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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (10.12.2014)

10.12.2014

Kälbertransporte - Der Kälber-Transport und seine Hintergründe

Auch in Österreich gibt es seit gut 20 Jahren bei Rindern zwei verschieden spezialisierte Rassen unter dem sogenannten Fleckvieh: jene für maximale Milchproduktion und jene für maximalen Fleischansatz. Da nun die Milchkühe, um ihren Milchfluss aufrecht zu erhalten, jedes Jahr erneut geschwängert werden und ein Kind gebären müssen, sind insbesondere die männlichen Kälber aus der Milchindustrie überzählig. Vor einigen Jahren noch bekam man von der EU eine Prämie dafür, sie einfach zu entsorgen („Herodesprämie“), doch aufgrund der Proteste aus der Bevölkerung wurde diese wieder gestrichen.

Das Problem: Milchseen und Butterberge

In Österreich wird deutlich mehr Kuhmilch produziert, als von den KonsumentInnen gewünscht. In der EU gibt es deshalb eine Milchquote, die maximale Erzeugungsmengen vorgibt, um die Überproduktion einzudämmen. Wer mehr herstellt, muss Strafe zahlen. In Österreich ist das jedes Jahr der Fall, 2013 fielen deshalb Pönalen im Umfang von € 26 Millionen an. Auf Druck der Milchindustrie soll die EU-Quote aber Ende März 2015 fallen. Es wurde bereits angekündigt, dass man mit diesem Stichtag die Produktion in Österreich um weitere 15-20 % steigern will.

Dabei wird momentan schon zu 50% für den Export produziert, d.h. von 2 Litern Milch, die von österreichischen Kühen gemolken werden, geht einer ins Ausland. Spätestens mit dem Handelsembargo von Russland wurde dieser Umstand öffentlich, weil seither die Milchindustrie verzweifelt neue Absatzmärkte sucht. Die Statistik Austria gibt einen Selbstversorgungsgrad in der Milchproduktion von 167% an, d.h. die österreichische Milchindustrie produziert um 67% mehr Milch, als für den eigenen Markt notwendig. Im Jahr 2013 wurden in Österreich durchschnittlich 525.000 Milchkühe gehalten, deren Jahresmilchleistung bei durchschnittlich 6.500 kg je Tier lag.

Zu einem guten Teil für den Export ins Ausland also werden in Österreich jährlich über 200.000 männliche Kälber „produziert“, die niemand haben will. Anders in jenen südlichen Ländern, in denen es weniger regnet und viel heißer ist, sodass kaum grünes Gras gedeiht. Dort ist man bereit, die österreichischen Milchkälber aufzunehmen, allerdings praktisch ohne Bezahlung. Für Tiere unter 50 kg wird überhaupt kein Geld geboten, ansonsten gerade einmal € 50-60 pro „Stück“. 80.000 männliche Kälber aus der Milchindustrie kommen deshalb jedes Jahr von Österreich aus auf Tiertransporte, die sie in den Süden schaffen. Ihr Alter beträgt dabei zwischen 2 Wochen und 2 Monaten. Die Jüngeren vertragen noch kein Wasser und sind daher von Milch oder Milchaustauschern als Nahrung abhängig. Für sie gelten nach der EU-Regelung die kürzeren Transportzeiten von maximal 9 Stunden, dann 1 Stunde Pause, dann weitere 9 Stunden, auf die dann eine Entladung vom Transporter und eine Ruhepause von 24 Stunden folgen müsste, bevor der Zyklus von Neuem beginnen kann. Die älteren Kälber darf man im selben Rhythmus, allerdings jeweils 14 statt 9 Stunden transportieren. In der Praxis werden aber in beiden Fällen diese Transportzeiten überschritten.

Sonntag 22 Uhr: Beginn der Reise in Niederösterreich

Die meisten Milchkühe gibt es in Oberösterreich, dicht gefolgt von Niederösterreich. Der VGT hat im Sommer und Herbst 2014 deshalb die Reise von österreichischen Kälbern aus dem Weinviertel nördlich von Wien dokumentiert. Jede Woche um etwa 22 Uhr beginnt ein LKW die verschiedenen Milchbetriebe abzufahren und sammelt dort die ganze Nacht hindurch die männlichen Überschusskälber ein. Kreuz und quer geht die Reise, bis der Transporter schließlich gefüllt ist und über die Westautobahn am Montag gegen 8 Uhr in der Früh Salzburg Bergheim erreicht. Dort befindet sich am selben Gelände, wie dem Schlachthof, eine Sammelstelle. Zu den niederösterreichischen Kälbern kommen mit zahlreichen zusätzlichen Transportern noch weitere aus Oberösterreich und Salzburg dazu. Ab 12 Uhr werden sie auf zwei riesige italienische LKWs verladen, mit je 3 Stockwerken und einem Anhänger. Wenige Stunden später geht die Reise in den Süden weiter, zunächst über Rosenheim, Innsbruck und den Brenner bis nach Bozen, wo sie etwa um Mitternacht ankommen. Dort werden die Transporter geparkt, während die Fahrer schlafen. Die etwa 250 Kälber auf jedem der beiden LKW-Züge bleiben währenddessen auf den Ladeflächen zusammengedrängt stehen.

Ab nach Italien …

In der Verladestelle in Bozen stoßen nun Kälbertransporte aus der Steiermark und Westösterreich dazu. Die österreichischen Tiere werden zum Teil auf italienische Transporter verladen, die jeden Dienstag ab 10 Uhr weiter in den Süden aufbrechen. In der Poebene, zwischen Mailand, Bologna und Venedig, werden einzelne Mastbetriebe angesteuert, die jeweils einige der Kälber erhalten. Das Abladen dort findet Dienstag zwischen 16 und 18 Uhr statt.

Bei diesen Betrieben handelt es sich einerseits um Kälbermastanlagen. Dort werden die Tiere aus Österreich in Kälberboxen gesteckt und bis zum Alter von etwa 5 Monaten gefüttert. Dann geht es zum Schlachthof, um Kalbfleisch zu produzieren. Andere Betriebe wiederum stecken die Tiere in die Stiermast. Dazu leben sie dicht gedrängt mit anderen Leidensgenossen auf engem Raum entweder auf Vollspaltenböden oder knöcheltief im eigenen Kot. Von hier geht es im Alter von 18 Monaten zur Rindfleischproduktion in den Schlachthof.

… und Spanien

Jeden Dienstag zwischen 10 und 12 Uhr brechen ein bis zwei der großen LKW-Züge, die bereits von Salzburg nach Bozen gefahren waren, nun nach Spanien auf. Die Kälber sind seit Montag 14 Uhr auf diesen Transportern und seit Sonntag 22 Uhr unterwegs. Nun geht die Reise zum Mittelmeer und die gesamte Küste entlang bis nach Spanien. Auf der Verladestation in Vic nördlich von Barcelona kommen die LKWs am Mittwoch gegen 6 Uhr früh an. Nun wird gewartet, bis die Station um 7 Uhr aufsperrt, dann erst beginnt die Entladung. Die Kälber kommen jetzt erstmals nach mehr als 40 Stunden von den Transportern herunter.

In der Verladestation erwarten sie enge Buchten, deren Boden allerdings mit Stroh ausgelegt ist. Zwar gibt es in jeder Bucht eine Tränke, doch bei dem Besuch durch VGT-AktivistInnen funktionierte keine einzige davon. Dafür gab es Wasserkübel im angrenzenden Raum. Ob die jemals benutzt werden bleibt natürlich offen.

Bei der Ankunft werden die österreichischen Tiere voneinander getrennt und mit Kälbern aus Deutschland, Frankreich und Polen, aber auch aus Irland, England, Tschechien und den baltischen Staaten zusammengebracht. Vermutlich ordnet man sie entsprechend ihres Gewichts. Da ab diesem Zeitpunkt die Transporte vermischt sind, unterscheiden sich die Fahrtzeiten für die einzelnen Tiere. Es ist entsprechend nicht mehr möglich, die gesetzlichen Vorgaben zu kontrollieren. Aber bei der gesamten Recherche des VGT konnte sowieso keine einzige Kontrolle beobachtet werden.

Ab Mittwoch 9 Uhr beginnt die Verladung österreichischer Kälber erneut, diesmal auf spanische Transportfahrzeuge. Aufgrund der internationalen Durchmischung gehen die letzten Kälber aus Österreich von dieser Verladestation erst am Donnerstag zu Mittag auf die Reise. Die Zielbetriebe, die den Endpunkt der langen Fahrt aus Österreich darstellen, liegen mehrere 100 km entfernt, zwischen Andorra, Lleida und Tarragona. Dort ist die Region sehr trocken und dürr, überall sind Tierfabriken zu sehen, aber kaum fruchtbar grünes Gras. Wie in Italien, so landen auch in Spanien die österreichischen Tiere entweder in einer Kälber- oder einer Stiermast.

Mastbetrieb bei Andorra mit österreichischen Rindern

Der VGT hat 5 Betriebe in Italien und 4 Betriebe in Spanien, in die österreichische Kälber geliefert worden sind, besucht und gefilmt. Bei einer Stiermast nahe der Grenze zwischen Spanien und Andorra konnte dokumentiert werden, dass Rinder mit österreichischen Ohrmarken in 4 verschiedenen Altersstufen eingestallt waren. Offensichtlich wird dieser Betrieb regelmäßig aus Österreich mit neuen Kälbern versorgt. Im Sommer ist die Hitze in dieser Region sehr groß, die Stiere stehen tief in ihrem eigenen Kot, die Buchten sind sehr verdreckt.

Ein anderer Betrieb mit österreichischen Kälbern nahe von Lleida besteht aus einem ganzen Komplex riesiger Fabrikshallen. Mehrere 1000 Tiere sind dort zusammengepfercht. Es wird sowohl Kalbfleisch in Kälberboxen als auch Rindfleisch in der Stiermast „produziert“.

Resümee

Die ersten Kälber, die am Sonntag um 22 Uhr verladen werden, haben letztlich eine Fahrt von 2500 km und 90 Stunden zu überstehen. Dabei dauert allein der Abschnitt von Bozen nach Vic 18 Stunden und es gibt keine Pause. Einige Tiere sterben auf der Fahrt, das VGT-Team musste tote Kälber mit österreichischen Ohrmarken dokumentieren, die auf einem italienischen Betrieb ausgeladen wurden.

Jeder einzelne Be- und Entladevorgang wird mit ständigen lauten Schreien und Schlägen mit Gummischläuchen begleitet. Den kleinen Kälbern werden die Schwänze schmerzhaft verdreht, man reißt sie an den Ohren und am Fell, oft werden sie getreten, immer wieder sogar mitten ins Gesicht. Für die Tiere – manche davon tatsächlich aus Biohaltung – ist die gesamte Reise eine einzige Tortur, nur um in Mastbetrieben anzukommen, in denen sie bis zu ihrer Schlachtung unter grausamen Bedingungen gehalten werden und nie auf eine Weide gehen können.

Das ist die unmittelbare Konsequenz der österreichischen Milchindustrie und damit des Milchkonsums.

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