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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (26.05.2023)

Wien, am 26.05.2023

Qualzucht – Nicht nur bei Heimtieren

Qualzuchten nennt man Merkmale und Eigenschaften, die Tieren durch gezielte Zucht zugefügt wurden, etwa ein bestimmtes Aussehen bei Heimtieren oder höhere „Leistung“ bei „Nutz“tieren.

Qualzuchten entstehen, indem über Generationen hinweg immer wieder jene Tiere miteinander verpaart werden, welche am ehesten den gewünschten Kriterien entsprechen. Das wohl bekannteste Beispiel für Qualzuchten sind Möpse – Hunde, deren Nasen so kurz gezüchtet wurden, dass sie kaum noch atmen können. Dafür wurden immer wieder Hunde mit besonders kurzen Nasen zusammengebracht, bei deren Nachkommen dieses Merkmal dann meist noch stärker ausgeprägt ist. Doch auch viele sogenannte Nutztiere sind leidvolle Qualzuchten.

Qualzuchten bei Nutztieren

Sogenannte Nutztiere werden eigens dafür gezüchtet, besonders produktiv zu sein, also zum Beispiel so viel Milch, Eier oder Fleisch wie möglich abzuwerfen, um den Profit zu maximieren. Das resultiert oft in erschreckenden Qualzuchten – Tiere, die ihr eigenes Gewicht nicht mehr tragen können, unter Krankheiten oder Schmerzen leiden, oder frühzeitig sterben.

Schweine

Eine Qualzucht bei Schweinen ist die Erhöhung der Anzahl an Kindern, die eine Zuchtsau zur Welt bringt. Schweine wurden so gezüchtet, dass sie mehr Rippen und damit auch mehr Zitzen haben und dadurch mehr Ferkel säugen können.3 Heute können Zuchtsauen bis zu 15 Ferkel pro Schwangerschaft zur Welt bringen, wobei mehr als 2 Schwangerschaften pro Jahr möglich sind.5 Wildschweine bekommen gerade einmal 6 Kinder pro Schwangerschaft.1 Auch Mastschweine leiden unter Qualzucht. Sie wurden so gezüchtet, dass sie schnell wachsen, was zu gesundheitlichen Problemen, wie etwa Gelenksveränderungen, führt. Außerdem sollen sie mageres Fleisch ansetzen, was zu Muskeldegenerationen und Störungen des Herz-Kreislaufsystems und anderen Erkrankungen führen kann.7

Rinder

Milchkühe gaben vor 100 Jahren noch 2.000 bis 3.000 Kilogramm Milch pro Jahr, heute sind sie zu derartigen Hochleistungmaschinen hochgezüchtet, dass sie je nach Rasse 8.000 bis 10.000 Kilogramm Milch pro Jahr erzeugen.3 Das führt zu vielen gesundheitlichen Problemen, unter denen die Tiere leiden. Die durchschnittliche Lebensdauer von Milchkühen liegt gerade einmal bei 4-5 Jahren, obwohl sie bis zu 25 Jahre alt werden könnten. Grund sind u.a. Krankheiten und Schäden durch die Qualzucht. Die hohe Milchleistung verlangt den Kühen eine große Stoffwechselleistung ab, was z.B. zu Fettleber und Ketose führen kann. Das große Euter kann beim Gehen behindern und verletzt werden. Auch Gebärmutter- und Euterentzündungen sowie Klauenerkrankungen kommen durch die hohe Milchleistung vor.6

Während die einen Rinderrassen nur noch für die Milchleistung gezüchtet werden, sind andere Rassen auf die Erzeugung von möglichst viel Fleisch spezialisiert. Diese Rinder sind deutlich muskulöser und damit breiter und schwerer, was u.a. zu Beinproblemen führt. Derart hochgezüchtete Tiere können oft nicht einmal mehr ihre Kinder gebären, ohne auf die Hilfe des Menschen angewiesen zu sein.3

Legehennen

Das Urhuhn (Bankivahuhn), von dem die Legehenne heute abstammt, legt zur Fortpflanzung nur wenige Eier im ganzen Jahr.8 Heute sind Legehennen dazu gezüchtet, ca. 1 Ei am Tag zu legen, die Entwicklung des Eis dauert etwa 24 Stunden. Das ist äußerst anstrengend für den Organismus der Henne, weshalb die Tiere bereits nach kurzer Zeit völlig ausgelaugt sind. Die meisten Legehennen leiden an Erkrankungen der Legeorgane oder bekommen Osteoporose, weil das für die Bildung der Eierschalen benötigte Kalzium oft ihren eigenen Knochen fehlt. Dadurch treten auch immer wieder Knochenbrüche bei den Tieren auf.9 Eine Studie aus dem Jahr 2020 hat gezeigt, dass [abhängig von Rasse und Haltungssystem) bis zu 100 % der Hennen einer Gruppe während ihrer Lebensdauer eine oder mehrere Frakturen des Brustbeins erleiden.10

Mastgeflügel

Mastgeflügel wie Hühner oder Puten werden heute auf extreme Gewichtszunahme hin gezüchtet. Die durchschnittliche Tageszunahme der Masthühner wurde von 20 g im Jahr 1960 auf bis zu 68 g im Jahr 2011 gesteigert.4 Dies führt unter anderem dazu, dass die Tiere so schwer werden, dass sie ihr eigenes Gewicht nicht mehr tragen können. Knochendeformationen, Fußballenentzündungen, Erkrankungen der Atemwege und des Herz-Kreislaufsystems sowie sogar Knochenbrüche (z.B. Beine, Brustbein) sind die Folge.2

Rechtliche Rahmenbedingungen

Das Österreichische Tierschutzgesetz verbietet Züchtungen, die für das Tier oder dessen Nachkommen mit Schmerzen, Leiden, Schäden oder Angst verbunden sind. Danach werden untersagte Zuchtmerkmale aufgelistet.nicht aber spezielle Rassen. Die gelisteten Merkmale betreffen zudem hauptsächlich den Heimtierbereich (z.B. Atemnot, Haarlosigkeit, …). Sogenannte Nutztiere werden bei Diskussionen zum Thema Qualzucht normalerweise ausgeklammert. Ende 2021 verabschiedete das österreichische Parlament eine Entschließung, eine Novelle des Tierschutzgesetzes vorzulegen, wo unter anderem die Regelungen gegen die Qualzucht verbessert werden sollten. Da dahingehend noch immer nichts passiert ist, haben mehrere Tierschutzorganisationen, unter anderem der VGT, zusammen einen E-Mail Protest gestartet.

Quellen

  1. Deutsche Wildtierstiftung: Wildschwein: Schwarz und borstig, klug und erfolgreich.
  2. ECC: Europäische Masthuhn Initiative: Das Problem
  3. Planet Wissen: Folgen der Tierzucht
  4. Rösler, B. (2016). Untersuchungen von konventionell gehaltenen Ross 308 Masthühnern in einer angereicherten Haltungsumwelt unter dem Aspekt der Tiergesundheit (Doctoral dissertation, lmu).
  5. Steffen Hoy (2016): Zucht auf höhere Ferkelzahlen aus Sicht des Tierschutzes. Nutztierschutztagung Raumberg-Gumpenstein 2016, 49-54.
  6. Thieme Vet: Qualzucht: Hochleistungs-Milchkühe: 4-mal so viel Milch, aber nicht fürs Kalb!
  7. Thieme Vet: Zuchtsauen und Mastschweine: Mehr Nachkommen und immer schwerer!
  8. Wikipedia: Bankivahuhn
  9. Wikipedia: Hybridhuhn
  10. Rufener C, Makagon MM. (2020) Keel bone fractures in laying hens: A systematic review of prevalence across age, housing systems, and strains. J. An. Sci. 98 (Supplement_1): S36-S51.

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