Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (20.01.2022)
Wien, am 20.01.2022Kunstprojekt „Nutztier“ ab heute bis 28.2. im Museumsquartier Wien frei zugänglich
Zahlen und Fakten, normalerweise der Wissenschaft vorbehalten, werden hier zum Thema „Nutztierhaltung“ künstlerisch aufbereitet, um Raum für eigene Meinung zu lassen
Die Wissenschaft ist objektiv, liefert uns eine faktische Grundlage. Sie ist für eine vernünftige Überlegung notwendig. Doch die politisch-moralische Entscheidung auf Basis dieser Fakten obliegt dem Menschen. Aber wie lässt sich die trockene Faktenwelt der Wissenschaft, gerade im Umgang mit Tieren, in einer Weise aufbereiten, dass sich die Menschen ihr widmen? Raffael Strasser hat sich dieser Aufgabe gestellt. Herausgekommen ist ein Kunstprojekt mit dem Titel „Nutztier“, das ab heute bis zum 28. Februar 2022 im Haupthof des Wiener Museumsquartiers frei und kostenlos zugänglich ist. Bilder vom Umgang mit sogenannten Nutztieren hat der Künstler absichtlich weggelassen, da die Verwendung von Bildmaterial häufig auf einer zu emotionalen Ebene wirkt, sodass die eigene Meinung oder das Interesse, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen, eventuell negativ beeinflusst werden könnten
, wie er meint. Und weiter: Die Motivation für dieses Projekt ist es, den Betrachter*innen genügend Raum für eigene Meinungen zu lassen, ohne sie dabei in eine Richtung zu lenken.
Wer sich ansehen will, ob das gelungen ist, kann das im Museumsquartier tun. Da lernt man z.B., dass das weltweite Weideland für Nutztiere etwa der Größe der gesamten Fläche von Nord- und Südamerika zusammen entspricht. Und wo bleibt die Wildnis? An den Rand gedrängt: die Biomasse der wildlebenden Säugetiere macht nur 4 % der gesamten Säugetierbiomasse aus. Den Rest liefern zu 60 % die Nutztiere und zu 36 % die Menschen. Oder wussten Sie, dass weltweit pro Sekunde 10 Rinder, 21 Puten, 47 Schweine und 2.180 Hühner geschlachtet werden?
Im Tierschutz wird normalerweise mit dem Gegenteil statistischer Fakten, nämlich mit dem individualisierten Tierleid gearbeitet, mit Bildern, die mehr als 1000 Worte sagen. Das Thema soll emotionalisieren. Strassers Kunstprojekt scheint nun diesen Zugang zu konterkarieren. Oder doch zu komplementieren? Wir dürfen gespannt sein, wie das Projekt von der Öffentlichkeit aufgenommen wird. Sehr erfreulich ist jedenfalls, dass sich hier die politische Kunst dem Thema der Mensch-Tier Beziehung widmet. Für die normalerweise sehr anthropozentrische Kunstwelt eine große Ausnahme.
Zur Projektseite "Nutztier"
Das Buch zur Ausstellung mit dem gleichnachmigen Titel ist im Bibliothek der Provinz-Verlag erschienen. (Zur Leseprobe)
Pressefotos von der Ausstellung (Copyright: Benjamin Hofmann)