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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (13.04.2011)

Wien, am 13.04.2011

VGT nimmt zum Verordnungsentwurf zur Schweinehaltung Stellung

Wissenschaftliche Forschungen und die Erfahrungen mit dem Legebatterieverbot bestätigen eindeutig, dass ein absolutes Kastenstandverbot für alle Beteiligten besser wäre

Ausgelöst wurde die jetzige Diskussion über eine Verbesserung der Schweinehaltung durch eine Missstandsfeststellung der Volksanwaltschaft. Das Tierschutzgesetz ist mit einer Schweinehaltungsverordnung, die Kastenstände, also körpergroße Käfige für Mutterschweine, erlaubt, im Widerspruch. Und so einen Widerspruch verbietet die Verfassung. Also musste der SPÖ-Gesundheitsminister Stöger aktiv werden und gab eine Verordnungsänderung in Begutachtung. Im Moment dürfen Mutterschweine lebenslang in Kastenständen gehalten werden, ab 2013 schreibt eine EU-Mindestrichtlinie vor, dass diese Zeit um die Hälfte gekürzt werden muss. Die Verordnungsänderung des Gesundheitsministeriums sieht vor, dass die Mutterschweine statt 6 Monate pro Jahr im Kastenstand oder Abferkelgitter zu stehen, nur noch maximal etwa 1 Monate pro Jahr in diesen körpergroßen Käfigen stehen müssen. Dieses Monat Ausnahme gliedert sich in 10 Tage während der Schwangerschaft und 3 Tage während des Säugens.

Die Schweineindustrie, und allen voran das ÖVP-Landwirtschaftsministerium, möchte diese Verbesserung nicht akzeptieren. Um der EU-Mindestrichtlinie zu genügen müssen die Schweinefabriken sowieso ihre Haltungssysteme dahingehend umbauen, dass die Mutterschweine während der Schwangerschaft neben 4 Wochen im Kastenstand den Rest der Zeit in Gruppen gehalten werden können. Die Verordnungsänderung würde aber auch einen Umbau der Abferkelbuchten notwendig machen. Die Mutterschweine dürften dort nur maximal 3 Tage im Abferkelgitter stehen, den Rest der Säugeperiode müssten sie sich in der Bucht frei bewegen können. Dazu müsste die Bucht eine Fläche von 5,5 m² aufweisen und ein geschütztes Ferkelnest enthalten.

Um diesen Mehrkosten für den Umbau der Abferkelbucht zu entgehen, behauptet die Schweineindustrie, dass die Ferkel ohne Abferkelgitter in größerer Zahl sterben würden, weil sie von der Mutter erdrückt würden. Aus Propagandagründen spricht die Schweineindustrie sogar von einem „Ferkelschutzkorb“, wenn sie das Abferkelgitter, also einen körpergroßen Käfig für das Muttertier, meint.

Die Abferkelbucht – für alle die bessere Lösung

So unnatürlich ist die Haltung der Schweine in den Tierfabriken bereits, dass die Mutter zur Lebensgefahr für die Kinder wird. Dabei ist in der Natur die Säugetiermutter der größte Schutz für ihre Kinder! Statt den Schweinemüttern einen natürlicheren Lebensraum zu bieten, in dem sie eine Beziehung zu ihren Kindern herstellen und den Umgang mit ihnen lernen können, sperrt man sie in körpergroße Käfige ein. Das reduziert die Mutter zu einer reinen Gebärmaschine, man merkt nichts mehr von der in §1 des Tierschutzgesetzes vorgeschriebenen Verantwortung des Menschen gegenüber dem Tier als Mitgeschöpf.

Eine Reihe von Ländern hat deswegen bereits ein Kastenstandverbot eingeführt. Dazu gehören Großbritannien, die Schweiz, Schweden, Holland, Finnland und ab 2014 sogar Dänemark. Der Schweinezuchtverband von Dänemark hat nämlich in seinem Jahresbericht von 2004 (siehe http://vegs.us/5s, Seite 35) festgestellt, dass der Ferkelverlust durch Erdrücken zwar mit Abferkelgitter niedriger war (4,3%), als ohne (6,2%), dass aber im selben Zeitraum insgesamt 8,9% der Ferkel in den Buchten mit Abferkelgitter gestorben sind oder getötet werden mussten, ohne Abferkelgitter aber nur 6,4%. Die getöteten Ferkel waren jene, die zu geringe oder keine Gewichtszunahme zeigten und nach Ansicht der Manager nicht überleben würden. Das mittlere Gewicht beim Absetzen war bei den Ferkeln in Buchten mit Abferkelgitter mit 7,4 kg signifikant geringer als bei Ferkeln in Buchten ohne Abferkelgitter mit 7,7 kg. Dasselbe traf auf das gesamte Wurfgewicht zu (76,9 kg mit Abferkelgitter versus 79,9 kg ohne). Die Mutterschweine im Abferkelgitter nahmen in der Säugeperiode weniger Nahrung zu sich, als die Mutterschweine in der freien Bucht ohne Abferkelgitter. Aus diesen Ergebnissen wurde geschlossen, dass sich die Mutterschweine ohne Abferkelgitter wohler fühlten, und daher mehr aßen und auch mehr Milch produzierten. Letztendlich überlebten mehr Ferkel in Buchten ohne Abferkelgitter als in Buchten mit. Deshalb wurde in Dänemark ein Kastenstandverbot ab 2014 beschlossen.

Ein ähnliches Ergebnis erhielt N. Dunn 2005, Positive aspects of no-crate farrowing, Pig Progress 21, no7 20-3. Laut dieser Studie war die Mortalitätsrate der Ferkel in Schmidbuchten in der Schweiz ohne Abferkelgitter am 32. Lebenstag der Ferkel mit 11,3% geringer als mit Abferkelgittern mit 12,2%.

Deshalb ist das Abferkelgitter in Anbetracht des Wohlbefindens sowohl der Mutterschweine als auch der Ferkel abzulehnen und grundsätzlich zu verbieten.

Das Legebatterieverbot – ein leuchtendes Vorbild

Im Jahr 2003 forderte der VGT ein Verbot der Käfighaltung von Legehennen. Die Tierindustrie reagierte damals genauso, wie heute auf die Forderung nach einem Kastenstandverbot: Das würde das Ende der Eierproduktion in Österreich bedeuten, man würde das Tierleid ins Ausland exportieren, es würde dann nur noch Käfigeier aus Osteuropa in Österreich geben.

Im Mai 2004 beschloss das Parlament trotz dieser Unkenrufe einstimmig – nur der Bauernbundchef verließ sicherheitshalber den Plenarsaal, um nicht mitstimmen zu müssen – das Legebatterieverbot. Jetzt würde die Legehennenhaltung in Österreich zuende gehen, jammerte die Agrarlobby. Der VGT wurde stattdessen aktiv und brachte nach langer Kampagnenarbeit alle Supermärkte und zahlreiche Firmen dazu, von Käfigeiern abzurücken. 2009 trat das Legebatterieverbot in Kraft und es kam zu keinem Zusammenbruch der Eierproduktion in Österreich, die KonsumentInnen griffen nach den heimischen Eiern aus Alternativhaltung, die gefürchteten Tierleidimporte aus Legebatterien blieben aus.

Erstaunlicherweise versucht die Agrarlobby heute das Legebatterieverbot ganz anders darzustellen. VertreterInnen der Tierindustrie behaupten, dass die Käfigeiimporte überhand nehmen würden, obwohl es im Eibereich immer schon Importe gegeben hat. Heute werden in Österreich mehr Eier für den heimischen Markt produziert, als vor dem Legebatterieverbot.

Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration fehlt im Verordnungsentwurf!

Im vorliegenden Verordnungsentwurf fehlt das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration. Für alle anderen Tiere ist die Kastration nur unter wirksamer Betäubung durch entsprechend ausgebildete ExpertInnen erlaubt. Nur bei Ferkeln dürfen Laien in den ersten 7 Lebenstagen das Schwein ohne Betäubung und ohne Schmerzausschaltung kastrieren. Die Schweineindustrie ist gerade dabei, auf eine Schmerzbehandlung mittels Metacam oder ähnlichen Medikamenten umzusteigen. Doch das reicht nicht aus.

Die Kastration darf nur unter wirksamer Betäubung durchgeführt werden, und das bietet dieses Schmerzmittel alleine nicht. Eine Lokalanästhesie ist bei Hoden auch nicht wirklich möglich. Daher muss die Kastration unter wirksamer Betäubung und Schmerznachbehandlung ausschließlich durch TierärztInnen in der Schweinehaltungsverordnung oder im Tierschutzgesetz vorgeschrieben werden. Es wäre schade, bei einer Reform bzgl. der Schweinehaltung nur halbe Sachen zu machen. Die neuen Vorschriften müssen richtungsweisend sein und die Interessensparteien auf absehbare Zeit zufrieden stellen. Daher ist es unabdingbar, das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration in die Novelle mit aufzunehmen. Wenn die Schweinelobby sich schon den Schutz der Ferkel („Ferkelschutzkorb“) an die Fahnen heftet, dann wird sie ja auch für deren Schutz vor eklatanten Schmerzen, wie sie bei der betäubungslosen Kastration mit oder ohne Metacam auftreten, Verständnis haben.

Forderungen des VGT

Der VGT fordert daher nachdrücklich:

    • Kastenstände für Mutterschweine müssen grundsätzlich verboten werden, sowohl während der Zeit des Deckens und der Schwangerschaft, als auch in der Säugeperiode (Abferkelgitter)!
    • Schweine, egal in welchem Alter, dürfen nur unter wirksamer Betäubung von ausgebildeten TierärztInnen kastriert werden, wie das für alle anderen Tierarten bereits selbstverständlich gilt!

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