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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (01.11.2001)

Interview mit Tom Regan

Auf das junge Gemüse kommt es an

Prof. Regan ist seit über 20 Jahren Professor für Philosophie an der Universität von North Carolina State. Er hat für seine zahlreichen Publikationen zu den Themen von Ethik, Moral und Religionsphilosophie diverse Auszeichnungen erhalten. Sein wichtigstes Werk zum Thema Tierrechte ist das 1983 erschienene Werk "The Case for Animal Rights", das nächstes Jahr auch auf deutsch erscheinen wird.

Matthias Boller (www.tierrechte.de) sprach mit Tom Regan über seine Einschätzung der gegenwärtigen und zukünftigen Situation der Tierrechtsbewegung in den USA.

 

Matthias Boller:

In Deutschland hat die Tierrechtsbewegung derzeit keinen leichten Stand. Sie sucht nach neuen Aktionsformen und Perspektiven. Wie sieht es in den USA mit der Umsetzung Konzepte der Tierrechte aus?

Tom Regan:

Das ist sehr unterschiedlich. Es kommt einerseits auf den Personenkreis an, der angesprochen wird, und andererseits auf die Art und Weise, wie die Idee der Tierrechte präsentiert wird. Kürschner oder Fleischverarbeiter verhalten sich natürlich feindselig, weil unsere Botschaft ihre Arbeitsgrundlagen in Frage stellt. Jeder unserer Erfolge ist für sie ein Verlust. Ihnen wäre es am liebsten, wenn es uns nicht gäbe und alles so bliebe, wie es ist.

Was die Öffentlichkeit im Allgemeinen betrifft, ist die Einstellung gegenüber den Tierrechten ebenfalls verschieden. Es ist einfach, mit dem Finger auf andere Leute zu zeigen und zu sagen: »Was du tust, ist falsch.« Es ist viel schwerer, mit dem Finger auf sich selbst zu zeigen und zu sagen: »Auch das, was ich tue, ist falsch.« Beispielsweise verzichten viele Leute auf Pelz und glauben, dass das Geschäft mit Pelztieren fürchterlich ist.

Aber dieselben Leute denken nicht über das den Verzehr von Fleisch, obwohl die Tiere, die für die menschliche Ernährung gezüchtet und geschlachtet werden, sicher genauso schlecht behandelt werden wie die Tiere, die für die Mode geopfert werden.

Insgesamt würde ich sagen: Die Menschen unterstützen die Tierrechte umso mehr, je weniger sie Konsequenzen für ihre eigenen, alltäglichen Entscheidungen fürchten müssen. Wenn sie durch ihre eigene Lebensführung mitverantwortlich für die Ausbeutung von Tieren sind, werden sie auch nicht für die Durchsetzung der Tierrechte sein.

Sieht die Situation bei jungen Leuten anders aus?

Lassen Sie es mich so sagen: Wenn ich keinen Unterschied bei den Reaktionen junger Leute sehen würde, wäre ich extrem pessimistisch, was die Zukunft betrifft. Aber ich sehe einen Unterschied, und er ist groß genug, um mich optimistisch zu stimmen.

Könnten Sie das genauer erklären?

Die jungen Leute, auf die ich mich beziehe, sind in einem Alter, in dem sie entscheiden wollen, wer sie sind, mit welchen Werten, mit welchen Lebensweisen und mit welchen Überzeugungen sie sich identifizieren wollen. Sie haben in ihrem Leben einen Punkt erreicht - und verschiedene Menschen erreichen diesen Punkt zu verschiedenen Zeiten, wir reden also nicht über ein bestimmtes Alter -, an dem sie erkennen, dass vieles von dem, was sie gelernt haben, nur aus der Perspektive ihrer Kultur betrachtet wurde und dass dieselben Dinge in anderen Kulturen völlig anders gesehen werden. Die für die Definition ihres Ichs entscheidende Frage lautet dann: »Was sollte ich aus meiner Kultur als meine eigene Sichtweise übernehmen, und was sollte ich ablehnen?« Genau zu diesem Zeitpunkt kann die Idee der Tierrechte einen dramatischen Einfluss haben. Schließlich ist unsere Kritik an der Behandlung von Tieren im Grunde nichts anderes als eine grundsätzliche Kritik an der Gesellschaft, in der so etwas passiert. Die Art, in der wir mit Tieren umgehen, ist ein Symptom einer grundlegenden, systemischen Krankheit unserer Kultur. Erinnern Sie sich daran, dass Gandhi sagte: »Man kann eine Kultur daran messen, wie sie die Tiere behandelt«. Wie so oft, hat Gandhi auch hier genau den Punkt getroffen.

Wie könnte eine Botschaft an diese jungen Leute lauten?

Die Botschaft ist: Wir haben bessere Werte zu bieten als Ronald McDonald, nämlich Werte des Mitgefühls und des Respekts. Hört uns an, ohne Vorurteile und mit einem offenen Geist. Dann trefft eure eigene Entscheidung.

Wird es den Tag geben, an dem alle Formen der Ausbeutung der Tiere abgeschafft sind?

Ja, ohne Zweifel. Allerdings nicht zu meinen Lebenszeiten - etwas anderes zu sagen, wäre nicht ehrlich. Aber es wird ohne Zweifel so kommen. Ich glaube fest daran, dass die Philosophie der Tierrechte die Wahrheit auf ihrer Seite hat, und ich glaube fest, dass diese Philosophie sich langfristig durchsetzen wird - wenn wir unsere Anstrengungen fortsetzen.

Wo sehen Sie kurzfristige Ziele? Ist es möglich, den Weg zur Abschaffung der Ausbeutung von Tieren Schritt für Schritt zu gehen?

Ich stelle mir die Ausbeutung der Tiere in einem Bild vor - als eine Mauer, die ihre Opfer niederdrückt. Unser Ziel ist es, die Wand einzureißen - und welchen besseren Ort für dieses Bild kann es geben als Berlin? Auch wenn es nicht in unserer Macht liegt, dieses Ziel heute zu erreichen, können wir mit dem Abriss der Mauer beginnen - Stein für Stein.

Was bedeutet das konkret?

Wir können bestimmte Formen der Ausbeutung zu beenden - und zwar vollständig. Zum Beispiel können wir dafür sorgen, dass es keine Tierversuche in der Sucht- oder in der Rüstungsforschung mehr gibt, dass Pelztierfarmen abgeschafft werden oder die Verwendung von Tieren in Zirkussen beendet wird. Wenn der Rauch sich verzogen hat, können wir sagen, dass wir etwas geschafft haben - auch wenn nicht alle Probleme gelöst wurden. Diese ersten Schritte zur Beendigung der Ausbeutung von Tieren können wir gehen - diese Steine der Mauer können auch während meines Lebens abgetragen werden.

Gibt es in den USA Aktivitäten in dieser Richtung?

Ich sehe die Möglichkeit für entsprechende Kampagnen. Es gibt heute ein großes Problem: Die Unfhigkeit der großen Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen, zusammen zu arbeiten. Jeder konkurriert gegen jeden, um Unterstützung und um die Aufmerksamkeit der Medien. Es ist keine Frage, dass alle diese Organisationen etwas Gutes tun. Aber wie steht es um die Perspektive, durch Kooperation noch größere Ziele zu erreichen? Das Potential dafür ist da, doch es bleibt weitgehend ungenutzt.

Welche Rolle spielen dabei die typisch amerikanische Aktionsform des »Grassroots Activism«?

Es gibt sie noch, aber sie hat nicht mehr dieselbe Kraft wie vor zehn oder fünfzehn Jahren. Ich mag mich irren, aber ich habe den Eindruck, dass heute das Pendel in die andere Richtung schwingt. Es gab in der Vergangenheit sehr viel mehr Energie, mehr Schwung, eine bessere Konzentration und konkretere Orientierung auf bestimmte Ziele hin. Aktivisten kamen und gingen wieder.

Man könnte sagen: Gestern waren sie noch motivierte Mitstreiter, heute ist davon nichts mehr zu spüren - als ob ihr Engagement nie existiert hätte. Das ist ein sehr reales Problem unter den Aktiven in Amerika - und es scheint, dass sich niemand ernsthaft damit auseinandersetzt oder Lösungsmöglichkeiten entwickelt.

Trifft das nur auf die Tierrechtsbewegung zu?

Nein, keinesfalls, und das ist wichtig. Wir sind heute alle zu sehr in der Gegenwart gefangen, um die Entwicklung überblicken und die Gründe dafür verstehen zu können. Zweifellos befindet sich die gesamte Bewegung für soziale Gerechtigkeit derzeit auf einem Tiefpunkt - sowohl das die Anzahl der Aktiven betrifft als auch ihre Energie. Deshalb sind die jungen Menschen so wichtig für die Kraft und Vitalität unserer Bewegung - und für jede soziale Bewegung wie die unsere.

Wir sollten also unser Augenmerk vor allem auf die jungen Leute richten?

Genau. Wenn die Idee der Tierrechte eine Zukunft hat, liegt sie in ihrer Hand. So einfach ist das. Und auch so kompliziert.

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