Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (05.09.2008)
Wien, am 05.09.2008Großdemonstration gegen §278a StGB
Die unglaubliche Polizeirepression auf Basis dieses „Mafia-Paragraphen“ hat den Tierschutz getroffen – gemeint ist die ganze kritische Zivilgesellschaft
Unter dem Motto „Nie wieder!“ rufen zahllose Organisationen der kritischen Zivilgesellschaft zu einer Großdemonstration in Wien gegen den großen Lauschangriff und die martialischen Polizeiübergriffe ohne jeden konkreten Verdacht auf Basis §278a auf, der sich gegen Tierschutzgruppen und kritische Individuen gerichtet hatte.
WANN: Samstag, 6. September
2008
Auftaktkundgebung: 14:00 Uhr
vor dem Justizministerium, Museumstraße 7, 1080
Wien
Abschlusskundgebung: ca. 16:30
am Ballhausplatz, mit Redebeiträgen von VertreterInnen
der teilnehmenden Organisationen und der freigelassenen
Tierschutzgefangenen
Demoroute: durch die Innenstadt,
begleitet von 8 Trommlern der Gruppe "Samba
Attac"
Ohne erkennbaren Anlass wurden gut 1 ½ Jahre lang die aktivsten Tierschutzorganisationen Österreichs einem großen Lauschangriff ausgesetzt, in dem nicht nur Handys abgehört und Emails gelesen, sondern auch Mikrophone in Vereinsräumlichkeiten und Privatwohnungen, sowie Peilsender an Autos angebracht, Observationen von Wohnungen und fast 20 Personen durchgeführt, und sogar verdeckte ErmittlerInnen in Tierschutzvereine eingeschleust worden waren. Als diese Maßnahmen keine Ergebnisse brachten, griffen 23 Polizeieinheiten in einer Großaktion zu und überfielen mit Waffengewalt mehr als 30 Personen in ihren Wohnungen sowie die Büros von 7 Organisationen, und räumten alles leer. Bis heute – 4 Monate später – sind diese Vereine handlungsunfähig, weil ihnen ihre gesamte Infrastruktur noch immer nicht zurückgegeben wurde. 10 Personen wurden in Untersuchungshaft genommen und erst nach über 100 Tagen durch den Druck der Öffentlichkeit freigelassen.
Polizei bis zuletzt ohne konkreten Tatverdacht
Die Polizei konnte bis zuletzt keinen konkreten Tatverdacht für kriminelle Handlungen vorlegen und berief sich deswegen auf §278a StGB „kriminelle Organisation“. Die Tierschutzvereine wären Organisationen, die Einfluss auf Politik und Wirtschaft nehmen wollen – richtig, um diese tierfreundlicher zu gestalten. Weil es aber auch Sachbeschädigungen im Namen des Tierschutzes gäbe, würden die Tierschutzorganisationen zusammen mit diesen unbekannten TäterInnen, die sie gar nicht kennen, eine große „kriminelle Organisation“ bilden. §278a wird auf diese Weise zum Allzweckwerkzeug, um kritische Stimmen zu kriminalisieren und mit Polizeigewalt zum Schweigen zu bringen, ohne ihnen auch nur irgendeine konkrete Straftat vorwerfen zu müssen.
DDr. Martin Balluch, Obmann des VGT und als einer der 10 U-Häftlinge selbst persönlich betroffen, kommentiert: „Diese unglaubliche Polizeirepression ist ein fundamentaler Angriff auf unser aller Grundrechte und eine ernste Bedrohung der gesamten kritischen Zivilgesellschaft. Heute richtet sie sich gegen die Tierschutzszene, morgen gegen die Gentechnik- oder die TransitgegnerInnen, übermorgen gegen die Anti-AKW Bewegung usw. Die 10 U-Häftlinge haben sich nichts persönlich zu schulden kommen lassen. Sie wurden für „verdächtig“ erklärt, obwohl sie sich nicht anders als alle anderen TierschutzaktivistInnen verhalten haben.“
Und weiter: „Wir dürfen dieses Vorgehen nicht tolerieren. Wer soll sich ansonsten jetzt noch trauen, sich außerparlamentarisch politisch zu engagieren und kritisch zu Wort zu melden? Wir fordern 3 Konsequenzen:
- Die Verantwortlichen für diese Polizeirepression müssen zur Verantwortung gezogen werden!
- Die betroffen Vereine und Individuen müssen für alle Schäden vollständig entschädigt werden!
- §278a muss abgeschafft werden!“