Was bedeutet die Änderung des Tierschutzgesetzes? - vgt

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Was bedeutet die Änderung des Tierschutzgesetzes?

Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (20.06.2017)

Wien, 20.06.2017

Hintergrundwissen auf einen Blick

Ende 2016 wurden die Entwürfe für das geänderte Tierschutzgesetz und die 1. Tierhaltungsverordnung veröffentlicht. Bis 3. Februar war es möglich, zu den Novellierungen Stellung zu nehmen. Der VGT hat die Gelegenheit genutzt, um einige Missstände in den Gesetzestexten aufzuzeigen. Insgesamt haben über 600 Personen und Vereine eine Stellungnahme eingereicht. Im April bzw. Juni wurden die endgültigen Versionen kundgemacht. Was hat sich geändert? Die wichtigsten Neuerungen auf einen Blick:

Tierschutzgesetz

Das Tierschutzgesetz dient dem Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere. In Österreich gibt es seit 2005 ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz. Die Novelle des Tierschutzgesetzes wurde am 25. April kundgemacht und ist tags darauf in Kraft getreten.

Aussetzen von Fasanen

Der Tierschutzrat hat am 15. März 2016 einstimmig beschlossen, dass das Auswildern von in menschlicher Obhut gezüchteten Rebhühnern, Fasanen, Enten und Hasen den Tatbestand in § 5 TSchG erfüllt, also als Tierquälerei anzusehen ist. Die Tiere stammen meist aus dem Ausland, wo es keine Tierschutzbestimmungen für die Haltung gibt, diese werden durch den Ankauf gefördert. Auch wenn der Abschuss selbst unter das Jagdgesetz fällt, so ist das Aussetzen der Tiere ganz klar Sache des Tierschutzgesetzes. Die Tiere leben nur, um als Abschussbelustigung für die JägerInnen zu enden. Diejenigen, die dieser Todesart entrinnen können, werden Opfer von Raubtieren, -vögeln und Straßenverkehr, einige verhungern, da sie auf ein Leben in der Wildnis nicht vorbereitet sind. Im ersten Entwurf des Gesetzestextes wurde der Beschluss des Rates noch ignoriert, kurz vor der endgültigen Beschlussfassung konnte aber noch ein Verbot ins Gesetz eingebracht werden. Seit April ist daher das Aussetzen von in Gefangenschaft gezüchteter Wildtiere, die zum Zeitpunkt des Aussetzens in freier Natur nicht überlebensfähig sind, verboten. Ein großer Erfolg für den Tierschutz!

Verbandsklagerecht

Tierschutz wurde als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen, allerdings können Tiere, die vor dem Gesetz wie Sachen behandelt werden, dieses Recht nicht einfordern. Daher sollte ein Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzvereine und -verbände eingeführt werden. In Deutschland ist das beispielsweise schon in zahlreichen Bundesländern die gängige Praxis und es hat sich gezeigt, dass die Maßnahme von allen Beteiligten als positiv eingeschätzt wird. Auch in Österreich gibt es die Verbandsklage bereits im Umweltrecht. Leider wurde sie im Tierschutzgesetz immer noch nicht implementiert, obwohl es mehrfach gefordert worden war.

Kastrationspflicht von Katzen

Der Zuchtbegriff im Tierschutzgesetz wurde ausgeweitet. Früher wurde als Zucht definiert, wenn man gezielt Tiere vermehrt hat. Durch die Novelle wurde der Begriff „gezielt“ entfernt, nun ist es auch Zucht, wenn man nur die Voraussetzung für eine Vermehrung der Tiere schafft, wie im Beispiel von Bauernhofkatzen. Sofern es männliche und weibliche Tiere gibt, die sich vermehren könnten, darf man es als Zucht bezeichnen, auch wenn man nie die Absicht hatte, die Tiere zu vermehren. Damit können LandwirtInnen die Kastrationspflicht von Katzen umgehen, wodurch die Streunerpopulationen sich weiter ausbreiten können. Nach einem großen Aufschrei von Seiten des Tierschutzes wurde zusätzlich eine Registrierungspflicht für Zuchtkatzen ins Gesetz aufgenommen. So wie es bei Hunden schon lange üblich ist, müssen Zuchtkatzen nun auch registriert und mit einem Chip ausgestattet werden, allerdings tritt diese Regelung erst 2018 in Kraft. Leider ist ein Chip allerdings kein Verhütungsmittel, weshalb das Problem der Streunerkatzen dadurch nicht eingedämmt wird.

Aufweichung des Qualzuchtverbots

Qualzuchten hätten laut Gesetz nach einer Übergangsfrist mit 1. Jänner 2018 verboten werden sollen. Diese Übergangsfrist wurde nun aber in der Novelle gestrichen, mit der Begründung, dass manche Rassen sonst aussterben könnten. Das Leid der Tiere wird also verlängert, um die Geltungssucht der Menschen zu befriedigen. Es kann nicht sichergestellt werden, dass bestehende Qualzuchtmerkmale wieder zurück gebildet werden können und es gibt auch keinen festgelegten Zeitpunkt mehr im Gesetz, bis wann dies geschehen sollte. Dadurch ist es praktisch gesehen wieder erlaubt, Qualzuchten (die eigentlich gegen das Verbot der Tierquälerei verstoßen) weiterzuführen, sofern man behauptet, man wolle die Qualmerkmale zurückbilden.

Anbindehaltung von Rindern

In Österreich gibt es neben Laufställen auch die Anbindehaltung von Rindern. Dabei werden die Tiere mit einer Kette um den Hals oder zwischen zwei Metallstäben fixiert, sie können sich nicht bewegen, außer zum Aufstehen und Hinlegen. Für gewöhnlich muss den Tieren zumindest 90 Tage im Jahr eine geeignete Bewegungsmöglichkeit oder ein geeigneter Auslauf oder Weidegang zur Verfügung stehen, doch von dieser Regelung gibt es eine Vielzahl an Ausnahmen, die bisher in der 1. Tierhaltungsverordnung festgeschrieben waren. Viele Tiere werden derzeit in Österreich in einer dauernden Anbindehaltung gehalten, was klar gegen einige Tierschutzgesetze verstößt (z.B.: § 5 Abs 1: Es ist Verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen [...]; §13 Abs 2: Wer ein Tier hält, hat dafür zu sorgen, dass das Platzangebot, die Bewegungsfreiheit […] angemessen sind; § 16 Abs 3: die dauernde Anbindehaltung ist verboten). Die Volksanwaltschaft hat nach einem Beschwerdeverfahren des VGT festgestellt, dass Ausnahmen vom Verbot der dauernden Anbindehaltung gesetzwidrig sind und gefordert, dass das Gesundheitsministerium die Verordnung ändern soll. Nun wurden diese Ausnahmen von der Verordnung ins Tierschutzgesetz transferiert, sie sind daher nicht länger gesetzwidrig und können nicht mehr so einfach bekämpft werden. Lediglich eine Meldepflicht für dauernde Anbindehaltungen wurde eingeführt. Ein perfider Schritt der Gesetzgeber, um diese Tierquälerei auch weiterhin zu erlauben.

1. Tierhaltungsverordnung

Die 1. Tierhaltungsverordnung regelt die Mindestanforderungen für die Haltung von Nutztieren. Sie konkretisiert das Tierschutzgesetz und ist diesem rechtlich nachgeordnet, Regelungen in der Verordnung dürfen also nicht den Bestimmungen im Tierschutzgesetz widersprechen. Die Novelle wurde am 6. Juni kundgemacht, die Neuerungen treten am 1. Oktober 2017 bzw. 1. Januar 2018 in Kraft.

Schweine: Beschäftigungsmaterial

Das Beschäftigungsmaterial, das der/die TierhalterIn den Schweinen anbieten muss, wurde in der Novelle spezifiziert. Es wird nun auch eindeutig aufgelistet, welche Materialien nicht als Beschäftigungsmaterial gelten und daher nicht verwendet werden dürfen. Ketten, die heute oft die einzige Beschäftigung in Betrieben darstellen, dürfen nach Inkrafttreten der Novelle nur noch als zusätzliches, nicht aber als einziges Beschäftigungsmaterial zur Verfügung stehen.

Schweine: Vollspaltenböden

Schon vor einiger Zeit wurde ein Übersetzungsfehler in der EU-Richtlinie zum Schutz von Schweinen korrigiert, der nun auch mit der Änderung der Verordnung übernommen hätte werden sollen. Vorher lautete die Bestimmung, dass den Tieren ein „größen- und temperaturmäßig angemessener Liegebereich“ zusteht, nach der Novelle heißt es nun ein „angenehmer Liegebereich“. In der Richtlinie steht eigentlich ein „physisch“ angenehmer Liegebereich. Demnach müssten Vollspaltenböden ohne Stroheinstreu von nun an verboten werden, da es für die Schweine völlig unmöglich ist, auf diesem angenehm zu liegen. Schweine graben sich gerne Mulden und legen ihren Kopf beim Liegen erhöht ab, nichts davon ist auf einem Vollspaltenboden möglich, viel mehr führen diese zu Verletzungen und Hautschäden. Dieses Versäumnis müssen die Tiere nun austragen.

Schweine: Betäubungslose Ferkelkastration

Bei vielen Eingriffen an Tieren ist nach der Änderung der Verordnung eine Betäubung sowie postoperativ wirksame Schmerzbehandlung gefordert. Eine Ausnahme davon bildet die Ferkelkastration. Nach wie vor dürfen Schweine unter 7 Tagen ohne Schmerzausschaltung kastriert werden. Diese Altersgrenze wurde früher willkürlich festgelegt und hat keine wissenschaftliche Grundlage. Im Gegenteil ist es heute bewiesen, dass auch Ferkel mit weniger als sieben Tagen das volle Schmerzempfinden besitzen und demnach bei diesem Eingriff Höllenqualen erleiden. Die betäubungslose Ferkelkastration ist nur deswegen noch erlaubt, weil die Landwirtschaft auf wirtschaftliche Gründe pocht, Betäubungen oder alternative Methoden würden einen Mehrkostenaufwand bedeuten.

Schnabelkupieren bei Hühnern und Puten

Das Kürzen der Schnäbel bei Geflügel ist immer noch nicht verboten, obwohl es z.B. bei Legehühnern nur noch bei 1% eingesetzt wird, bei Masthühnern gar nicht mehr. Leider ist der Eingriff bei Puten immer noch Routine und ein Hinweis auf schlechte Haltungsbedingungen. Puten bepicken sich nur gegenseitig, wenn sie unter Platzmangel leiden. In der neuen Verordnung wird nicht einmal eine Schmerzbehandlung für den Eingriff vorgesehen, der eigentlich völlig abgeschafft werden sollte.

Entenhaltung

Bei der Haltung von Enten war in der Verordnung immer ein gesetzlich vorgeschriebener Auslauf festgesetzt. Diese Regelung wurde jetzt dadurch geändert, dass der Auslauf auch durch einen Außenklimabereich im Ausmaß von einem Viertel der Stallbodenfläche ersetzt werden kann. Sofern also eine Art Wintergarten zur Verfügung steht, müssen die Tiere nie mehr ins Freie gelassen werden. Dies stellt einen klaren Rückschritt für das Tierwohl dar.

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