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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (10.12.2014)

10.12.2014

Eindrücke - 4 Tage Verfolgungsfahrt eines Tiertransporters

Ein seltsames Gefühl, hier im Weinviertel mitten in der Nacht auf einen Tiertransporter zu warten. Es soll bald einer kommen. Die Uhr zeigt 22 Uhr an. Es ist Sonntag.

Tatsächlich, schon sind seine Lichter zu sehen. Hier werden nur einzelne Kälber von den Betrieben abgeholt, wir müssen uns also beeilen, wollen wir uns ihm an die Fersen heften. Und das ist nicht so leicht, im Weinviertel bei Nacht, wo kaum jemand nach 22 Uhr auf der Straße ist. Doch wir haben unsere Erfahrung, halten Abstand, schließen nur bei Kreuzungen auf.

Unser Plan ist, den männlichen Kälbern hier von diesen Milchbetrieben bis zu ihrem Endpunkt zu folgen. Wo das genau ist, davon haben wir zwar eine gewisse Vorstellung, doch unsere Aufgabe bleibt, den gesamten Transport genau zu dokumentieren. Uns erwarten 4 Tage Verfolgungsfahrt eines Tiertransporters, mit Pausen, die wir uns nicht aussuchen können. Die Kälber haben aber noch weniger die Wahl, sie sind die Ausschussware in diesem kapitalistischen System, das keinen Wert für Nutztiere kennt, die über den Verkaufswert des an ihrem Körper befindlichen Fleisches hinausgeht. Und der ist sehr gering, für junge Kälber unter 50 kg wird von den Transportunternehmen überhaupt nichts gezahlt.

Angst und Orientierungslosigkeit

Die Kälber schreien bereits am Lastwagen. Die Umgebung wird neu für sie sein, sie haben sicher Angst auf dieser Fahrt ins Ungewisse. Ihr Schreien wird uns die nächsten Tage begleiten, ständig. Bis in die wenigen Stunden Schlaf, die wir uns leisten können.

5 Stunden ohne Pause fährt der LKW kreuz und quer von Betrieb zu Betrieb, bevor er nach Salzburg Bergheim aufbricht. Irgendwie makaber, dass die Sammelstelle für die jungen Tiere dort direkt neben dem Schlachthof steht.

Unsere Kälber werden ausgeladen, und da beginnen das Geschrei und die Schläge der TreiberInnen, das wir in Zukunft auch ständig hören werden. Geht das wirklich nicht anders, freundlicher, einfach menschlicher? Das Klatschen dieser Gummischläuche ist bis zu uns herüber zu vernehmen, über 100 m weit. Wie müssen sich erst diese ganz jungen Kälber fühlen, von denen manche so klein sind, dass man sie in die Arme nehmen und wegtragen könnte? Und oft kommt mir der Gedanke, dass wir das tun sollten. Einfach so. Machen wir uns nicht mitschuldig, wenn wir nur zuschauen, beobachten und filmen?

Bloß nicht bemerkt werden

Ab Montag mittag beginnt die Beladung dieser riesig großen LKWs mit italienischen Kennzeichen. Im Jahr 2007 waren wir zuletzt hier, damals filmten wir von den Bäumen am Salzachufer aus. Doch wir wurden entdeckt, die Fahrer rannten herüber und schnitten einige Bäume mit ihren Motorsägen fast durch – eine lebensgefährliche Situation. Diesmal bleiben wir also viel besser versteckt. Wie, soll unser Geheimnis bleiben. Gesehen wurden wir jedenfalls nicht.

Schließlich setzen sich die beiden LKWs in Bewegung, rasch schließen wir mit dem Auto auf. Aus der Nähe können wir den Kälbern direkt ins Gesicht sehen. Diese großen sanften Augen, voller Entsetzen aufgerissen. Tierkinder, von der Mutter genommen, auf der Reise ins Unbekannte. Es schneidet uns ins Herz.

Bei unserer Verfolgung dieser Transporte 2007 hatten uns die Fahrer ja bereits in Bergheim gesehen. Sie versuchten uns dann auf der Autobahn zu rammen und riefen direkt nach der Grenze in Italien die Polizei, die uns aufhielt. Diesmal bleiben wir unerkannt in der Distanz. Wir haben dazugelernt. Doch bei jeder kurzen Rast sind wir dabei, filmen den Transporter. Schließlich landen wir in Bozen, es ist Mitternacht. Die Fahrer schlafen in den LKWs, wir müssen die Möglichkeit nutzen, mit Infrarotlicht ohne aufzufallen die Zustände zu dokumentieren.

Durchhalten!

Am Dienstag geht es dann ab 10 Uhr vormittags weiter – Ziel unbekannt. Unser LKW, mit 250 Kälbern beladen, fährt die Autobahn Richtung Spanien. Wir können nicht stehenbleiben, um auf die Toilette zu gehen. Beim Schlafen wechseln wir uns unter der Fahrt ab. Nach der Ankunft, wann immer das ist, müssen wir wieder fit sein.

Sage und schreibe 18 Stunden lang ist der LKW nun unterwegs, mit ganz kurzen, seltenen Toilettepausen. Eine Ewigkeit. Für uns, aber natürlich noch viel mehr für die kleinen Kälbchen in den Laderäumen. Oft sehen wir, wie sie ihre winzigen Nasen aus den Seitenschlitzen der Transporter schieben oder an den Metallstäben saugen. Wie kann man so kleine Wesen nur von ihren Müttern fortreißen?

Um 6 Uhr früh Ankunft bei der Ruhestation in Vic in Spanien. Wir sind erschöpft – die Kälber sicher noch viel mehr. Wir warten in unserem Auto in der Nähe des LKWs, eineR von uns muss immer wach bleiben. Die beiden Fahrer sind offenbar schlafen gegangen. Die Kälber stehen immer noch aufrecht, zum Liegen ist kein Platz. Wieviele wohl schon zusammengebrochen sind, da in der Mitte von diesem Laderaum? In Italien ist noch ein totes Kalb ausgeladen worden. Bei der Fahrt gestorben, „doa“, d.h. „dead on arrival“. Der Kollateralschaden dieses Kinderhandels.

Um 7 Uhr fährt der LKW plötzlich wieder an und zu einer Entladerampe vor. Wir sind in Position und filmen. Unerkannt. Ab 7:30 Uhr steht der LKW, nun völlig leer, wieder auf einem Parkplatz. Exakt 8 Stunden später wird er sich auf die Heimreise machen. Wir müssen unterdessen weiter Wache schieben. Wann werden unsere Kälber aus dem Weinviertel weitertransportiert?

Versteck-Spiele

Wir schaffen es, einen Blick in die Buchten der Station zu werfen. Ausnahmslos alle Wassertränkeautomaten funktionieren nicht. Unsere Kälber sind mit Tieren aus anderen Ländern auf die verschiedenen Buchten aufgeteilt. Ab jetzt gibt es keine reinen Transporte mit österreichischen Kälbern mehr, stattdessen sind auf verschiedenen LKWs mit spanischen Kennzeichen jeweils einige dieser Tiere dabei.

Wir folgen drei Transportern, finden die Betriebe, an denen die Tiere ausgeladen wurden, kommen nach Vic zurück und beobachten weiter. Da erscheint die Polizei. Man hat uns entdeckt und angezeigt. Es bestehe der Verdacht, wir würden einen Einbruch planen. Einer der Beamten ist sehr nett, der andere misstrauisch. Unsere Identität wird festgestellt und an die Zentrale durchgegeben. Es gibt keinen internationalen Haftbefehl gegen uns, also lässt man uns letztlich wieder frei.

In der Nacht dokumentieren wir die Zustände in den Betrieben mit österreichischen Kälbern, die wir ausfindig machen konnten. Viele der Tiere sind in Kälberboxen gelandet und sollen zu Kalbfleisch verarbeitet werden. Wir filmen mit größter Vorsicht. Da, plötzlich bellt ein Wachhund. Kurz darauf erscheint ein Mann im Dunkeln mit einer Taschenlampe. Rasch springen wir über den Zaun und tauchen im nahen Kukuruzfeld unter.

In der Früh sind wir zurück in Vic und halten erneut Wache. Um 9 Uhr werden die nächsten österreichischen Kälber auf einen spanischen Transporter verladen. Einige Stunden darauf kommt er in Andorra an, mit uns im Schlepptau. Die Tiere landen in einer Stiermast. Kaum ist der Lastwagen wieder abgefahren, sehen wir uns den Betrieb an. 4 Altersstufen mit österreichischen Stieren werden hier gemästet, oft knöcheltief im eigenen Kot. Da werden wir entdeckt, eine Frau läuft zu einem Schranken, um unser Fahrzeug einzusperren. Schnell rennen wir zurück, springen ins Auto und rasen unter dem Schranken durch, bevor sie ihn erreichen kann. Das war knapp! Sicherlich hat sie die Polizei gerufen, also verlassen wir auf Schleichwegen die Region.

Rückblick

4 Tage sind vorüber, die Aufgabe erledigt. Nur wenige Stunden Schlaf pro Tag und dazu der Dauerstress zwischen Verfolgungsfahrt, nächtlichem Filmen und der Flucht vor aufgebrachten TierhalterInnen. Doch die Opfer hier sind nicht wir, sondern die Kälber. Was diese armen Wesen durchmachen mussten, ist kaum vorstellbar. Und jetzt stehen sie in der spanischen Hitze in heruntergekommenen, unhygienischen Mastbetrieben in Spanien und warten auf den letzten Transport ihres Lebens – den in den Tod zum Schlachthof!

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