Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (06.12.2010)
Wien, am 06.12.2010Protokolle des SOKO-Spitzels im VGT liegen vor
VGT: Der Gesamteindruck ist der von einer sympathischen, offenen Gruppe sehr freundlicher und tierlieber Menschen – zahlreiche Widersprüche zum Strafantrag
Die täglich geschriebenen Protokolle des Spitzels der SOKO, der den VGT fast 17 Monate lang infiltriert hatte, liegen jetzt vor. Auf 99 Seiten wird, mit Ausnahme privater Treffen, jede Aktivität des Spitzels genau wiedergegeben. Demnach war der Spitzel vom 27. April 2007 bis zum 19. Juli 2008 physisch im VGT und in dieser Zeit auf insgesamt 208 (!) Veranstaltungen wie Demonstrationen, Planungstreffen, Recherchen, Aktionen des zivilen Ungehorsams und Kongressen, zwei Mal davon im Ausland, in der Schweiz und in Holland.
Dabei wurden weit über 100 AktivistInnen identifiziert und von einigen wurden heimlich DNA-Proben genommen.
Alle besuchten Veranstaltungen verliefen laut Protokollen ausnahmslos friedlich. Gewalttätigkeiten werden von Jägern und Fiakerfahrern beschrieben. Die „kriminellsten“ Handlungen, die vom Spitzel geschildert werden, sind nächtliches Plakatieren und nächtliche Recherchen ohne jede Sachbeschädigung.
Aus den Protokollen ergeben sich zahlreiche Widersprüche zu den im Strafantrag geschilderten Vorwürfen, darunter beispielhaft:
- In den Protokollen zeigen sich jene Animal Liberation Workshops als völlig harmlos, die im Strafantrag als Rekrutierung Krimineller bezeichnet werden
- Der Spitzel gibt an, Codeworte für Aktionen vorgeschlagen und benutzt zu haben, im Strafantrag ist das die Abschottung zur Verhinderung von Strafverfolgung
- Der Spitzel beschreibt den Computersecurity Workshop als völlig harmlos, im Strafantrag ist das der Hauptvorwurf gegen einen Angeklagten
- Die Mitgliedschaft des Spitzels im Fadinger-Forum seit 5. 11. 2007 ist in den Protokollen nur einen Satz wert, laut SOKO sei dieses Forum die Infrastruktur einer kriminellen Organisation
- Die Anschaffung von Funkgeräten und anonymen Aktionshandys wurde in Sitzungen beschlossen, in denen der Spitzel anwesend war, laut Strafantrag sei der Geschäftsführer des VGT aber hauptsächlich deswegen belastet
- Der Spitzel war mit zahlreichen VGT-Mitgliedern auf einem internationalen Tierschutztreffen im August 2007 in Holland und beschreibt die Vorträge als harmlos, im Strafantrag wird das zur internationalen Vernetzung einer kriminellen Organisation
- In den Protokollen sind nur JägerInnen auf Jagdstörungsaktionen gewalttätig, laut Strafantrag sind diese Aktionen Aktivitäten einer kriminellen Organisation
- Laut Protokollen waren 120 Personen auf der bundesweiten Anti-Jagd Demo 2007, laut SOKO seien es entgegen der VGT-Berichte nur 25 gewesen, was die Bereitschaft des Hauptangeklagten zu lügen unterstreiche
VGT-Obmann
DDr. Balluch kommentiert: „Diese Spitzelprotokolle
sind ein einmaliges Dokument. Sie belegen
nicht nur die Friedfertigkeit des VGT
und seine konstruktive Art Kampagnen
zu führen, sie zeigen auch, dass wir
nichts zu verbergen haben und für alle
Menschen offen stehen. Nichts ist leichter
als uns zu infiltrieren. Deshalb bin
ich besonders erschüttert, dass die SOKO
diese ganze Spitzeloperation zu verheimlichen
versucht hat. Der SOKO war spätestens
durch die Spitzeltätigkeit klar, dass
hier keine kriminelle Organisation am
Werk ist. Also hat sie diese Beweise
verheimlicht und einen Verdacht konstruiert,
um U-Haft und Anklage zu erreichen, von
dem sie wusste, dass er falsch war. Jetzt
muss es Konsequenzen für die verantwortlichen
BeamtInnen geben!“