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Tierrechtspartei im holländischen Parlament!

Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (22.11.2006)

Wien, 22.11.2006

Erstmals in Europa erobert eine Tierschutzpartei zwei Abgeordnetenmandate

Erstmals in Europa erobert eine Tierschutzpartei zwei Abgeordnetenmandate

Die Parlamentswahl in den Niederlanden hat einen historischen Durchbruch für den Tierschutz gebracht. Denn erstmals nicht nur in Europa sondern weltweit hat eine Tierrechtspartei mit gleich zwei Abgeordnetenmandat den Einzug in ein Bundesparlament geschafft.
Begünstigend für den Erfolg der Partei dürfte vor allem auch die Tatsache sein, dass Holland einer der weltweit größten Fleischproduzenten ist und eine extreme Dichte an massentierhalterischen Tierfabriken im Land besitzt, teilweise in Dimensionen, die - zumindest quantitativ - selbst das Schlimmste in Österreich in den Schatten stellen, beispielsweise sind Betriebe mit zigtausenden oder sogar hunderttausenden von Schweinen keine Seltenheit.

Tiere in die Verfassung

"Wir wollen eine Verfassungsänderung, die den Tieren das Recht auf Freiheit von Schmerz, Angst und Stress garantiert, die von Menschen verursacht sind", bringt die 34jährige Vorsitzende der Partei Marianne Thieme eines der Hauptanliegen der PvdD – der „Partij voor de dieren“ („Partei für die Tiere“) – auf den Punkt. Ihr vorrangiges Ziel ist die Verankerung von Tierrechten in der niederländischen Verfassung.
Radikalere Tierschützer konnten sich bei der Verabschiedung des Parteiprogramms mit ihren Forderungen nach einem Verbot von Zoos und nach einer landesweiten Vegetarismus-Pflicht nicht durchsetzen.

Pragmatische Vorgehensweise

Als erste konkrete Schritte zur Verwirklichung von Tierrechten will die PvdD die artgerechte bzw. extensive Tierhaltung fördern und die schlimmsten Praktiken der industriellen Landwirtschaft wie Schlachten und Kastration ohne Betäubung beenden.
Zwar stehe das auch in den Programmen der meisten anderen Parteien, räumt Thieme ein. Doch wachse die Zustimmung zur PvdD seit ihrer Gründung 2002, weil die etablierten Parteien und Politiker den Tierschutz offensichtlich nicht ernst genug nehmen.
Die holländische Tierrechtspartei ist eine von 24 politischen Gruppierungen, die angetreten sind. Zehn von ihnen haben den Sprung ins Parlament geschafft. Bereits 2003 verpasste die PvdD nur knapp den Gewinn eines Mandats, sie erhielt 48.000 Stimmen, das waren bloß 2.000 zu wenig.

Tierschutz zunehmend ernstzunehmendes politisches Thema

"Plötzlich reden alle politischen Parteien über Tiere. Wir nehmen ihnen Wähler weg", freut sich Thieme. Die PvdD-Wähler sind ihrer Einschätzung zufolge nicht nur Linke und politisch progressive und alternative Menschen, sondern auch traditionelle Wähler christlicher und konservativer aber auch liberaler Parteien, für die die systembedingte und alltägliche Misshandlung von Tieren in ihrem eigenen Land gegen ihre Werte verstößt.
Aber auch bisherige Nichtwähler aus der Arbeiterklasse, die Haustiere hätten und ein ausgeprägtes Gefühl für soziale Gerechtigkeit hätten, unterstützen sie, analysiert die Parteichefin.

Zulauf durch BSE und Vogelgrippe 

Neben dem fragwürdigen Status der Niederlande als einer der weltweit größten Fleischproduzenten hat aber auch der Ausbruch und die Bekämpfung von durch die Massentierhaltung bedingten Tierseuchen in den vergangenen Jahren der Tierschutzpartei weiteren Zulauf gebracht.
So wurden etwa vor drei Jahren wegen der Vogelgrippe 30 Millionen Hühner getötet. 89 Menschen erkrankten, es gab einen Toten. Die Regierung verfügte zur Eindämmung der Seuche sogar, dass Kinder ihre als Haustiere gehaltenen Vögel abgeben mussten, die dann mit Gas getötet wurden – nicht nur aus PR-Sicht ein (auch ethisches) Desaster ersten Ranges.

Schutz für die Schwächsten

Neben dem Tierschutz will sich die PvdD im Parlament auch für den "Schutz der schwächsten Mitglieder der Gesellschaft" einsetzen, wie Thieme erläutert. Ein Wahlerfolg ihrer Partei könne der Tierrechtsbewegung in ganz Europa weiteren Auftrieb geben. "Eines unserer Ziele ist es, eine Inspiration für andere Länder und Tierrechtsaktivisten zu werden."

Holland kein Einzelfall

Doch Holland ist bei weitem nicht das einzige Land, wo sich Tierschutz und Tierrechte parteipolitisch formieren. So gibt es – wenn auch lange noch nicht so erfolgreich wie in den Niederlanden - in Belgien, Spanien, Frankreich, Luxemburg und Griechenland Tierschutzparteien. Und auch Deutschland ist schon im Aufbruch:
Bereits seit ihrem Gründungsjahr 1993 existiert in Deutschland eine Partei mit dem Namen „Die Tierschutzpartei“ – und einer dem entsprechenden Programmatik. Eine ihrer zentralen Forderungen ist die Aufnahme tierischer Grundrechte in einem eigenen Artikel ins Grundgesetz. Dieser soll folgendermaßen lauten:
„Tiere werden als unsere Mitgeschöpfe um ihrer selbst willen geachtet, geschützt und vor Leiden bewahrt. Entsprechend ihrem Schmerzempfinden und ihren Gefühlen sind ihnen arteigene Rechte einzuräumen.“

Am 18. März 2001 erreichte die Kleinpartei bei den Kommunalwahlen in Hessen mit einem Sitz im Landkreis Darmstadt-Dieburg ihr erstes kommunales Mandat. Bei der Bundestagswahl 2002 kam die Partei auf immerhin 0,33% der Stimmen. Im Jahr 2004 erzielte die Partei bei der Europawahl am 13. Juni mit 1,3% und bei der Landtagswahl in Sachsen am 19. September mit 1,6% ihre bisher größten Wahlerfolge. Zur Bundestagswahl 2005 erreichte die Partei insgesamt 0,23%. Aufgrund der Kürze der Vorbereitungszeit war sie aber lediglich in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hamburg angetreten. Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 26. März 2006 kandidierte die Tierschutzpartei zusammen mit der „ödp“, den „GRAUEN“ und Wählergemeinschaften als Wahlbündnis „Gerechtigkeit, Umwelt, Tierschutz (GUT)“, das 0,8% erreichte.

Vorbild für Österreich?

Ralph Chaloupek, Sprecher der "StudentInnen für Tierrechte" und Mitarbeiter des VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN, zum Aufkommen dieser neuen politischen Player:

"Die katastrophale Situation der Tiere ist der große blinde Fleck in unserer Gesellschaft. Viel zu viele Menschen sehen noch nicht oder wollen einfach nicht wahrhaben, was auch in ihrem Namen an grauenhaften, ja verbrecherischen und zumeist industriell organisierten Ausbeutungen und Mißhandlungen zahllosen sogenannten Nutztieren oder Versuchstieren angetan wird. Ob bei Tiertransporten, in Tierversuchslaboren, in Pelzfarmen oder in den Tierfabriken der industriellen Landwirtschaft – all diese Phänomene sind keine abstrakten, fernen Übel sondern allgegenwärtige Dinge, die in jedem einzelnen europäischen Land, gerade auch in Österreich, eine brutale, gnadenlose Realität darstellen, und manchmal praktisch vor der eigenen Haustür geschehen – kaum jemand etwa, der nicht schon Zeuge eines Tiertransports auf heimischen Straßen geworden wäre, in seiner Ohmacht und Hilflosigkeit aber zu mehr als fassungslosem Kopfschütteln einfach nicht imstande war.

Die Machthabenden im Lande, die sogenannten Eliten, aber vor allem die etablierten Parteien und ihre Politiker, überbieten sich in einer beispiellosen Ignoranz und Gleichgültigkeit gegenüber diesen himmelschreienden Problemen – viele von ihnen beteiligen sich sogar aktiv an der Aufrechterhaltung dieser längst zum System gewordenen Mißstände, am systematischen Vertuschen, Kleinreden, Schönfärben – und oft genug auch durch aktive politische Förderung bzw. Lobbying zugunsten der tierquälerischen Strukturen und Industrien.

Doch das Maß des Erträglichen ist längst überschritten, wenn die etablierten Parteien und ihre "VolksvertreterInnen" nicht bald ernsthafte Bemühungen an den Tag legen, diese katastrophalen Missstände endlich aus der Welt zu schaffen und wirksame Konzepte für eine Weichenstellung in Richtung einer zeitgemäß-tierfreundlichen, humanen Gesellschaft zu entwickeln, so haben sie ihre Legitimation verspielt und werden mit ernstzunehmenden neuen politischen Kräften rechnen müssen! Gerade auch österreichische PolitikerInnen sollen sich das mit roter Farbe dick in ihr Stammbuch schreiben ..."

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