Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (22.08.2013)
Wien, am 22.08.2013IFES-Umfrage Tierschutzprozess: große Mehrheit widerspricht OLG-Urteil
Für 72% ist das Informieren von KundInnen, um ein Modehaus zum Ausstieg aus dem Pelzhandel zu bewegen, nicht sittenwidrig - mit § 105 (2) damit nicht rechtswidrig!
Die ursprüngliche Anklage gegen die TierschützerInnen lautete Bildung einer kriminellen Organisation, die u.a. mittels Sachbeschädigungen Modehäuser genötigt hätten, aus dem Pelzhandel auszusteigen. Nach dem klaren Freispruch war diese Position nicht mehr haltbar. Also argumentierte die Staatsanwaltschaft in der Berufung, dass auch legale Kampagnen gegen Pelz eine schwere Nötigung seien. Doch Voraussetzung dafür ist nach § 105 (2) StGB, dass die Rechtsgemeinschaft dieses Vorgehen für sittenwidrig hält. Das OLG Wien stellte im Berufungsurteil die Hypothese auf, dass die Rechtsgemeinschaft das so empfinden würde. Eine neue IFES-Umfrage beweist nun, dass das OLG irrte:
- 68% der Befragten wollen ein Verbot des Handels mit Tierpelzen (75% der Personen mit Matura)
- 84% sehen einen kompletten Pelzausstieg als Teil davon, was man unter Tierschutz versteht, und damit als Staatsziel im Verfassungsrang
- 87% halten eine Aufforderung von Tierschutzvereinen an Modehäuser, keinen Pelz mehr zu verkaufen, nicht für sittenwidrig
- 78% meinen, es ist nicht sittenwidrig, wenn Tierschutzvereine Modehäuser öffentlich anprangern, solange diese noch Pelz verkaufen (85% der Personen mit Matura)
- 72% empfinden es nicht als sittenwidrig, Modehäuser durch Informieren ihrer KundInnen zum Pelzausstieg zu nötigen (76% mit Matura)
VGT-Obmann und ehemals Hauptangeklagter, Martin Balluch, dazu: "Unsere Ablehnung des Tierpelzhandels ist keine Minderheitenmeinung, im Gegenteil, mehr als 2/3 der Menschen teilen sie, sogar ¾ der Menschen mit Mittelschulabschluss. Aber darüber hinaus gibt es sehr große Mehrheiten von 75%, die es explizit nicht für sittenwidrig halten, Modehäuser unter Druck zu setzen, aus dem Pelzhandel auszusteigen, indem deren KundInnen über das Tierleid informiert werden. Aber genau das wird in der Anklage bei der Neuauflage des Tierschutzprozesses vorgeworfen, es sei als schwere Nötigung mit 5 Jahren Haft zu bestrafen. Doch § 105 (2) StGB legt unumstößlich fest, dass bei solchen Mehrheitsverhältnissen keine Rechtswidrigkeit vorliegt. Hier geht es nicht um die Kritik an einem Urteil unabhängiger Richterinnen, die kraft ihres Amtes ein subjektives Urteil fällen dürfen. Hier geht es um die Festlegung im Strafgesetzbuch, dass eine Nötigung dann nicht rechtswidrig sein kann, wenn sie von einer Mehrheit goutiert wird. Diese wissenschaftliche Studie beweist nun ohne jeden Zweifel, dass das hier der Fall ist. Wir werden daher umgehend einen Einstellungsantrag einbringen."