Ferkelspenden! vgt.at Verein gegen Tierfabriken Menü

Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (29.07.2022)

Wien, am 29.07.2022

Das Ergebnis der Kampagne für Tierschutz in der Verfassung

Seit 1996 vom Tierschutzvolksbegehren gefordert, waren die Regierungen danach nie bereit, Tierschutz als Staatsziel in die Verfassung aufzunehmen, bis der VGT nach 1 jähriger, intensiver Kampagne das Ziel erreichen konnte.

Die Verfassung ist die Grundlage unserer staatlichen und gesellschaftlichen Organisation. Sie kann nur mit einer qualifizierten Mehrheit geändert werden, in ihren Grundfesten nur mit einer 2 Drittel Mehrheit im Parlament und nach einer anschließenden Volksabstimmung. Artikel 1 der Bundesverfassung besagt z.B., dass Österreich eine demokratische Republik ist, in der das Recht vom Volk ausgeht, und Artikel 7, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Seit 1968 steht mit Artikel 85 auch die Abschaffung der Todesstrafe im Bundesverfassungsgesetz. Und das Staatsgrundgesetz von 1867 über die allgemeinen Rechte der Bürger:innen ist in die Verfassung aufgenommen worden, genauso, wie die Europäische Menschenrechtskonvention von 1953.

Die heute gültige Verfassung ist im Jahr 1920 bei der Gründung von Österreich als einer Republik eingerichtet worden. Mit einer Unterbrechung durch den Austrofaschismus 1934-1938 und das Dritte Reich 1938-1945 gilt sie bis heute, auch wenn sie immer wieder adaptiert wird. Die Einhaltung der Verfassung überwacht der Verfassungsgerichtshof. Ihn kann man anrufen, wenn man meint, verfassungswidrig behandelt worden zu sein.

Für den Tierschutz relevant war ursprünglich der Umstand, dass eine Reihe von Freiheiten für Menschen, die die Verfassung garantiert, mit dem Anspruch der Tiere auf Schutz kollidiert. So z.B. die Freiheit der Kunst (Tiertötungen als Kunstwerk), die Freiheit der Wissenschaft (Tierversuche) oder die Freiheit der Religionsausübung (Schächten). Bis 2005 war in Österreich dagegen Tierschutz Landessache.

Tierschutz in anderen Verfassungen

Bereits im Dezember 1973 hat die Schweiz in Artikel 80 ihrer Bundesverfassung Tierschutz aufgenommen. Dort steht, dass der Bund Vorschriften über den Tierschutz erlässt. Im Jahr 1992 wurde dann auch die Würde des Tieres unter Artikel 120 in die Schweizer Bundesverfassung geschrieben: Der Bund ist verpflichtet, Vorschriften zu erlassen, die der Würde der Kreatur Rechnung tragen.

In der 1991 erstellten Verfassung der Republik Slowenien steht in Artikel 72 Absatz 3, dass der Tierschutz durch Gesetze geregelt werden muss. Anfänglich war das das Umweltschutzgesetz von 1993, bis dann 1999 ein eigenes Tierschutzgesetz erlassen wurde.

Die Slowakei hat in ihrer Verfassung von 1992 einen reduzierten Tierschutz in Artikel 44 Ziffer 4 aufgenommen. Darin steht, dass der Staat gewisse, vom Gesetz zu bestimmende Wildtiere zu schützen hat.

Im Juni 2002 nimmt das Land Salzburg Tierschutz als Zielsetzung staatlichen Handelns in die Landesverfassung auf. Artikel 9 fordert dabei, die Achtung und der Schutz der Tiere als Mitgeschöpfe des Menschen aus seiner Verantwortung gegenüber den Lebewesen müsse berücksichtigt werden. Die bis dahin mit Abstand beste Verfassungsbestimmung.

Im Juli 2002 folgt die Tierschutzbestimmung als Staatsziel im deutschen Grundgesetz, das unserer Verfassung entspricht. Artikel 20a schreibt dem Staat vor, die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und […] durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung zu schützen.

Vorgeschichte der VGT-Kampagne

Im März 1996 unterschrieben 459.096 Menschen das Tierschutzvolksbegehren. Die erste der drei Forderungen dieses Volksbegehrens war die Schaffung eines Bundestierschutzgesetzes und einer Verfassungsbestimmung für Tierschutz, die die Achtung vor der mitgeschöpflichen Würde der Tiere garantieren solle. Auch das Recht des Tieres auf einen seiner Art entsprechenden Lebensvollzug solle verfassungsrechtlich garantiert werden. Das Volksbegehren hatte allerdings keine politischen Konsequenzen.

Bei der VGT-Kampagne für ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz wird auch eine Staatszielbestimmung Tierschutz mitgefordert. Nach einigen Jahren Kampagnenarbeit stimmte der Nationalrat am 27. Mai 2004 einstimmig für folgende Entschließung: Die Bundesregierung wird ersucht, im Rahmen des Österreich-Konvents dafür Sorge zu tragen, dass der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf als Staatszielbestimmung Eingang in den neuen Verfassungsentwurf findet.

Wer gedacht hat, dass damit das Ziel erreicht wurde, irrte. Der Verfassungskonvent nahm Tierschutz nicht als Staatsziel auf, die Mitarbeiter:innen des Konvents hielten das nicht für notwendig.

Zur Nationalratswahl im Oktober 2006 wurden alle Parteien vom VGT gefragt, wie zu zum Versprechen stehen, Tierschutz in die Verfassung aufzunehmen. Alle sprachen sich dafür aus. Doch weiterhin geschah nichts.

Im Vertrag über die Arbeitsweise der EU wurde im Dezember 2007 der Union und den Mitgliedsstaaten aufgetragen, den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen im vollen Umfang Rechnung zu tragen.

Da reichte es dem VGT und er nahm sich das Staatsziel Tierschutz als Fokus seiner nächsten bundesweiten Kampagne vor. Alle Materialien waren produziert, zig tausende Flugblätter vervielfältigt, die Transparente gedruckt, als am 21. Mai 2008 der öffentliche Kampagnenstart erfolgen sollte. Aber genau an diesem Tag um 6 Uhr früh überfiel die SOKO Tierschutz den VGT, setzte einige seiner Funktionär:innen in U-Haft und räumte das Vereinsbüro bei einer Hausdurchsuchung leer. Die Kampagne musste wieder verschoben werden.

Im September 2008 kam es erneut zu einer Nationalratswahl. Die U-Haft der Tierschützer:innen war gerade beendet worden. Wiederum fragte der VGT bei den Parteien nach, ob sie noch immer zur Aufnahme von Tierschutz als Staatsziel in die Verfassung stehen. Und wieder sagten alle Parteien bedingungslos zu.

Aktivitäten

Im Mai 2011 endete der Tierschutzprozess, Ende Dezember 2011 war schließlich auch das Verbot der Kastenstandhaltung von Mutterschweinen unter Dach und Fach. Nun stand die Reform zum Tierversuchsgesetz an. Da die Freiheit der Wissenschaft Verfassungsrang hat, schien dem VGT nur durch ein Staatsziel Tierschutz ein besseres Tierversuchsgesetz möglich. 3 Petitionen und eine Bürgerinitiative zu Tierschutz in die Verfassung zwangen schließlich die Regierung am 2. Februar 2012 die Gründung eines Unterausschusses zum Verfassungsausschuss zu beschließen, der ich des Tierschutzes annehmen sollte. Doch bald wurde klar, dass das nur eine Alibiaktion war und gar nicht an eine Umsetzung gedacht wurde.

Am 11. Juli 2012 wurde die VGT-Kampagne für Tierschutz als Staatsziel offiziell eröffnet. Nur die ÖVP weigerte sich, den von ihr mitgetragenen Beschluss vom 27. Mai 2004 umzusetzen. Deshalb gab es viele Demos vor den ÖVP-Zentralen der Länder. Am 26. September 2012 besetzte der VGT die Pallas Athene, die Göttin der Weisheit, vor dem Parlament und hisste ein Transparent. Daraufhin wurde am 17. Oktober 2012 der Unterausschuss zum Tierschutz konstituiert und es wurden seine Mitglieder festgelegt. Aber es gab keinen Sitzungstermin. Am 6. März 2013 blockierten 40 Personen den Eingang zur ÖVP-Bundeszentrale in Wien und am 2. April 2013 erhoben 60 Tierschutzorganisationen öffentlich unter Federführung des VGT die Forderung nach Tierschutz als Staatsziel. Das VGT-Transparent für Tierschutz im Verfassungsrand tourte durch Österreich: am 10. April 2013 auf der Basilika in Rankweil, am 29. April 2013 am Goldenen Dachl in Innsbruck, am 3. Mai 2013 am Salzburger Festspielhaus, am 6. Mai 2013 am Hochbuchberg in Linz, am 8. Mai 2013 in der Wiener Hofburg und am 22. Mai 2013 am Andreas Hofer Denkmal am Bergisel. Gleichzeitig protestierte der VGT bei jedem öffentlichen Auftritt des damaligen ÖVP-Vizekanzlers Spindelegger und bundesweit bei allen ÖVP-Treffen. Allein von März bis Juni 2013 wurden über 40 Presseaussendungen vom VGT dazu ausgeschickt. Am 3. und 4. Juni 2013 fand schließlich an der Vet Uni Wien sogar ein hochkarätiges Symposium mit internationaler Beteiligung zu Tierschutz im Verfassungsrang statt.

Tierschutz im Verfassungsrang

Am 24. Mai 2013 tagte endlich der 16 Monate vorher beschlossene Unterausschuss und beschloss die Staatszielbestimmung Tierschutz in die Verfassung aufzunehmen. Am 4. Juni 2013 wurde die Verfassungsbestimmung im Parlament beschlossen und am 12. Juli 2013 trat sie in Kraft.

Im Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung steht in § 2:

Die Republik Österreich (Bund, Länder, Gemeinden) bekennt sich zum Tierschutz.

In den Erläuterungen zum Gesetz steht wörtlich:

Damit wird der Entschließung vom Juni 2004 entsprochen und Tierschutz als Staatsziel in der Verfassung verankert, um dem Gebot eines sittlich verantworteten Umgangs des Menschen mit dem Tier als fühlendes Wesen Rechnung zu tragen. Weitergehende Bestimmungen sind nicht nötig, da in § 1 Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004, bereits als Ziel verankert ist, das Leben und das Wohlbefinden der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf zu schützen. Darüber hinaus verweist § 285a ABGB darauf, dass Tiere keine Sachen sind und durch besondere Gesetze geschützt werden.

Interpretation

Mit dieser Formulierung wurde das Minimalziel erreicht, dass Tierschutz an sich als Staatsziel gilt. Bei der Staatszielbestimmung zu Umweltschutz in § 3 bekennt sich aber die Republik zum umfassenden Umweltschutz und erklärt in (2) gleich, was das bedeutet. Es ginge also besser.

Gleichzeitig mit der Staatszielbestimmung Tierschutz hat die Regierung aber auch zwei weitere Staatszielbestimmungen im selben Gesetz erlassen, die das Staatsziel Tierschutz relativieren sollen:

In § 5 wird die Republik Österreich zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit hochqualitativen Lebensmitteln tierischen […] Ursprungs verpflichtet.

Und in § 6 bekennt sich die Republik Österreich zur Bedeutung der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung, mit Blick auf Tierversuche.

Erste wesentliche Bedeutung erlangte die Staatszielbestimmung Tierschutz bei einer Normenfeststellungsklage seitens der Burgenländischen Landesregierung gegen drei Bestimmungen der Verordnung zur Schweinehaltung, nämlich die Erlaubnis die Schweine auf Vollspaltenboden zu halten, die Erlaubnis die Schweine ohne Stroh zu halten und der geringe Platz, der ihnen geboten werden muss. Die Klage bezieht sich dabei wesentlich auf die Staatszielbestimmung Tierschutz, die diesen 3 Punkten widersprechen soll, weshalb sie verfassungswidrig seien.

Eine weitere Funktion der Staatszielbestimmung Tierschutz ist laut übereinstimmender Fachmeinung, dass sie eine Verschlechterung der gesetzlichen Tierschutzbestimmungen ausschließen würde.

Grundsätzlich könnte die Staatszielbestimmung Tierschutz auf vielen verschiedenen Ebenen eine Rolle zu spielen beginnen, von der öffentlichen Förderung von Tierschutzprojekten angefangen, über die Einschränkung verfassungsgeschützter menschlicher Freiheiten durch Tierschutz (Kunst, Wissenschaft, Religionsausübung, Gewerbeausübung), bis zur Meinungs- und Versammlungsfreiheit für Tierschutzanliegen bei der Abwägung gegen wirtschaftliche Interessen.

Deine Privatsphäre ist uns wichtig!

Wir verwenden Cookies und verwandte Technologien, um unsere Website weiter zu entwickeln, um unsere Bewerbung dieser Website zu optimieren, die Ergebnisse zu messen und zu verstehen, woher unsere Besucher:innen kommen.

Du kannst die Cookies hier auswählen oder ablehnen.

DatenschutzhinweisImpressum
Einstellungen Alle ablehnen Alle erlauben

Cookie Einstellungen

Notwendige Cookies

Die notwendigen Cookies sind zur Funktion der Website unverzichtbar und können daher nicht deaktiviert werden.

Tracking und Performance

Mit diesen Cookies können wir analysieren, wie Besucher:innen unsere Website nutzen.

Wir können beispielsweise nachverfolgen, wie lange du auf der Website bleibst oder welche Seiten du besuchst. Das hilft uns unser Angebot zu optimieren.

Du bleibst aber anonym, denn die Daten werden nur statistisch ausgewertet.

Targeting und Werbung

Diese Targeting Technologien nutzen wir, um den Erfolg unserer Werbemaßnahmen zu messen und um Zielgruppen für diese zu definieren.

Konkret kann das Unternehmen Meta Informationen, die auf unserer Website gesammelt werden, mit anderen Informationen die dem Unternehmen bereits zur Verfügung stehen, kombinieren. Auf diese Weise können wir Menschen in den sozialen Medien Facebook und Instagram möglichst gezielt ansprechen.

Speichern Alle erlauben