Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (02.05.2013)
Wien, am 02.05.2013ExpertInnen besorgt über Berufung im Tierschutzprozess
Podiumsdiskussion zum Tierschutzprozess in Wiener Neustadt: JuristInnen und Zivilgesellschaft warnen einstimmig vor tendenziöser Rechtssprechung im Berufungsverfahren des Tierschutzprozess und einer Knebelung der Zivilgesellschaft.
Bei der Podiumsdiskussion am 30. April 2013 im veganfreundlichen Biomarkt BIOFIEDLER in Wiener Neustadt diskutierten die Autorin und emeritierte Rechtsanwältin Katharina Rueprecht, Co-Autor und Staatsrechtsprofessor Bernd-Christian Funk, Filmemacher Gerald-Igor Hauzenberger sowie der Erstangeklagte Martin Balluch vom Verein gegen Tierfabriken und sein Verteidiger Stefan Traxler über den sog. Wiener Neustädter Tierschutzprozess, den Dokumentarfilm "Der Prozess" sowie das neu erschienene Buch "Staatsgewalt - Die Schattenseiten des Rechtsstaat". Knapp 100 BesucherInnen sahen Filmausschnitte aus dem ausgezeichneten Kinofilm "Der Prozess" und beteiligten sich zum Teil sichtlich erregt an der Diskussion.
Die hochkarätigen DiskutantInnen waren sich bereits während der Hauptverhandlung des sog. "Tierschutzprozess" einiges im Argen lag: Staats- und Verwaltungsrechtler Bernd-Christian Funk sprach von einem "unübersehbaren Beweis, dass es auch heute noch politische Prozesse in Österreich gibt". Die erfahrene Rechtsanwältin Katharina Rueprecht illustrierte anhand des Tierschutzprozesses die sog. "Macht des Aktes", die RichterInnen zu parteiischen AnklagevertreterInnen machen. Filmemacher Gerald-Igor Hauzenberger zitierte die absolutistisch anmutenden Versuche des Wiener Neustädter Gerichts unabhängige Filmaufnahmen zu verhindern. Verteidiger Stefan Traxler brachte die vielen Publikumsmeldungen auf einen Punkt: "Früher war ich der Meinung, Österreichs Justiz funktioniert. Heute glaube ich das nicht mehr!". Der Erstangeklagte Martin Balluch informierte über das aktuell laufende Berufungsverfahren: "Nach jahrelangen intensiven Überwachungsmaßnahmen und Ermittlungen und einem über ein Jahr andauernden Prozess fällte das Erstgericht einen wohlbegründeten Freispruch aller Angeklagter in allen Punkten. Nachdem die Oberstaatsanwaltschaft eine Berufung bezüglich des 'Mafiaparagrafen' § 278a StGB für unangebracht hielt, versucht Staatsanwalt in seiner Berufung angemeldete, legale Kundgebungen als schwere Nötigung (§ 106 StGB) zu kriminalisieren. Sollte das Oberlandesgericht dieser Berufung folgen, wäre das der Tod der Zivilgesellschaft. Effektive Kritik an profitorientierten Unternehmen wäre dann nicht mehr möglich!"
Im Anschluss an die rege Diskussion gab es ein veganes Buffet vom Biomarkt BIOFIEDLER.
Der live-stream der gesamten Veranstaltung ist hier nachzusehen