Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (29.12.2015)
Wien, am 29.12.2015Tierversuche: Mitterlehner mit Kritikhagel konfrontiert
AktivistInnen des VGT illustrierten am Dienstag, dem 29. Dezember am Stephansplatz den Hagel von Kritik, dem Wissenschaftsminister für seinen Verordnungsvorschlag zur wirkungslosen Kontrolle von Tierversuchsanträgen ausgesetzt ist. ExpertInnen und Bevölkerung sind sich einig: So geht’s nicht.
Reinhold Mitterlehner hat im Oktober einen Verordnungsvorschlag veröffentlichen lassen, der das Tierversuchsgesetz von 2012 ergänzt. Dieser sogenannte Kriterienkatalog soll klären, unter welchen Bedingungen Tierversuche stattfinden dürfen.
Eine 2010 erlassene Richtlinie verpflichtet alle EU-Staaten zu einer ethischen Überprüfung von Tierversuchsanträgen. Über drei Jahre lang wurde, von Steuergeldern finanziert, ein ExpertInnenteam vom Messerli-Forschungsinstitut damit beauftragt einen wissenschaftlich fundierten Kriterienkatalog zur Evaluierung von Tierversuchsanträgen zu erarbeiten. Das Ergebnis war ein interdisziplinär entwickelter Katalog mit 100 Fragen, deren Beantwortung über ein objektives Bewertungssystem zu personenunabhängig reproduzierbaren Entscheidungen führt. Dieser Fragenkatalog berücksichtigte die Anliegen aller relevanten Interessensgruppen. Er wurde allerdings in eine Schublade gesteckt und der dann vom Ministerium schließlich als Verordnung vorgeschlagene minimalistische Kriterienkatalog würde es in der Praxis unter keinen Umständen erlauben jemals irgendeinen Tierversuchsantrag wegen ethischer Bedenken abzulehnen. Zusätzlich wird darin ein großer Teil aller Tierversuchsanträge von vorn herein von jeder ethischen Hinterfragung ausgenommen. Damit widerspricht der Verordnungsvorschlag nicht nur dem österreichischen Tierversuchsgesetz, sondern auch der EU-Richtlinie.
Zahlreiche ExpertInnen haben in der Begutachtungsfrist vernichtende Kritik an dem Verfassungsentwurf geäußert. Auf der Webseite des VGT ist beispielhaft eine Liste von einigen fundierten kritischen Rückmeldungen verfügbar.
Weil laut einer repräsentativen IFES-Umfrage 85 Prozent der österreichischen Bevölkerung hinter einer strengen ethischen Kontrolle von Tierversuchen stehen, verwundert es auch nicht, dass seit Wochen zusätzlich ein regelrechter Protesthagel aus der Zivilgesellschaft auf das Ministerium nieder geht. Tausende Menschen senden Protestpostkarten, schreiben Mail-Anfragen oder rufen im Ministerium an. Der VGT allein hat bereits hunderte Fotos mit Botschaften für den Minister in einer Protestgalerie gesammelt.
Am 24. und 25. Dezember schloss sich eine breite Allianz von verschiedensten österreichischen Tierschutzorganisationen zusammen um einen offenen Brief an den Minister in Tageszeitungen zu veröffentlichen. Der Minister wird darin aufgefordert einer echten ethischen Hinterfragung von Tierversuchsanträgen nicht weiter im Weg zu stehen.
Franz Gratzer vom VGT kommentiert dazu: Nur selten ist eine breite Öffentlichkeit motiviert genug aktiv ihre Meinung kund zu tun. Das Thema Tierversuche lässt allerdings kaum jemanden kalt. Wenn Minister Mitterlehner auch angesichts dieses Sturms der Entrüstung nicht reagiert, kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass er schamlos Steuergelder verschwendet und die Anliegen seiner WählerInnen ignoriert, bloß um der Tierversuchsindustrie Vorteile zu verschaffen. Der Wissenschaftsminister muss endlich eine echte ethische Evaluierung von Tierversuchen zulassen.
Der VGT empfiehlt allen, denen in Versuchen benutzte Tiere nicht egal sind, sich noch rasch an Minister Mitterlehner zu wenden, bevor es zu spät ist. Der VGT informiert über Möglichkeiten der Kontaktaufnahme in einem eigenen Artikel. Der Wissenschaftsminister kann jetzt jeden Tag eine Entscheidung verkünden.