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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (03.04.2020)

Wien, am 03.04.2020

Niemand kümmert sich um die Schnecken

Im folgenden Artikel schauen wir uns die hoffnungslose Situation der Schnecken näher an

Alle (fast alle) Menschen lieben kleine süße Hundebabys, fühlen mit gequälten Katzen und sehen nicht ein, dass Rinder oder Kälber ohne ordentliche Versorgung oft tagelang quer durch die Welt transportiert werden. Aber was ist mit den Schnecken? Zählen die denn nicht? Das werden wir uns in diesem Beitrag ansehen.

Wir können uns vorstellen, dass wir mit folgenden Einwänden konfrontiert werden: „Gibt es nichts Wichtigeres?“ oder „Ja und?“. Der erste Einwand zielt darauf ab, dass es „wichtigere“ Tiere gäbe, um die wir uns kümmern sollten, weil sie entweder größer sind oder uns Menschen „näher“ oder medial präsenter. Der zweite Einwand zielt darauf ab, dass Schnecken nicht so fühlen „wie wir“, dass sie keine Schmerzen hätten oder ihr Leiden unwichtiger wäre. Andererseits werden wir dagegen auch immer wieder von besorgten Menschen kontaktiert, die Schneckenfarmen gesehen oder über Schneckenfarmen gelesen haben, das Leid der Schnecken erkennen und von uns wissen wollen, ob und gegebenenfalls was man dagegen machen kann. Es gibt daher sehr wohl ein öffentliches Interesse am Wohlergehen von Schnecken, auch wenn es gering ist. Dass dieses Interesse aber zurecht besteht, wollen wir in diesem Artikel zeigen. Es geht in der Folge daher um für den menschlichen Verzehr gezüchtete Schnecken (d.h. um mehrere Millionen Schnecken im Jahr! Alleine z.B. eine bekannte Schneckenfarm in Wien züchtet 200.000 Weinbergschnecken auf knackigen 2000 m², das sind 100 Schnecken auf einem einzigen (!) Quadratmeter). Und Österreich ist ganz "groß" im Schneckenverzehr: im Jahr 2019 hat die Alpenrepublik allein aus der EU Schnecken im Wert von sage und schreibe 84.000 Euro importiert. Eine traurige Delikatesse, für die Tiere schreckliche Schmerzen leiden müssen.
Dagegen geht es in diesem Artikel nicht um die spanischen Schnecken, vulgo Nackt- oder Gartenschnecken, die jede_r von uns aus dem Garten kennt. Die (schwierige) Beschäftigung mit den Nacktschnecken bleibt einem anderen Beitrag vorbehalten.

Nach einer kurzen Nachzeichnung des tristen Lebens einer gezüchteten Schnecke, versuchen wir, die beiden oben genannten Einwände zu entkräften um zum Schluss zu zeigen, dass auch das Leben einer Schnecke zählt.

Das triste Leben der Schnecke, die gegessen wird, oder: Opfer einer dekadenten Kulinarik

Schnecken sind klein, sie machen keine wahrnehmbaren Laute, sie kuscheln nicht mit Menschen und existieren generell unter der Wahrnehmungsschwelle von Menschen. Aber sie leiden! Sie müssen leiden, weil sie von vielen Menschen gegessen werden. Das ist völlig unnötig, die Schnecke weist keine besonderen Nährwerte auf, die mensch nicht auch auf anderem Weg zu sich nehmen kann, aber offenbar finden es manche „hip“, „des escargots“ zu essen. Der traurige Weg von der Schneckenfabrik auf den Teller schaut für die Schnecke generell so aus: Zuerst wird sie auf einer sogenannten Schneckenfarm oder „Manufaktur“ gezüchtet. Hier tummeln sich hundert Schnecken auf einem einzigen Quadratmeter. Damit sie nicht abhauen, beschmiert man die Umzäunung mit Fett und Salz, was für die Schnecken unangenehm ist. Unsere Schnecke kennt daher kein Leben in Freiheit, sondern wird bloß „produziert“ um „geerntet“, „ausgenommen“ und gegessen zu werden. Ein paar Tage bis zu zwei Wochen (!) vor der Zubereitung gibt man ihr nichts mehr zu essen und sie hungert. Danach wird sie in Essig „gereinigt“, d.h. ordentlich verätzt, und ins kochende Wasser geworfen, in dem sie dann stirbt. Wir möchten uns in der Folge die Situation der Schnecken genauer ansehen, denn das, was wir gerade beschrieben haben, ist weder ein angenehmes Leben noch ein angenehmer Tod.

Ein Schneckenleben zählt genauso viel

Wir können aus Platzgründen hier keine metaphysischen Überlegungen anstellen, weshalb wir gewisse Prämissen voraussetzen müssen (d.h. wir werden nicht untersuchen, ob die folgenden Voraussetzungen gelten sollen und warum, sondern nehmen sie als gegeben an, denn irgendwo muss man beginnen). Für einen solchen Ausgangspunkt unserer Betrachtungen kommen wir zum süßen Hundebaby, zur kleinen Katze und zum unschuldigen Kalb der Einleitung zurück. Wir nehmen daher an, dass alle (vernünftigen) Menschen davon ausgehen, dass man diesen Dreien keine Leiden zufügen sollte. Wenn wir von dieser Voraussetzung ausgehen, ist es ein kurzer Schritt zum Schluss, dass wir auch der Schnecke kein Leiden zufügen sollten. Denn „die Anzahl der Beine, die Behaarung der Haut oder das Ende des Kreuzbeins [sind] gleichermaßen ungenügende Argumente [...], um ein empfindendes Wesen dem gleichen Schicksal zu überlassen“. Dieses berühmte Zitat von Jeremy Bentham drückt aus, dass es keinen Unterschied macht, ob ein Tier klein, groß, behaart, menschlich, süß oder nicht süß ist. Denn wenn man eines dieser Merkmale nimmt und sagt: diesen möchte ich helfen, aber jene darf ich quälen- wo ziehe ich die Grenze? Jede Grenze ist subjektiv und mehr oder weniger zufällig. Es kommt daher nicht darauf an, wie ein Tier beschaffen ist oder wie es aussieht oder ob wir es süß finden. Bentham denkt auch so: „Die Frage ist nicht 'Können sie denken?' oder 'Können sie reden?', sondern ‚Können sie leiden?“.

Wir wissen, dass Kälber auf den Transporten schwere Qualen leiden, wir wissen, dass unzählige Rinder, Schweine und andere „Nutztiere“ zu Unrecht gequält und getötet werden. Und wer die Arbeit des VGT nur ein wenig verfolgt, weiß, dass wir unermüdlich für alle hier Genannten kämpfen. Wir meinen aber, dass es die Schnecke auch verdient, beachtet zu werden. Deswegen schauen wir auch nicht weg, wenn Schnecken Leid zugefügt wird.

Man darf Schnecken nicht quälen

Es gibt Stimmen, die behaupten, dass Schnecken nicht leiden würden. Es gibt Stimmen, die behaupten das Gegenteil. Die Antwort heute ist aber einfach: Wir wissen es nicht. Die Situation erinnert ein wenig an die Situation der Fische vor nicht allzu langer Zeit. Schließlich dachte man lange auch, dass Fische keine Schmerzen empfinden können und keine Gefühle hätten. Nur engagierten Fürsprecher_innen für die Fische war es zu verdanken, dass wir nun alle wissen, dass dem nicht so ist. Wir können heute mit Sicherheit sagen, dass Fische Schmerzen fühlen.1

Es ist durchaus wahrscheinlich, dass auch Schnecken fühlen und genauso wahrscheinlich, dass die Wissenschaft das in nicht allzu ferner Zukunft feststellen wird. Aber selbst wenn wir es nicht mit Sicherheit wissen, ist es besser, jemanden zu schaden in der vagen Hoffnung, dass er eh nicht leidet oder ist es besser, jemanden besser nicht zu verletzen, wenn die Möglichkeit besteht, dass er dadurch zu Schaden kommt oder leidet? Wir glauben, das zweite ist der Fall: Wenn wir nicht wissen, ob jemand leidensfähig ist, sollte man ihn besser nicht verletzen. Immerhin können wir ja auch bei unseren Mitmenschen nicht mit Sicherheit sagen, dass sie leiden oder genauso leiden wie wir, immerhin fühlen wir ja nicht, wie sie sich fühlen, wir mutmaßen ja nur, dass sie es tun, weil sie ihr Gesicht so verziehen wie wir selbst (vgl. z.B. John Stuart Mill: „By what evidence do I know, or by what considerations am I led to believe, that there exist other sentient creatures?“, An Examination of Sir William Hamilton‘s Philosophy).

Darüber hinaus gibt es aber ohnehin gute Gründe anzunehmen, dass Schnecken Schmerzen empfinden: Schnecken sind eine Klasse der Weichtiere. Weichtiere verfügen über eine ähnliche Nomenklatur von Sinnesorganen wie Wirbeltiere, so hat die Schnecke Augen, die in ihrer Leistungsfähigkeit jenen von Wirbeltieren zu vergleichen ist. Die Schnecke verfügt auch über Nerven und es gibt Forschung, die Schmerzreaktionen von Schnecken dokumentiert hat2 (vgl. auch Donald M. Broom: The Welfare of Invertebrate Animals such as insects, spiders, snakes and worms). Vertreter_innen der These, dass Schnecken keine Schmerzen empfinden, begründen ihre Auffassung damit, dass Weichtiere zwar Nerven, aber kein den Wirbeltieren vergleichbares System von Nerven haben, weshalb Schmerzen nicht bewusst wahrgenommen würden. Das hat man früher aber auch von Krebsen und Hummern gedacht, eine Auffassung, die heute nicht mehr haltbar ist (Binder, Kommentar zum TSchG, zu § 3 Abs 2). Es bleibt also dabei: Wir wissen es nicht und daher besser auf der sicheren Seite sein und kein Leid zufügen!

Nur der Vollständigkeit halber: Auch wenn es in diesem Artikel – wie oben erwähnt – nicht um die Gartenschnecke geht, so gilt natürlich auch für diese, dass sie leidensfähig ist. Manche Menschen scheinen das Lebewesen in der Gartenschnecke überhaupt nicht wahrzunehmen und schneiden (!) die Schnecken mit Scheren auseinander oder streuen Salz über die Schnecken, was sie verätzt. Das ist unglaubliches Leid und muss nicht sein (auch wenn der Umgang mit Gartenschnecken schwierig ist, gibt es trotzdem andere Möglichkeiten mit den Gartenschnecken umzugehen, z.B. mittels Permakultur)!

Exkurs: die rechtliche Situation der Schnecken

Die Schnecken gelten natürlich als „Tiere“ im Sinne des Tierschutzgesetzes. Ihnen kommen aber nicht die gleichen (ohnehin sehr minimalen) Schutzbestimmungen zu Gute wie anderen Tieren. Das gesamte Tierschutzgesetz gilt nur für Wirbeltiere, Kopffüßer (zu denen z.B. die Tintenfische gehören) und Zehenfußkrebse. Darüber hinaus ist nicht klar, ob die Schnecken unter den zentralen Tierquälereitatbestand des § 5 TSchG fallen, denn die Fähigkeit zur Schmerzempfindung ist Voraussetzung für die Zufügung von Schmerzen. Wenn nun eine Behörde, die sich mit einem Fall von Tierquälerei bei Schnecken beschäftigt, feststellt, dass Schnecken diese Fähigkeit nicht haben (was aber nicht gesichert ist! Siehe oben), dann könnte ein_e Tierquäler_in eine Schnecke straflos quälen.

Die Situation der Schnecke ist trist. Keiner beachtet sie und sie hat wenig Rechte. Wir finden das unfair! Wir werden für die Schnecke kämpfen und fordern daher, dass der Gesetzgeber unmissverständlich klarstellt, dass man auch Schnecken nicht quälen darf. Es gibt zwar Stimmen in der Literatur, die pro Schnecke der Ansicht sind, dass auch bei geltender Rechtslage angenommen wird, dass Tiere Schmerzen empfinden, solange das Gegenteil nicht bewiesen ist; das steht aber nicht ausdrücklich im Gesetz und man kann daher nie sicher sein, wie das eine Behörde sieht. Wir fordern daher, dass der § 5 des TSchG ausdrücklich um eine Bestimmung ergänzt wird, wonach bis zum Beweis des Gegenteils angenommen wird, dass jedes Tier als schmerzempfindlich gilt. Dann haben wir Rechtssicherheit! Aber nicht nur in das Tierschutzgesetz müssen die Schnecken Eingang finden, sondern man muss auch daran denken, dass die Schnecken transportiert werden (z.B. von der Schneckenfabrik zum Wirten). Bislang haben sie kaum diesbezügliche Rechte. Deswegen fordern wir auch, dass der Anwendungsbereich des Tiertransportegesetzes auf die Schnecken ausgedehnt wird, denn auch regelloses Transportieren verursacht Leid!


(1) Sneddon, Lynne U.: Evolution of nociception and pain: evidence from fish models, in: Phil. Trans. R. Soc. Vol. 374 Issue 1785

(2) Hirst,M und M. Kavalliers: Tolerance to morphine-induced thermal response in the terrestrial snail, Cepaea nemoralis, 1983, Neuropharmacology. 22:1321 -1326.

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