Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (27.10.2016)
Wien, am 27.10.2016Österreichische Rinder werden weit über die EU-Grenzen hinaus transportiert!
120.000 Mastkälber und Zuchtrinder werden jedes Jahr aus Österreich exportiert. In der Türkei und noch ferneren Ländern herrscht eine große Nachfrage nach österreichischen Rindern. Laufend werden neue Märkte erschlossen. So rühmt sich ein niederösterreichischer Viehexporteur damit, seit April 2016 als erstes Unternehmen österreichische Rinder in den Iran zu verkaufen!
Leider liegt es im Trend österreichische Rinder in immer fernere Länder zu transportieren. Die Zielländer lauten unter anderem: Türkei, Algerien, Aserbaidschan, Usbekistan oder Iran. Das sind Länder, in denen Tierschutz nur einen geringen Stellenwert hat.
Die EU gibt gesetzliche Mindeststandards vor – eingehalten werden sie nicht
Tiertransporte innerhalb der EU werden durch die Verordnung (EC) No 1/2005 geregelt. Darin werden Mindestanforderungen für das Wohlergehen der Tiere während des Transports vorgesehen. Unter anderem wird vorgeschrieben:
- Der Transport muss so kurz wie möglich gehalten werden und darf nicht unnötig verzögert werden.
- Transporter, die über acht Stunden unterwegs sind, müssen über ein automatisches Bewässerungs- und Ventilationssystem verfügen.
- Rinder dürfen maximal 28 Stunden transportiert werden. Danach müssen sie für mindestens 24 Stunden entladen werden.
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im April 2015 gelten die EU-Tiertransport-Vorschriften (C-424/13) auch über die EU-Grenze hinaus. Demnach müssten die oben genannten Mindestanforderungen auch in Drittländern erfüllt werden. In Wirklichkeit, tun sie das aber nicht.
Die Theorie klingt gut, die Praxis sieht ganz anders aus
Oft wird die EU-Verordnung schon innerhalb der EU einfach ignoriert. Außerhalb der EU ist die Überprüfbarkeit praktisch unmöglich. Einerseits wollen die Transporteure die Tiere so kostengünstig wie möglich transportieren, andererseits fehlen flächendeckende Kontrollen.
Immer wieder werden Ferntransporter losgeschickt, die die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllen. Man könnte meinen, Österreich gibt die Verantwortung für die Tiere einfach ab, sobald sie das Land verlassen haben.
- Die Transporter sind oft zu niedrig und werden zu voll beladen.
- Die Bewässerungs- und Ventilationssysteme funktionieren oft nicht richtig.
- Tiere verletzen sich an hervorstehenden Gegenständen und werden nicht tierärztlich versorgt.
- Die Tiere werden oft tagelang ohne Pause und ohne Versorgung mit Wasser oder Futter transportiert.
- In den Transportern liegt viel zu wenig Stroh. Die Tiere stehen meist knöcheltief im eigenen Dung.
Von der Organisation Animal‘s Angels konnten diese unfassbaren Zustände anhand zweier Transporte österreichischer Rinder dokumentiert werden:
Im April 2016 brachte ein LKW österreichische Rinder nach Ungarn. Dort mussten sie ein Monat in Quarantäne verweilen, bis sie über Bulgarien an die türkische Grenze gebracht wurden. Aufgrund fehlender Dokumente wurde die Einreise in die Türkei verweigert. Es gab kein Vor und kein Zurück. Die Tiere mussten 11 Tage am Transporter ausharren. Niemand fühlte sich verantwortlich, niemand versorgte die geschundenen Tiere. Letztendlich wurden sie in einen bulgarischen Schlachthof gekarrt. Dort verblieben sie über Wochen unter fürchterlichen Bedingungen bis sie schließlich geschlachtet wurden.
Eine zweite Recherche dokumentiert einen Transport österreichischer Rinder von der Slowakei in die Türkei. Dieser Transporter erreichte zwar sein Zielland, jedoch unter katastrophalen Bedingungen. Die Tiere waren viel zu dicht gedrängt und unterversorgt. Trotzdem waren sie 135 Stunden auf einer Strecke von 2341 Kilometern unterwegs!
Fakt ist: Ferntransporte über die EU-Grenze können das Wohlergehen der Tiere nicht gewährleisten.
Der VGT fordert daher:
- Eine maximale Transportdauer von 8 Stunden für alle Tierarten. Die tagelangen Horrortrips quer durch Europa und darüber hinaus müssen ein Ende haben!
- Kein Transport von Säugetieren, die noch nicht von der Muttermilch entwöhnt sind. Milchtrinkende Kälber können auf Transportern überhaupt nicht versorgt werden. Der Transport dieser Kälber muss daher umgehend verboten werden!
- Mehr Platz und mehr Stroh in Langstreckentransportern. Den Tieren muss es möglich sein sich auszuruhen ohne im eigenen Dung zu liegen!
- Zurück zur
Zweinutzungsrasse
anstatt der Nutzung von Turbo-Hochleistungsrassen. Männliche Kälber von Milchkuhrassen dürfen nicht länger wieAbfallprodukte
behandelt werden! - Gekühlte Fleischtransporte statt Lebendtiertransporte. Tierschutz muss wichtiger sein als ökonomische Interessen!