Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (05.11.2020)
Wien, am 05.11.2020Mutierte Form des Corona-Virus taucht in dänischen Pelzfarmen auf – 17 Millionen Nerze werden getötet
Dr. Kurt Schmidinger: Massentierhaltung als Petrischale für besonders gefährliche Viren
Etwa drei Viertel der neu auftauchenden Krankheitserreger beim Menschen stammen aus „zoonotischen Quellen“. Sie werden also von Tieren auf Menschen übertragen. Dies bestätigen auch die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO und die Weltorganisation für Tiergesundheit OIE. In den letzten Tagen wurde bekannt, dass eine neue, auf den Menschen übertragbare Form von Sars-CoV-2 in Nerzfarmen entstanden ist und bereits Menschen in Dänemark infiziert hat. Die Nerzhochburg Dänemark hat bereits begonnen, alle 17 Millionen Nerze zu töten, um eine zweite weltweite Pandemiewelle abzuwenden.
Sogenannte RNA-Viren aus dem Tierreich machen den größten Teil der neu entstehenden Krankheitserreger für Menschen aus. Immer neue Wellen von Vogelgrippe sowie Schweinegrippe, zudem Nipah-Virus, Ebola, HIV usw. haben einen zoonotischen Ursprung.
Covid-19 entstand durch den brutalen Handel mit Wildtieren. Weitere bekannte und sicher noch weit mehr unbekannte Viren mit Pandemie-Potential lauern bereits hinter den Stalltüren der industriellen Nutztierhaltung: Eines davon ist das Schweine-Coronavirus SADS-CoV, das auch menschliche Zellen infizieren kann, wie kürzlich publiziert wurde.
Lebensmittelwissenschaftler und Geophysiker Dr. Kurt Schmidinger: Während die Menschheit voll mit der aktuellen Corona-Welle beschäftigt ist, lauern die nächsten Virusstämme und Mutationen schon, speziell hinter den Türen der Massentierhaltung. Das Problem ist keine böse Laune der Natur, es ist menschengemacht. Wenn wir jetzt nicht rasch eine Trendwende weg von der intensiven Haltung und Ausbeutung von sogenannten Nutztieren einläuten, riskieren wir das Entstehen von Pandemien, die noch gefährlicher für den Menschen sein können als Covid-19. Die Entwicklungen in Dänemark zeigen genau das vor.
6 Bedingungen, die nötig sind, damit aus der industriellen Nutztierhaltung gefährliche Pandemien entstehen.
1) Viren gelangen von außen in die Tierfabriken
Täglich kommen Millionen Tiere aus anderen Zuchtbetrieben, Brütereien und Nutztiermärkten in die industriellen Tierhaltungen, Abertonnen an Futter und Wasser werden hineingeschleust, Personal geht rein, und Insekten fliegen von außen in die schmutzigen Hallen. Durch all das werden Viren von außen eingeschleppt. Die Trennung in Zucht- und Mastbetriebe in der Schweinehaltung beispielsweise erhöht zusätzlich den Austausch der Tiere und ihrer Viren zwischen industriellen Tierhaltungen.
2) Ideale Ausbreitungsmöglichkeiten für Viren
Speziell diverse Influenza-Viren, aber auch Corona-Viren kursieren immer wieder in Massentierhaltungen und haben dort ideale Voraussetzungen, sich zwischen tausenden geschwächten Schweinen oder zigtausenden geschwächten Hühnern, Puten oder Nerzen, die alle untereinander genetisch ident sind, auszubreiten. Hohe Besatzdichten von Schweinen oder Geflügel sind Faktoren, die Viren bei ihrer Entstehung fördern. Weltweite Untersuchungen zeigen, dass Betriebe mit über 10.000 Hühnern etwa viermal so anfällig sind für HPAI H5N1-Ausbrüche (Vogelgrippe) wie kleinere Betriebe.
3) Sehr tödliche Viren haben in der Natur keine Chance, in der Massentierhaltung sehr wohl
In der Natur sind sehr tödliche Mutationen von Viren kurzlebig, da sie ihre Wirtstiere schnell töten. Sterbende Tiere haben keine Sozialkontakte mehr, womit auch das Virus selbst ausstirbt. In der industriellen Nutztierhaltung ist dieser Schutz ausgehebelt, dort sterben Tiere inmitten von abertausenden anderen Tieren Körper an Körper. Auch sterbende und verendete Tiere sind somit Überträger. Potentielle Killerviren haben hier im Gegensatz zur freien Wildbahn leichtes Spiel, sich rasant zu vermehren und auf Mensch und Umwelt überzugehen, s. Punkt 4.
4) Wirtswechsel der Viren auf den Menschen möglich
Etwa drei Viertel der neu beim Menschen auftauchenden Krankheitserreger sind zoonotisch. Dass Viren von anderen Tieren auf uns Menschen übertragen werden und bei uns Krankheiten auslösen können, passiert laufend.
5) Viren gelangen aus den Tierfabriken nach außen
Industrielle Nutztierhaltungen sind wahre Virenschleudern. Virenbelasteter Feinstaub gelangt ungefiltert in die Umwelt und Insekten tragen Viren hinaus. Millionen Tonnen belasteter Exkremente werden auf die Felder gespritzt, wodurch sich wild lebende Tiere infizieren können. Und egal ob tot oder noch lebend, alle Tiere verlassen den Betrieb, und mit ihnen ihre Viren. All das wäre in Labors mit Schutzstufe 4, die z.B. bei Viren wie H5N1 nötig ist, völlig undenkbar. Massentierhaltungen arbeiten auf Schutzstufe 0, die Übertragungsmöglichkeiten nach außen sind massiv.
6) Mensch-zu-Mensch-Übertragbarkeit
Ein Schritt fehlt noch zu einer Pandemie: Die Viren müssen leicht von Mensch zu Mensch übertragbar sein. Vogelgrippeviren vom Typ H5N1 sind wahre Killerviren mit über 50% Sterblichkeit beim Menschen. Die Kriterien (1) bis (5) hat H5N1 erfüllt. Zum Glück für uns ist die Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch kaum gegeben, sodass H5N1 bis jetzt keine Pandemie verursacht hat. Die letzte Barriere hat standgehalten. Zahlreiche andere Viren haben hingegen eine starke Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch, wie diverse Grippewellen jedes Jahr zeigen.
Letzte Station: Ultra-Pandemie
Könnte HPAI H5N1 durch Mutationen die letzte Hürde überspringen und plötzlich gut von Mensch zu Mensch übertragbar sein, zusätzlich mit langer Inkubationszeit, sodass Menschen vor dem Ausbruch der Krankheit und folgender strengster Quarantäne noch unbemerkt andere Menschen anstecken können, dann wäre eine Ultra-Pandemie Realität. Die Wirtschaft käme komplett zum Erliegen, selbst ein Supermarkteinkauf würde zum russischen Roulette, dem vielleicht letzten Ausgang vor dem Tod. Aber so ein Einkauf würde sich ohnehin erübrigen, weil sich auch das Supermarktpersonal nicht mehr an den Arbeitsplatz wagen würde. Die Lebensmittel-, Wasser- und Stromversorgung, die Müllentsorgung und das Gesundheitswesen würden rasch kollabieren. Ein dystopisches Bild einer möglichen Zukunft!
Simple Lösung für große Probleme
Kein Tier müsste heute mehr in Massentierhaltung dahinvegetieren und sterben, damit wir saftige Burger und knusprige Nuggets essen können. All das gibt es mittlerweile auf pflanzlicher Basis. In naher Zukunft werden wir zudem sicheres Fleisch aus Tierzellen in Fleischbrauereien herstellen – ohne Massentierhaltung, ohne Tiertransporte, ohne Schlachthöfe und ohne Wildtiermärkte. Auch für Tierpelz gibt es längst schon bessere Alternativen!
Kurt Schmidinger appelliert an den Menschenverstand: Statt von einer Pandemie zur nächsten zu taumeln und multiresistente Keime zu züchten, sollten wir rasch die Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts nutzen – und besser heute als morgen der industriellen Nutztierhaltung und den Wildtiermärkten ein Ende setzen! Tierschutz, Weltklima, Regenwald und auch unsere eigene Gesundheit sagen danke!