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Tierleid im Namen der Tradition

Oft gelten menschliche Traditionen und Bräuche als Ausrede für Tierquälerei. So ist es beim Singvogelfang im oberösterreichischen Salzkammergut. Nach einer intensiven Kampagne des VGT und mit der Einführung des Bundestierschutzgesetzes am 1.1.2005 wurde der Singvogelfang verboten, jedoch wurde er 2010 in die UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen. Die OÖ Artenschutzverordnung erlaubt in ihrem § 11 explizit, aber nur für das oberösterreichische Salzkammergut, den Fallenfang für die traditionellen Singvogelausstellungen. So werden im Salzkammergut weiterhin geschützte Vogelarten auf grausame Art und Weise gefangen, eingesperrt und zur Schau gestellt. 

Die Vogelfänger geben sich als Tierliebhaber aus – und fangen Vögel in Fallen, die sie verletzen und in denen sie sich zu Tode ängstigen. Diese anachronistische, tierfeindliche Tradition muss ein Ende finden.

VGT-Obperson DDr. Martin Balluch

Hintergrundwissen Singvogelfang

Zahlen und Fakten

Beim Vogelfang werden Gimpel, Zeisig, Kreuzschnabel und Stieglitz zunächst mit Netzen und Fallen gefangen, um sie dann in winzigen Käfigen in der Adventszeit öffentlich auszustellen und sie im Frühjahr, sofern sie noch am Leben sind, wieder frei zu lassen. Der Vogelfang dient keinerlei wirtschaftlichen Interessen, sondern ausschließlich der Traditionspflege und der Freude am Fangen wilder Tiere.

Nach Schätzung des VGT wurden in der Singvogelfangsaison von Mitte September 2024 bis Ende November 2024 ca. 35.000 eigentlich geschützte Singvögel in Fallen gefangen. Bis zur Einführung des Bundestierschutzgesetzes am 1.1.2005 und unbemerkt von einem Großteil der Bevölkerung war der Singvogelfang in Oberösterreich trotz jahrelanger Proteste von Tierschutzorganisationen und trotz Verstoßes gegen EU-Richtlinien legal.

Die OÖ Artenschutzverordnung erlaubt in ihrem § 11 explizit, aber nur für das oberösterreichische Salzkammergut, den Fallenfang für die traditionellen Singvogelaustellungen. Im Jahr 2007 hob der Verfassungsgerichtshof die bundesgesetzlichen Regelungen, die den Singvogelfang verbieten, auf.  Seitdem ist der Singvogelfang im Salzkammergut wieder erlaubt. Im Jahr 2010 wurde der Singvogelfang als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Der Singvogelfang ist vom 15. September bis 30. November gestattet. Es gibt etwa 500 registrierte Vogelfänger:innen im Salzkammergut, diese dürfen je 10 Vögel lebenslang als Lockvögel behalten – macht bereits 5000 gefangene Wildvögel. Zusätzlich können die Vogelfänger:innen je 5 Vögel bis April gefangen halten. Darüber hinaus zeigen Erfahrungen des VGT bei der Beobachtung der Vogelfänger:innen, dass diese mehrheitlich Individuen von Arten fangen, die nicht unter die genehmigten fallen, und zusätzlich oft 10 Vögel der genehmigten Arten pro Fangtag in die Fallen gehen. Man muss also mit etwa 35.000 gefangenen Vögeln pro Saison rechnen.

Zum Fang gehen die Vogelfänger:innen vor Sonnenaufgang zu extra präparierten Plätzen, das reicht von hohen Lärchen bis zu eigens errichteten Holzkonstruktionen. Dort werden 50 Fallen aufgestellt, die bei Berührung zuschnappen. Lockvögel hängt man dann in winzigen Käfigen zwischen die Fallen, um die Opfer in Sicherheit zu wiegen. Sowohl die Lockvögel als auch die gefangenen Singvögel werden anschließend in einem Rucksack in kleinst dimensionierten Käfigen zurück nach Hause getragen.

Dagegen richtet sich eine Bescheidbeschwerde, die Anfang September 2024 von Tierschutz Austria eingebracht, aber bisher vom OÖ Landesverwaltungsgericht noch nicht behandelt worden ist. Weder das Halten der Lockvögel über ihr ganzes Leben, noch der Transport der Vögel in den winzigen Käfigen, sind nämlich von der Artenschutzverordnung gedeckt. Ganz zu schweigen von der immensen Tierquälerei, Wildvögel in Netzfallen zu fangen und vor Hunderten Menschen in kleinen Käfigen auszustellen, wie das z.B. am 1. Dezember 2024 in Bad Ischl geschehen ist.

 

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Thema Singvogelfang in Österreich sind komplex und haben sich im Laufe der Zeit verändert:

Seit dem 1. Januar 2005 gilt das Österreichische Bundestierschutzgesetz, das den Singvogelfang grundsätzlich verbietet. Gemäß §5 Abs. 10 dieses Gesetzes begeht Tierquälerei, wer ein Tier einer Bewegungseinschränkung aussetzt und ihm dadurch schwere Angst zufügt. Das Fangen und Halten von Wildvögeln in kleinen Käfigen fällt unter diese Definition.

Zusätzlich verbietet §2 (2) der Tierschutz-Veranstaltungsverordnung die Ausstellung von Wildfängen, mit Ausnahme von Fischen. Dies steht im Widerspruch zur oberösterreichischen Artenschutzverordnung, die den Singvogelfang im Salzkammergut unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt.

Trotz des bundesweiten Verbots wird der Singvogelfang in Oberösterreich nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshof im Jahr 2007 wieder praktiziert. Das Höchsgericht hob die bundesgesetzlichen Regelungen zum Schutz der Tiere zugunsten der älteren landesgesetzlichen Regelung auf.

Der Fang ist nur vom 15. September bis 30. November erlaubt.

  • Pro Bewilligungsinhaber darf nur ein Exemplar pro Vogelart gefangen werden.

  • Die Höchstzahl der zu fangenden Vögel ist auf 550 je Art und Fangsaison begrenzt.

  • Der Fang muss tagsüber und mindestens 300 Meter von Wohngebäuden entfernt stattfinden.

  • Nur Schlagnetze und Netzkloben sind als Fangmittel erlaubt.

  • Die gefangenen Vögel müssen bis zum 10. April des Folgejahres wieder freigelassen werden.

Durch das Einsperren in Käfigen und die jahrmarktähnlichen Ausstellungen erleiden die scheuen Wildtiere schwere Schock-, Angst- und Panikzustände.

Die Vögel werden in Volieren von 4 m³ Volumen und einer Höhe von 1,5m oft im Dunkeln gehalten. Lockvögel werden oft das ganze Jahr in diesen Volieren gehalten. Die Vögel werden nach dem Fang üblicherweise kurze Zeit in sehr kleinen Käfigen (ca. 30x20x30 cm) dunkel gehalten. Dann kommen sie in eine Voliere von 4 m³ Volumen mit einer Höhe von 1,5 m, in der auch die Lockvögel ganzjährig leben müssen.

Wenn sie nach der monatelangen Qual endlich wieder freigelassen werden, haben sie ihre Fähigkeit zur natürlichen Nahrungssuche verlernt und sterben meist wenige Tage später. Nach ihrer Freilassung sind ihre Flugmuskeln mehrheitlich so geschwächt, dass sie Beutegreifern nicht mehr entkommen können.

Die ca. 500 registrierten Vogelfänger:innen dürfen je 10 Vögel lebenslang als Lockvögel behalten – macht bereits 5.000 gefangene Wildvögel – und je 5 Vögel zusätzlich bis April. Darüber hinaus zeigen Erfahrungen des VGT bei der Beobachtung der Vogelfänger:innen, dass diese mehrheitlich Individuen von Arten fangen, die nicht unter die genehmigten fallen, und zusätzlich oft 10 Vögel der genehmigten Arten pro Fangtag in die Fallen gehen. Man muss also mit etwa 35.000 gefangenen Vögeln pro Saison rechnen. Momentan gibt es 25 Vogelfängervereine. Die jeweiligen Vögel einer Art mit dem besten Gesamteindruck werden bei dieser Ausstellung prämiert, was für den/die Vogelfänger:in höchste Anerkennung bedeutet.

Am 22. Oktober 2004 wurde gegen 2 Vogelfänger wegen illegalem Handel mit 30 Gimpeln Anzeige erstattet. Nach einem Tipp des Dachverbandes der oö. Tierschutzorganisationen konnte die Polizei in Schörfling einen Vogelfänger in flagranti dabei erwischen, wie er die Vögel für 50 Euro pro Tier an einen Deutschen verkaufen wollte. In „Insiderkreisen” ist bekannt, dass der Handel mit Singvögeln durchaus üblich, aber schwer nachweisbar ist. Im Jahr 2004 wurden bei über 70 Vogelfängern weitere Missstände aufgedeckt und angezeigt. Es kam zu mindestens 5 Strafverfahren gegen Vogelfänger. Dabei ging es um zu kleine Käfige oder zu viele gefangene Vögel.

Zum Fang sind Netzkloben (ca. 15 x 20 cm große, bei Berührung zuschnappende Netze) oder kleine Bodennetze (bis 1x1m Größe) zulässig, es ist aber nicht auszuschließen, dass auch noch andere Fanginstrumente Verwendung finden (z.B.: Schlagkloben oder Kastenfallen). Viele Vögel erleiden schwere Verletzungen durch die Fallen. Die jährlichen Vogelausstellungen finden ab Ende November statt. 

Vogelsang statt Vogelfang!

Gefangen im Netz

Am 16.10.2005 wurden wieder 3 Vogelfänger auf 3 verschiedenen Fangplätzen inflagranti erwischt. Auf diesem Foto sieht man einen Stieglitz, der gerade ins Netz gegangen ist. Deutlich zu erkennen ist, dass der kleine filigrane Körper im Netz vollkommen verdreht hängt. Kopf und Stoß (Schwanzfedern) sind fast zusammen! Der Stoß hat sich in den Netzmaschen verfangen, wodurch große Verletzungsgefahr besteht.

Aus der Natur gefangen

Auf diesem Bild sind als Lockvögel eingesetzte Kreuzschnäbel gut zu erkennen. Der Kreuzschnabel links ist noch rot und wurde laut Angabe des Fängers erst zwei Wochen zuvor gefangen. Der Kreuzschnabel links ist gelb und bereits ein Jahr in Gefangenschaft. Um die Gegebenheiten für den Vogelfang zu optimieren, wird eine künstliche Umwelt geschafffen. (Bild von 2005)

Im Käfig

Der Vogel in seinem winzigen Gefängnis. Artgenossen sollen durch seine Anwesenheit angelockt werden, um gefangen und dann denselben schrecklichen Bedingungen ausgesetzt zu werden, wie er. Die gefangenen Vögel verbringen den Winter in Käfigen, was für die Wildtiere unheimlichen Stress bedeutet. Bei Ausstellungen werden sie präsentiert und prämiert.

15.11.2024

Eine problematische Praktik im Salzkammergut

Singvogelfang

Ein Bericht über den Singvogelfang im Salzkammergut. Hierbei wird berichtet welche Problematiken diese Praktik mit sich bringt und wieso es heute noch praktiziert wird.

Forderung des VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN 

Der Singvogelfang ist eine furchtbare Tierquälerei, die durch absolut nichts zu rechtfertigen ist. Der VGT fordert ein Ende des Singvogelfangs. Zuständig ist der Oberösterreichische Landtag mit der Oberösterreichischen Artenschutzverordnung.

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03.12.2024, Bad Ischl

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