Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (07.05.2015)
Wien, 07.05.2015
Vom Tierschutz vergessen
In Österreich werden jedes Jahr rund 1,5 Millionen Puten, also domestizierte Truthühner, geschlachtet. Die männlichen Tiere mästet man dabei bis zu einem Körpergewicht von mehr als 20 kg, die weiblichen bis zu 13 kg. Puten sind die vergessenen Tiere im Tierschutz, es gibt kaum Einschränkungen in der Haltung, nur bei den Besatzdichten gibt es eine Obergrenze. Doch diese wollte die Putenindustrie so dramatisch erhöhen, dass eine dringende Untersuchung dieser Tiernutzungsform zwingend wurde. Und dabei zeigt sich ein Skandal nach dem anderen. Nur noch bei Puten werden routinemäßig ohne Betäubung und Schmerzausschaltung die Schnäbel gekürzt, und nur Puten müssen routinemäßig tief in ihrem eigenen Kot stehen, über viele Monate hinweg!
Putenqualzucht
In Österreichs Putenhallen drängen sich die zu Monstern aufgeblasenen Tiere dicht an dicht. Ähnlich wie bei Masthühnern werden auch Puten auf großen Fleischansatz gezüchtet und werden dadurch unnatürlich schwer. Die weiblichen Tiere werden 4 Monate gemästet, die männlichen knappe fünfeinhalb Monate. In dieser Zeit ist ein Ausmisten unmöglich. Die Folge ist, dass die Tiere gegen Ende der Mastperiode auf 30 cm Kot stehen und liegen müssen. Dies führt zu Verätzungen der Füße und der Brust. Die Haltungsform der Puten ist so grausam, dass Antibiotika an der Tagesordnung sind und ca. 15% der Tiere vorzeitig sterben. Obwohl hier die Tiere bereits dicht gedrängt stehen, will die Putenindustrie noch 50 % mehr Tiere reinstopfen. Sie macht eine schlechte Wirtschaftslage dafür verantwortlich, dabei zeigen die Verkaufszahlen ein ganz anderes Bild. Auch Beobachtungen durch uns zugespieltes Videomaterial zeigen, was für ein großes Geschäft die Qual der Puten ist. Der Arbeitsaufwand für den Mäster ist extrem gering: Nachweislich geht dieser pro Tag ca. 2 Minuten durch die Halle, um tote Tiere einzusammeln. Davon abgesehen muss er nur dafür sorgen, dass der Silo aufgefüllt ist. Die Fütterung erfolgt vollautomatisch und ausgemistet wird – wie gesagt – nur am Ende der Mastperiode, bevor die neuen Küken eingestallt werden.
Schnabelkürzung routinemäßig
Bei Hühnern wurde bereits 2001 das Abzwicken der Schnäbel eingestellt. Bei Puten ist ein Kürzen der Schnabelspitze ein „normaler“ Vorgang. Der Schnabel wird bei Küken mit Laser abgebrannt, die Tiere bleiben ihr Leben lang verstümmelt und können mit diesem sonst so wichtigen Tastorgan nun keine feinen Gegenstände mehr aufnehmen. In dieser fürchterlichen, extrem tierquälerischen Haltungsform werden Puten sehr aggressiv und pecken sich praktisch dauernd gegenseitig, was die Begründung für das Schnabelkupieren ist. Dass durch gezielte Managementmaßnahmen dies auch anders gelöst werden kann, interessiert die Industrie nicht. Diese bemüht sich weiterhin um eine Besatzdichtenerhöhung, dabei sind dringende Verbesserungen notwendig.
Erschreckende Videoaufnahmen
Die meisten Menschen meinen, durch den Verzehr von Putenfleisch ihrer Gesundheit etwas Gutes zu tun. Pute gilt als fettarm, gesund, bekömmlich und wird oft als „Wellnessspeise“ serviert. Mit unserem aktuellen Dokumentarfilm blicken wir hinter die Fassade der Werbeindustrie und zeigen auf, wie es in Putenmastbetrieben wirklich zugeht.
Zu sehen sind gestresste Tiere auf engstem Raum, welche sich aufgrund der Qualzucht kaum noch bewegen können. Aufgrund der Enge kommt es ständig zu Kämpfen und sogar zu Kannibalismus. Sie leben auf ihren eigenen Exkrementen und verätzen sich dabei Füße und Brust. Durch das erhöhte Infektionsrisiko werden auch immer wieder Antibiotika eingesetzt.
Video (mit Altersbeschränkung von Youtube): https://youtu.be/651p83B5ofU
In den letzten Wochen und Monaten haben wir intensiv daran gearbeitet, dass sich die Lage der Puten nicht weiter verschlechtert. Denn seitens der SPÖ war eine Besatzdichtenerhöhung geplant. In die übervollen Masthallen hätten noch mehr Tiere hineingezwängt werden sollen.
Mit Demonstrationen, Aktionen, Infoständen und einer großen Petition konnte dies zum Glück abgewendet werden. Unsere Petition erreichte sagenhafte 41.620 Unterschriften und wurde Mitte Januar an die Tierschutzministerin Sabine Oberhauser übergeben. Diese Zahl zeigt deutlich, dass die österreichische Bevölkerung mit tierquälerischer Massentierhaltung nicht übereinstimmt.
Um die Situation der Puten in Zukunft zu verbessern fordert der VGT:
- Verbot der Schnabelkürzungen
- Beschränkung der Wachstumsgeschwindigkeit
- Strohballen in den Hallen
- Deutlich niedrigere Besatzdichten