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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (23.12.2003)

Wien, am 23.12.2003

Stellungnahme des VGT zum Entwurf des Bundestierschutzgesetz

Der vorliegende Entwurf für ein Bundestierschutzgesetz ist ein Rahmengesetz, dessen wesentliche Qualität aber noch von den konkreten Verordnungen abhängt. Eine klare Vorgabe im Gesetz für die Verordnungen ist daher dringend erforderlich.

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    1. Grundsätzliche Vorbemerkungen
    2. Kritik im Besonderen
      1. Tierschutz als Staatsziel in der Bundesverfassung
      2. Förderung des Tierschutzes
      3. Jagd und Fischerei explizit ausgenommen
      4. Verbot der Käfighaltung für Legehennen
      5. Hilfeleistungspflicht
      6. zu geringe Maximalstrafen
      7. Verbot der Tierhaltung nicht rigoros
      8. Tieranwaltschaft statt Tierschutzrat
      9. Verbandsklagerecht
      10. Tierschutzinspektorat statt Tierschutzbeauftragte
      11. Jährlicher Tierschutzbericht
      12. Übergangsbestimmungen
    3. Zusammenfassung

Grundsätzliche Vorbemerkungen

Das Bundestierschutzgesetz nach dem vorliegenden Entwurf stellt ein Rahmengesetz dar, dessen konkrete Forderungen in den meisten Bereichen durch Verordnungen festgelegt werden müssen. Erst nach Vorliegen dieser Verordnungen können die Standards für die Tierhaltung beurteilt werden.

Die grundsätzliche Struktur des Gesetzes ist zu begrüßen. Es ist aber erforderlich, dass die angegebenen Verbote auch für Nutztiere gelten und den Verordnungen nicht der Freiraum gelassen wird, z.B. die Käfighaltung von Legehühnern und die Enthornung von Rindern, oder Qualzuchten wie die gängigen Masthuhnrassen, aber auch den Singvogelfang weiter zu erlauben. Es sollen daher im Normentext definitive, klare Verbote für die Nutztierhaltung ausformuliert werden, die die Verordnungen in einer Weise einschränken, dass das Gesetz eine erkennbare Tierschutzqualität aufweist. Solche klaren Verbote gibt es ja im Entwurf bereits zur Pelztierhaltung und zur Wildtierhaltung im Zirkus, oder zur dauernden Anbindehaltung. Diese klaren Verbote sind als positiv zu bewerten. Darüber hinaus müssen weitere Verbote sicherstellen, dass es in keinem Bundesland eine Nivellierung der bestehenden Landestierschutzgesetze nach unten gibt.

Als fragwürdig ist §5 Abs. (3) Zi. 4 zu sehen, der Diensthunde der Sicherheitsexekutive und des Bundesheeres explizit von der Tierquälerei ausnimmt. Es ist nicht verständlich, warum es gewissen Behörden erlaubt sein soll, Diensthunde in tierquälerischer Weise zu dressieren.

Im §24 wird gefordert, dass die Verordnungen nach anerkanntem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, allerdings mit Berücksichtigung der ökonomischen Auswirkungen, verfasst werden sollen. Ökonomische Überlegungen dürfen aber langfristig kein Grund sein, eine tierquälerische Haltungsform zu gestatten. Entsprechend können die ökonomischen Auswirkungen einer Tierschutzmassnahme diese keinesfalls grundsätzlich verhindern, sondern nur die Übergangs- und Anpassungsphase verlängern bzw. behördliche Hilfsmassnahmen für die Anpassung zur Folge haben.

Die Verantwortlichkeit sowohl für die Verordnungen §24 als auch für den Vollzug des Gesetzes §48 sollte beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen und nicht beim Landwirtschaftsministerium liegen. Durch den Zusatz, dass die Verordnungen „im Einvernehmen mit dem Landwirtschaftsministerium“ zu erstellen sind, besteht die Gefahr, dass das Landwirtschaftsministerium de facto ein Vetorecht erhält. Hier sollte klargestellt werden, dass das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen das letzte Wort zu den Verordnungen hat.

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Kritik im Besonderen

1) Tierschutz als Staatsziel in der Bundesverfassung

Bereits das Tierschutzvolksbegehren 1996 hat die Erhebung von Tierschutz zum Staatsziel in der Bundesverfassung gefordert. Tierschutz hat mit Sicherheit in der Gesellschaft heute bereits einen Stellenwert, der diesen Schritt rechtfertigen würde. Einige andere Länder in der EU haben diesen Schritt bereits vollzogen bzw. diskutieren ihn ernsthaft.

Die verfassungsrechtliche Anerkennung von Tierschutz als einem positiven Ziel der Gesellschaft wäre erst die Basis für die notwendige Tierschutzarbeit im öffentlichen Interesse. Bisher gelten Tiere als Sachen, obwohl der §285a ABGB konkret das Gegenteil feststellt. Daran ist der Wunsch der Gesellschaft zu erkennen, diesen Zustand zu ändern, allerdings stehen dem Probleme entgegen, wie verschiedene juridische Kommentare zeigen (Bydlinski RdW 1988/5, Gimpel-Hinteregger österr. Juristenzeitung 44. Jg H3 oder Lippold österr. Juristenzeitung 44. Jg, H11), die u.a. mit dem grundsätzlichen juridischen Stellenwert der Tiere in unserer Gesellschaft zusammenhängen. Eine Verfassungsänderung würde die Möglichkeit eröffnen, eine solche Änderung anzugehen.

Tierschutz als Verfassungsgut würde aber auch den Gerichten die Möglichkeit eröffnen, eine objektive Abwägung zwischen menschlichen Freiheiten und tierlichen Interessen durchzuführen. Erst so könnte im Konfliktfall gerecht zwischen Freiheit der Kunst, oder Freiheit der Wissenschaft oder Religionsfreiheit und dem Tierschutz entschieden werden. In Deutschland hatte das seit August 2002 in der Verfassung verankerte Staatsziel „Tierschutz“ bereits im Jänner 2003 ein Urteil zur Folge, nach dem eine Tierversuchsreihe an Ratten, zur Bestimmung der Gewichtszunahme bei Menschen nach Einnahme von Medikamenten, mit expliziter Referenz zur Verfassungsbestimmung zurückgewiesen wurde, weil die Versuche nicht ausreichend begründet worden waren.

Der vorliegende Entwurf lässt sich aber in Hinsicht auf die Erhebung von Tierschutz in den Verfassungsrang rasch adaptieren: §1 könnte, inhaltlich ident, als Verfassungsbestimmung übernommen werden. Allerdings wäre es wünschenswert den §1 in diesem Fall durch den folgenden Satz zu ergänzen: „Zur Verwirklichung dieses Zieles steht eingetragenen Tierschutzvereinen das Recht zu, Verordnungen auf ihre Gesetzmäßigkeit durch den Verfassungsgerichtshof prüfen zu lassen.“

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2) Förderung des Tierschutzes

Ebenso im Tierschutzvolksbegehren 1996 war die Forderung enthalten, dass die Tierschutzarbeit, die ja im öffentlichen Interesse geschieht und im Moment ausschließlich durch Spenden finanziert wird, sowohl ideell als auch finanziell von der öffentlichen Hand gefördert werden soll. §2 bildet dafür einen guten Ansatz, allerdings sollte die finanzielle Förderung dort auch explizit erwähnt werden, und ein Budget bereitgestellt, bzw. eine Behörde mit der Vergabe dieser Gelder beauftragt werden.

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3) Jagd und Fischerei explizit ausgenommen

Die explizite Ausnahme von der Jagd und der Fischerei aus dem Tierschutzgesetz ist nicht nachzuvollziehen. Dadurch bleiben bejagte Wildtiere weiterhin Landessache und fallen nicht unter den Schutz dieses Gesetzes, sondern unter den zweifelhaften Schutz des Konzeptes „Waidgerechtigkeit“, das nirgendwo explizit definiert ist. Waidgerechtigkeit wird nicht nur von der Jägerschaft selbst vorgegeben, sondern hat zunächst auch nichts mit Tierschutz zu tun. Vielmehr handelt es sich dabei um vollkommen anachronistische Vorstellungen der Fairness und der Mannhaftigkeit bzw. Ritterlichkeit in der Konfrontation zwischen JägerInnen und Bejagten.

So dürfen Hasen nur beschossen werden, wenn sie laufen, und Vögel, nur wenn sie fliegen. Vom Standpunkt des Tierschutzes wäre es aber genau umgekehrt: ein sitzender Hase oder Vogel ist leichter zu treffen und damit sicherer rasch zu töten, als ein fliehender oder fliegender. Wenn es überhaupt noch eine Rechtfertigung der Jagd gibt, dann kann diese nur ökologisch sein. Unter ökologisch notwendigen Bedingungen ist natürlich die Tötung von Wildtieren so rasch und schonungsvoll wie möglich zu vollziehen. Entsprechend sollte die Waidgerechtigkeit in diesem Zusammenhang vollkommen bedeutungslos sein, und alle herkömmlichen Tierschutzgesetze entsprechend gelten.

In logischer Konsequenz muss es auch verboten werden, Tiere ausschließlich zum Jagdvergnügen auszulassen oder sogar in Gefangenschaft – im Wildgatter – zu bejagen. Diese Bestimmungen gehören in das Bundestierschutzgesetz eingefügt. Erst im Rahmen dieser Vorgaben darf eine Waidgerechtigkeit Platz greifen.

In diesem Zusammenhang besonders bedenklich ist, dass §3 (4) das Wildgatter und die Fasanerien ebenso explizit aus dem Tierschutzgesetz ausnimmt, obwohl auf die Haltung der Wildtiere zum Zweck der Jagd nicht einmal das Konzept der Waidgerechtigkeit Anwendung findet. Die Haltung von Wildtieren muss einem bundeseinheitlichen Prinzip folgen, das durch dieses Gesetz vorgegeben wird. Ob die Fasane im Zoo oder in der Fasanerie gehalten werden, darf für die Haltungsbedingungen doch keinen Unterschied machen, egal ob die Fasaneriehaltung nur dem Ziel dient, die Tiere letztendlich für eine Treibjagd auszusetzen.

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4) Verbot der Käfighaltung für Legehennen

Bisher sieht der Gesetzesentwurf weder ein Verbot noch eine Erlaubnis der Käfighaltung von Legehennen, sogenannte Legebatterien, unabhängig davon ob mit oder ohne ausgestalteten Käfigen, vor. In 5 von 9 österreichischen Bundesländern sind Legebatterien verboten. In Deutschland und der Schweiz sind Legebatterien auch bereits verboten. Die Bevölkerung steht klar hinter einem Legebatterieverbot. Auch die wissenschaftlichen ExpertInnen auf dem Gebiet sprechen sich einhellig gegen die Käfighaltung aus. Mit entsprechenden Übergangsfristen muss daher bereits im Tierschutzgesetz, neben dem Verbot der dauernden Anbindehaltung, ein Verbot der Käfighaltung für Legehennen vorgegeben werden.

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5) Hilfeleistungspflicht

Es ist positiv zu bewerten, dass eine Hilfeleistungspflicht für Tiere, die verletzt wurden oder in Gefahr gebracht worden sind, in §9 vorgesehen ist. Allerdings sollte diese Hilfeleistungspflicht nicht nur für jene Menschen gelten, die die Tiere verletzt oder in Gefahr gebracht haben, sondern für alle Menschen, die ein Tier in Not sehen. Da die Voraussetzung der Zumutbarkeit der Hilfe die Hilfeleistungspflicht im §9 sowieso einschränkt, könnte hier sicherlich eine allgemeine Hilfeleistungspflicht für alle Tiere in Not, egal durch wen verursacht, vorgesehen werden.

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6) zu geringe Maximalstrafen

Im Entwurf wird in §38eine Maximalstrafe von Euro 7.500 bzw. bei Wiederholung von Euro 15.000 für Tierquälerei und tierschutzwidrige Tötung vorgesehen, in allen anderen Fällen von Euro 3.750 bzw. Euro 7.500 im Wiederholungsfall. Im Vergleich dazu werden Übertretungen des Datenschutzgesetzes oder sexuelle Belästigung jeweils mit Maximalstrafen jenseits der 100.000 Euro geahndet. Die Höhe dieses Strafausmaßes im Tierschutzgesetz ist also viel zu gering, wenn man bedenkt wie sehr besonders grausame Tierquälerei Entsetzen und Ablehnung in der Bevölkerung auslösen. Das Strafausmaß sagt ja sehr viel darüber aus, wie ernst die Gesellschaft das entsprechende Gesetz als solches nimmt. Bei dem im Entwurf vorgesehenen Strafausmaß könnten TäterInnen zu der Auffassung gelangen, dass es sich bei Tierquälerei um ein Kavaliersdelikt handelt. Dieser Ansicht sollte vehement entgegen getreten werden.

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7) Verbot der Tierhaltung nicht rigoros

Im §39 werden mögliche Tierhaltungsverbote vorgesehen. Ein Tierhaltungsverbot ist erfahrungsgemäß wesentlich wirkungsvoller als Abschreckung, um die Einhaltung des Tierschutzgesetzes zu gewährleisten, als jegliche Geldstrafe. Oft sind diejenigen, die Gesetzesübertretungen begehen, sehr leicht in der Lage die Geldstrafen zu begleichen, ja sie nehmen sie als mögliches Risiko vorsätzlich in Kauf. Ein Tierhaltungsverbot, das sofort bei einer schwerwiegenden Tierquälerei oder sonstigen Übertretung des Tierschutzgesetzes ausgesprochen werden könnte, würde diese Situation dramatisch verändern.

Im §39 ist aber leider vorgesehen, dass die Behörde nur dann ein Tierhaltungsverbot aussprechen könnte, wenn die Person bereits mehr als einmal rechtskräftig wegen Verstoßes gegen §5-8 des Tierschutzgesetzes bestraft ist. Hier sollte zumindest die Möglichkeit bestehen, bei sehr schwerwiegenden Übertretungen beliebiger Paragraphen des Tierschutzgesetzes bereits beim ersten Mal ein Tierhaltungsverbot auszusprechen.

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8) Tieranwaltschaft statt Tierschutzrat

In der täglichen Tierschutzarbeit begegnet uns kontinuierlich das Problem des Vollzugsdefizits. Wenn der Verein Gegen Tierfabriken Hinweisen aus der Bevölkerung nachgeht, und dabei findet, dass es Gesetzesübertretungen gibt, dann informiert er darüber die Behörden. Seit 1992 hat der Verein Gegen Tierfabriken eine Liste von etwa 300 derartigen Anzeigen. Strafrechtliche Anzeigen werden ausnahmslos immer niedergelegt. Über die Anzeigen nach dem Verwaltungsstrafrecht bekommen wir keine behördliche Rückmeldung. Aber in unzähligen Fällen haben die Kontrollen des Verein Gegen Tierfabriken später ergeben, dass absolut nichts geschehen ist und die Zustände unverändert weiterexistieren. Die Amtstierärzte und Amtstierärztinnen verstecken sich bei Anfrage hinter der Schweigepflicht. Es entsteht der Eindruck, dass die Behörden weder selbst kontrollieren, noch Beschwerden ernst nehmen, oder zumindest Übertretungen in einer Weise ahnden, die keine dauernde Änderung hervorruft.

Es gibt eine Reihe von Beispielen, die objektiv belegen, dass eindeutige Gesetzesübertretungen bei behördlichen Kontrollen toleriert und ignoriert wurden. So konnte in einer fast flächendecken Untersuchung der Zustände in Legebatterien in Österreich im Sommer 2003 nachgewiesen werden, dass praktisch alle Betriebe mehr Hühner pro Käfig eingestallt haben, als das Gesetz erlaubt, sowie weitere Gesetzesübertretungen. Dass die Käfige überbelegt sind, wäre leicht bei einer Kontrolle festzustellen. Gäbe es behördliche Kontrollen, dann hätten diese Zustände längst bekannt sein müssen.

Konkret wurde z.B. in einem Prozess am 30. Oktober 2003 am Bezirksgericht Liesing, Wien 23, von den Legebatteriebetreibern Florian Zichtl und Franz Schrall zugegeben, dass sie im Juni 2002 vorsätzlich über 20% mehr Hühner eingestallt hatten, als das Gesetz erlaubt. Sie hätten, wörtlich, „mit der Toleranz der Behörden gerechnet“. Franz Schrall dazu: „Die Überbelegung von Käfigen bei der Anlieferung ist branchenüblich, die Behörde weiß davon und duldet es“. Bei diesem Prozess unterlagen beide Zeugen, Zichtl und Schrall, der Wahrheitspflicht.

Im Februar 2003 gab es eine behördliche Kontrolle, die nichts auszusetzen fand. Im März wurde der Betrieb vom Verein Gegen Tierfabriken angezeigt, und diese Anzeige mit Video- und Fotomaterial belegt. Kurz darauf gab es noch eine behördliche Kontrolle, die eine Strafe von 200 Euro aussprach und darauf bestand, dass 20% der Hühner entfernt werden mussten.

Es kann nicht die Aufgabe von Tierschutzvereinen sein, die Kontrollfunktion der Behörden zu übernehmen, zumal der Zutritt in solche Stallungen nicht rechtlich gedeckt ist. Im oben zitierten Fall Zichtl/Schrall gibt es sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Klagen gegen den Verein Gegen Tierfabriken. Die entsprechenden Strafen bzw. Gerichtskosten sind viel höher zu erwarten, als die 200 Euro Strafe für die nachweislich illegal geführte Legebatterie.

Die einzige nachhaltige Lösung dieser Problematik ist die Gründung einer neuen Institution, der Tieranwaltschaft, die die Kontrollen bundesweit koordiniert, von den Behörden alle Informationen zur Verfügung gestellt bekommt, für die Sache der Tiere Parteienstellung erhält und z.B. Gutachten erstellen lassen kann, und generell die Interessen der Tiere vertritt. Die Tieranwaltschaft würde also nicht selbst kontrollieren, sondern nur die Kontrolle im Sinne der Tiere koordinieren und sicherstellen, dass sie stattfinden und dass die Behörden auch entsprechende Schritte setzen, um Missstände zu beseitigen. Die Tieranwälte bzw. Tieranwältinnen brauchen also keine Tierärzte bzw. Tierärztinnen zu sein, sondern müssen die Bereitschaft und die Möglichkeit haben, im Sinne der Tiere aktiv zu werden, und gegebenenfalls ExpertInnen beizuziehen. Die Tieranwaltschaft sollte auch eine anerkannte Interessensvertretung der Tiere als Berater der Gesetzgeber sein, um dort ihre Expertise und Erfahrung einbringen zu können.

Der im §42 des Entwurfs vorgeschlagene Tierschutzrat kann diese Funktion der Tieranwaltschaft nicht übernehmen. Erstens besteht der Tierschutzrat aus 19 Personen, von denen nur eine aus dem Bereich des Tierschutzes kommt. Zweitens sind die Aufgaben des Tierschutzrates nur zu beraten, zu evaluieren und Stellungnahmen abzugeben, Richtlinien zu erarbeiten und Fragen zu beantworten. Der Tierschutzrat kann also nicht selber aktiv werden, sondern nur Behörden dabei beraten und ein Vorgehen vorschlagen.

Zusätzlich sind die Mitglieder des Tierschutzrates ehrenamtlich tätig, und deswegen ist weder zu erwarten, dass er oft tagen wird, noch dass er besonders engagiert tätig werden wird. Die Erfahrung mit ähnlichen Institutionen, wie z.B. der sogenannten §13 Kommission des Tierversuchsgesetz 1989, sind sehr negativ. Diese Kommission tagt maximal 2 Mal im Jahr hinter verschlossenen Türen, ohne dass irgendeine Konsequenz oder ein Output zu merken wäre.

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9) Verbandsklagerecht

Ein Verbandsklagerecht ist nach diesem Entwurf zum Bundestierschutzgesetz nicht vorgesehen, wie es sich in der Praxis z.B. im Konsumentenschutz nach dem Muster der §§28 und 29 des Konsumentenschutzgesetzes bewährt hat.

Ein Grundproblem im Tierschutzbereich ist, dass niemand in Verfahren wegen Tierquälerei oder anderen Übertretungen des Tierschutzgesetzes Parteienstellung im Namen der betroffenen Tiere bekommt, weil deren Interessen vor dem Gesetz gar nicht existieren. Ein Verbandsklagerecht könnte da Abhilfe schaffen. Anerkannten Tierschutzverbänden würde damit auch das Recht eingeräumt werden, Klagen zu erheben, auch wenn die Behörden bzw. die Staatsanwaltschaft keinen ausreichenden Grund zu Anklagen sieht. In der täglichen Tierschutzpraxis hat sich herausgestellt, dass nur zu oft Behörden bei Übertretungen des Tierschutzgesetzes wegschauen.

Auch sollte mit einer Verbandsklage ein Prüfungsantragsrecht von Verordnungen gemäß dem Bundesverfassungsgesetz auf ihre Gesetzmäßigkeit durch den Verfassungsgerichtshof inkludiert sein.

Auf diese Weise könnte der Vollzug des Tierschutzgesetzes sichergestellt werden.

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10) Tierschutzinspektorat statt Tierschutzbeauftragte

Nach §41 des Entwurfs sollen Tierschutzbeauftragte des Landes nominiert werden. Allerdings werden keine näheren Aufgabenbereiche oder Funktionen dieser Tierschutzbeauftragten angegeben. Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass die Länder AnsprechpartnerInnen für die Tierschutzvereine haben.

Das Beispiel Schweden zeigt, dass regionale Tierschutzbeauftragte, sogenannte TierschutzinspektorInnen, eine sehr effiziente flächendeckende Kontrolle ermöglichen können. Die schwedischen TierschutzinspektorInnen werden in einem 2-jährigen Kurs ausgebildet und übernehmen dann die Kontrolle aller dem Tierschutzgesetz unterliegenden Tierhaltungen in der Region, vielleicht einem Bezirk in Österreich entsprechend. Die behördlichen Befugnisse reichen soweit, dass die TierschutzinspektorInnen sowohl im Notfall und unter begründetem Verdacht mit Gewalt in Stallungen eindringen, als auch die behördliche Schließung von Stallungen veranlassen können. Die TierschutzinspektorInnen sind nicht selber TierärztInnen, können aber diese zur Beratung beiziehen. In Schweden wird von allen betroffenen Seiten die Erfahrung mit dem Tierschutzinspektorat als sehr positiv bewertet.

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11) Jährlicher Tierschutzbericht

In dem vorliegenden Entwurf zum Bundestierschutzgesetz ist kein jährlicher oder wenigstens regelmäßig erscheinender Tierschutzbericht vorgesehen, wie das z.B. in Deutschland der Fall ist. Der letzte bundesweite Bericht zu Haltungsformen bei Nutztieren in Österreich stammt aus dem Jahr 1995. Die Statistik Austria publiziert die Anzahl der gehaltenen und der geschlachteten und der gejagten Tiere, sowie einige Handelsdaten und den Verbrauch tierlicher Nahrungsmittel. Für die politische Tierschutzarbeit ist das bei weitem nicht ausreichend.

Um sich selbst Daten und Fakten zu Haltungsformen und dergleichen zu besorgen, ist ein Tierschutzverein gezwungen, sich in die Grauzone legal/illegal zu begeben, und setzt sich damit nicht nur der Kritik sondern auch möglicherweise der Verfolgung durch staatliche Behörden aus. Dabei ist doch der Erhalt solcher Basisinformationen legitim und für seriöse politische Arbeit absolut notwendig.

Daher sollte das Tierschutzgesetz einen jährlichen Tierschutzbericht beschließen, den die verantwortliche Behörde, in diesem Fall das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, herausgibt. Darin sollten sowohl alle Daten und Fakten zu den Tierhaltungsformen in allen Bereichen erhoben werden, als auch die jährlichen Veränderungen und Tendenzen, sowie die Statistiken über Vollzug und Kontrolle des Gesetzes.

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12) Übergangsbestimmungen

Es ist verständlich, dass neue tierschutzrechtliche Anforderungen an die Tierhaltung, die durch etwaige, noch zu formulierende Verordnungen gefordert werden könnten, eine entsprechend lange Übergangs- und Anpassungsfrist erfordern. Wenn bauliche Veränderungen erforderlich sind, dann sollten die in angemessener Frist und, falls erforderlich, unter staatlicher Subvention von statten gehen. Neubauten müssen sich natürlich sofort an die neuen Bestimmungen halten.

Daher ist die im §44 Abs. (4) des Entwurfs angegebene Übergangs- bzw. In-Kraft-Trete-Bestimmung vollständig abzulehnen. Darin werden explizit die Auswirkungen des Gesetzes auf jene Fälle beschränkt, für die keine über kleinere Instandsetzungen hinausgehenden baulichen Maßnahmen erforderlich sind. Wenn dieser Paragraf in diesem Wortlaut im Gesetz bleibt, hätte das Gesetz, wie streng die Verordnungen auch immer sein könnten, praktisch keine Auswirkungen für die Tiere in Österreich, weil natürlich jede ernsthafte Änderung auch eine bauliche Maßnahme mit sich bringt. Diese baulichen Maßnahmen müssen aber im Sinne der Tiere durchgeführt werden, und sei es nach entsprechender Übergangszeit und mit staatlicher Hilfe.

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Zusammenfassung

Der vorliegende Entwurf für ein Bundestierschutzgesetz ist ein Rahmengesetz, dessen wesentliche Qualität aber noch von den konkreten Verordnungen abhängt. Eine klare Vorgabe im Gesetz für die Verordnungen ist daher dringend erforderlich. So sollten Legebatterien, d.h. die Käfighaltung für Legehennen, ob mit oder ohne ausgestalteten Käfigen, bereits im Gesetz grundsätzlich verboten werden. Ebenso muss sichergestellt sein, dass keine Tierschutzbestimmungen nach den Landesgesetzen durch das neue Tierschutzgesetz nach unten nivelliert werden.

Problematisch ist, dass Jagd und Fischerei grundsätzlich aus dem Gesetz ausgenommen sind. So bleibt eine zweifelhafte und von der Jägerschaft selbst definierte Waidgerechtigkeit, die nicht einmal durch Tierschutz motiviert ist, das Kriterium, wie jagdbare Tiere behandelt werden, selbst während der Zeit, in der sie extra und ausschließlich für die Jagd gezüchtet werden, wie in Wildgattern oder Fasanerien.

Sehr kritisch zu sehen ist auch der Aspekt, dass keine der Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens umgesetzt worden ist. Das ließe sich allerdings relativ einfach nach dem vorgelegten Entwurf bewerkstelligen. So könnte §1 inhaltlich zu einer Verfassungsbestimmung werden, wodurch Tierschutz Verfassungsrang bekäme. §2 könnte konkret mit einem Budget versehen zu einer echten materiellen und nicht nur ideellen Förderung von Tierschutz umfunktioniert werden. Zur Behebung des Vollzugsnotstandes im Tierschutz ist aber der Tierschutzrat in keiner Weise geeignet. Eine Tieranwaltschaft und ein Verbandsklagerecht des organisierten Tierschutzes, wie sie auch das Tierschutzvolksbegehren gefordert haben, sind daher eine unabdingbare Voraussetzung für einen effizienten Vollzug.

Zusätzlich sollte die Abfassung eines jährlichen Tierschutzberichts im Tierschutzgesetz vorgeschrieben werden. Nur so ist seriöse politische Tierschutzarbeit möglich.

Und Österreich könnte vom schwedischen Modell das Instrument eines Tierschutzinspektorats übernehmen, das die Kontrolle der Haltungseinrichtungen umfassend sicherstellen würde. In Schweden hat sich diese Einrichtung jedenfalls sehr bewährt.

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