einigung gefunden, die Tierschutzminister Stöger auch mit dem VGT-Obmann besprach, bevor sie am 22. Dezember 2011 der Öffentlichkeit präsentiert wurde.

Verbot der Kastenstandhaltung von Mutterschweinen

Gesetzliche Neuregelung zum Deckstall

Deckstall ist jener Bereich einer Schweinefabrik, in dem die Muttertiere während der Befruchtung und der Schwangerschaft bis 1 Woche vor der Geburt gehalten werden. Pro Zyklus verbringen die Mutterschweine rund 120 Tage im Deckstall. Danach kommen sie für 5 Wochen in den Abferkelstall, um danach wieder in den Deckstall gebracht zu werden, und der gesamte Zyklus beginnt von vorne.

  • Bis damals (Ende 2011): Von 120 Tagen werden die Mutterschweine 120 Tage im Kastenstand gehalten.
  • EU-Richtlinie 2008: ab 2013 dürfen die Mutterschweine nur mehr 42 dieser 120 Tage im Kastenstand gehalten werden.
  • Kastenstandverbot Deckstall: ab 2013 dürfen die Mutterschweine nur mehr 10 dieser 120 Tage im Kastenstand gehalten werden. Für jene Betriebe, die sich bereits baulich an die EU-Richtlinie angepasst haben und erst umbauen müssten, um die neue Regelung einzuhalten (laut Tierschutzminister damals 5-10 Prozent der Betriebe), gilt die EU-Vorgabe bis 2033 und erst ab dann die 10-Tage-Regelung.
  • Aufs Jahr gerechnet stehen die Mutterschweine 283 Tage im Deckstall:
    • Bisher: davon 283 Tage im Kastenstand
    • EU-Richtlinie: ab 2013 davon 99 Tage im Kastenstand
    • Neue Regelung: ab 2013 davon 24 Tage im Kastenstand (wenn Umbau nötig erst ab 2033)

Gesetzliche Neuregelung zum Abferkelstall

Abferkelstall ist jener Bereich einer Schweinefabrik, in dem die Muttertiere eine Woche vor der Geburt und die gesamte Zeit während des Säugens gehalten werden. In Österreich sind das 35 Tage pro Zyklus bzw. 82 Tage im Jahr.

Im Jahr 2011 wurde festgelegt, dass eine Anfang 2012 eingerichtete Fachstelle bis Ende 2017 neue Mindestanforderungen für die Art der Haltung im Abferkelstall erarbeiten soll, sowie feststellen, wie lange die kritischen Tage sind, in denen der Kastenstand in der Abferkelbucht erlaubt bleibt. Die Ergebnisse liegen nun vor. Es soll einen umklappbaren Kastenstand geben.

  • Ab 2033: Die Abferkelbucht muss mindestens 5,5 m² statt bisher 4 m² Fläche haben.

Für die Haltung im Kastenstand gilt:

  • Bisher (2011): Von 35 Tagen werden die Mutterschweine 35 Tage im Kastenstand gehalten.
  • EU-Richtlinie: betrifft Abferkelbereich nicht, also ebenfalls 35 Tage Kastenstand.
  • Neue Regelung: Ab 2019 für Neu- und Umbauten, ab 2033 für alle, gilt die Einschränkung der Kastenstandhaltung für Muttertiere auf 1 Tag vor der Geburt bis 5 Tage danach, also insgesamt 6 Tage.
  • Aufs Jahr gerechnet: Von 82 Tagen im Abferkelstall pro Jahr stehen die Muttertiere sowohl bisher als auch nach der EU-Richtlinie 82 Tage im Kastenstand, nach der neuen Regelung spätestens ab 2033 nur mehr 14 Tage.

Insgesamt ergibt sich also übers Jahr gerechnet für die Zeit der Muttertiere im Kastenstand:

  • Bisher: 365 Tage Kastenstand pro Jahr.
  • EU-Richtlinie: ab 2013 insgesamt 181 Tage pro Jahr, also etwa 6 Monate.
  • Neue Regelung: ab 2013 insgesamt 106 Tage bzw. 3 ½ Monate pro Jahr, ab 2033 insgesamt 38 Tage oder 1 ¼ Monate pro Jahr.

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