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Qualvolle Tiertransporte in der Sommerhitze

Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (03.07.2024)

Wien/EU/Welt, 03.07.2024

Tiertransporte bedeuten an sich schon großes Leid für die Millionen Tiere, die jährlich nach und aus Österreich transportiert werden. Die brütende Hitze der Sommermonate verstärkt dieses Leid noch zusätzlich. Der VGT fordert strenge Kontrollen und schärfere gesetzliche Bestimmungen.

Erst jüngst wurde bei der polizeilichen Kontrolle eines mit 600 Schweinen beladenen Tiertransporters an der Kontrollstelle Kundl (Tirol) festgestellt, dass die Schweine nicht mit ausreichend Wasser versorgt waren und zudem die Belüftung ausgefallen war. Schweine sind besonders anfällig für Hitzestress, da sie keine Schweißdrüsen zur Thermoregulation haben und sich daher unter natürlichen Bedingungen z.B. durch Suhlen in Schlamm abkühlen, was an Bord eines LKW natürlich nicht möglich ist. Das hat die Gefahr der Überhitzung zur Folge. Laut einer aussagekräftigen Studie der European Food Safety Authority (EFSA) 1 liegt die Obergrenze der Temperaturkomfortzone bei Sauen bereits bei 20 °C. Ab der kritischen Temperatur von 22 °C werden der Hitzestress und die damit verbundenen Gefahren erheblich.

Hinzu kommt, dass bei vielen Transporten die Laderaumhöhe nicht ausreicht. Aufgrund des Platzmangels oberhalb der Tiere ist die Luftzirkulation eingeschränkt, wodurch sich die Hitze zusätzlich staut. Nicht nur deshalb können Tiertransporte bei heißen Temperaturen auch für Kälber eine große Qual bedeuten. Denn die mangelhafte oder fehlende Versorgung mit Wasser – wie im Fall der 600 Schweine – ist bei Kälbertransporten üblich, da die Transporter für gewöhnlich mit Metallnippeltränken ausgestattet sind, die den physiologischen Bedürfnissen der Kälber widersprechen und daher für ihre Tränkung ungeeignet sind.2 Letzteres hat die EU Kommission bereits 2009 in einem Schreiben festgestellt. Kälber können nur saugend trinken, was ihnen durch Nippeltränken, die – sofern sie überhaupt angeschlossen sind – das Wasser mit Überdruck ins Maul spritzen, verunmöglicht wird.

Lasche Gesetze: Transporte bei Temperaturen jenseits der Belastungsgrenze

Zudem sind auch Kälber, ähnlich wie Schweine, sehr anfällig für Hitzestress. Die Umgebungstemperatur sollte Expert:innenmeinungen zufolge für sie im Bereich von 5 °C und maximal 25 °C liegen3, was auch die offizielle Empfehlung der EU-Kommission ist. Laut EFSA liegt bei 25 °C bereits die kritische Obergrenze für Rinder.4 Die gesetzlich erlaubte Grenze liegt jedoch höher. Gemäß der aktuellen EU-Tiertransportverordnung darf die Temperatur für die transportierten Tiere 30 °C ± 5 °C nicht überschreiten,5 wobei aufgrund der in der Praxis nicht vorhandenen Kühlsysteme davon auszugehen ist, dass es zwischen der Innentemperatur an Bord und der Außentemperatur keine signifikanten Unterschiede gibt.6 Insbesondere qualvolle Transporte in den Süden – nach Italien und Spanien sowie per Schiff in Drittstaaten – werden so zu einer enormen Belastung.

Laut Entwurf der neuen EU-Tiertransportverordnung soll künftig nur noch die Außentemperatur berücksichtigt werden, was eine Verschlechterung darstellt. Zudem sollen Transporte einheitlich für alle Tierarten bei vorhergesagten Temperaturen über 30 °C fortan bei Nacht stattfinden. Der VGT sieht darin keine echte Verbesserung und fordert die gesetzliche Verankerung tierartspezifischer Temperaturgrenzen, jenseits derer Transporte gar nicht stattfinden dürfen.

Zur Petition

Lebende Tiere dicht gedrängt bei sengender Hitze und unzureichender oder fehlender Tränkung stunden- oder tagelang auf qualvolle Weise quer durch Europa oder noch weiter zu transportieren, ist vollkommen unverantwortlich. Die 600 Schweine hatten Glück im Unglück, denn sie wurden kontrolliert und von der Feuerwehr mit Wasser versorgt. Leider stehen Missstände und Gesetzesverstöße bei Tiertransporten auf der Tagesordnung. Es braucht daher unbedingt häufige und genaue Kontrollen sowie Sanktionen mit abschreckender Wirkung. Wo das Gesetz zu lasch ist, genügt jedoch auch das nicht, so VGT Tiertransport-Campaigner Hagen Schwarz.

Der VGT bittet die Bevölkerung, gerade im Sommer, ein besonders achtsames Auge für Tiertransporter zu haben. Transporter, die in der prallen Sonne stehen, können in kurzer Zeit zu einer tödlichen Gefahr werden. Lecken die Tiere z.B. an den Stangen, kann das ein Anzeichen für Durst bzw. Dehydrierung sein! Im Zweifelsfall sollten Transporter, die schon längere Zeit (ohne Fahrer:in) in der Sonne abgestellt sind, dokumentiert und der Polizei und gegebenenfalls dem:r zuständigen Amtstierarzt:ärztin gemeldet werden. Darüber hinausgehend können (Verdachts-)Fälle auch dem VGT weitergeleitet werden.

Quellen

  1. EFSA Panel on Animal Helath and Welfare:  Welfare of pigs during transport, in: EFSA Journal Vol.20 (9), 2022
  2. Rabitsch, A., Marahrens, M.: Anmerkungen zum Transport nicht-entwöhnter Kälber, in: Amtstierärztlicher Dienst und Lebensmittelkontrolle 2 (04/2020), S. 185-195.
  3. Velarde, A., Teixeira, D. et al:  Research for ANIT Committee – Particular welfare needs in animal transport: unweaned animals and pregnant females European Parliament, Policy Department for Structural and Cohesion Policies, Mai 2021, Brüssel
  4. EFSA Panel on Animal Health and Welfare: Welfare of cattle during transport, in: EFSA Journal 20(9), 2022
  5. Anhang I, Kapitel VI, Art. 3.1. der EU-TTVO
  6. Rabitsch, A.: Analysis of control data of transports of calves provided by the NGO Animal Welfare Foundation, AWF 2023

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