Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (26.11.2020)
Wien, am 26.11.2020Ist Zirkus Tierquälerei?
Antworten auf die gängigsten Fragen rund um Ponys, Kamele & Co beim Zirkus
Seit vielen Jahren macht der VGT auf das Leid von Zirkustieren aufmerksam. Seit 2005 gibt es in Österreich ein Wildtierverbot im Zirkus. Doch immer noch leiden zahlreiche Pferde, Kühe, Hunde und andere Tierarten in nationalen und internationalen Zirkussen, die in Österreich Station machen. Wir beantworten die brennendsten Fragen zum Thema Tierzirkus!
Was ist so schlimm für die Tiere im Zirkus?
Zirkusse sind wirtschaftliche Betriebe, die Geld verdienen wollen. Viele Zirkusse benutzen Tiere für ihre Shows, weil Tiere nun mal große Publikumsmagneten sind. Doch die meisten Besucher:innen sehen nicht das Leid, das sich hinter den Tier-Shows verbirgt. Die Tiere leben in engen Boxen, bekommen oft nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Auslauf. Oft haben Tierschützer:innen dokumentiert, dass Tiere auf Beton stehen müssen, ohne Schutz vor der Sonne, ohne Wasser, oder mitten neben stark befahrenen Straßen. Für die Dressurnummern wird oft noch Gewalt eingesetzt – die Peitsche ist bei fast jeder Tiershow mit dabei. Ein anderer Zirkus wurde vom VGT wegen Verdachts auf Rollkur angezeigt. Die laute Manege ist für die sensiblen Tierohren purer Stress – eine Umgebung, die sich ein Tier niemals freiwillig aussuchen würde! Die Zirkusse wechseln häufig den Spielort, das bedeutet für sie einen lebenslangen Tiertransport.
Dabei werden laut einigen Insider:innen auch die Transportbestimmungen (z.B. die Transportzeiten) nicht immer eingehalten. Behördliche Genehmigungen und Kontrollen, wie sie für andere Transporte (zB.. grenzüberschreitende Langstreckentransporte) vorgeschrieben sind, werden oft nicht durchgeführt.
"Die Zirkusleute lieben ihre Tiere!" Oder nicht?
Wer Tiere liebt, der zwingt sie nicht, in engen Manegen aufzutreten, zu lauter Musik im Kreis zu laufen, und Kunststücke vorzuführen, für die oft die Peitsche eingesetzt wird. Wer seine Tiere liebt, sorgt dafür, dass sie genügend Auslauf haben, und ein Zuhause, wo sie sich wohlfühlen. Für all diese natürlichen Bedürfnisse ist im Zirkus zumeist nicht gesorgt. Die Tiere leben in engen Boxen oder gar direkt im Tiertransporter, wechseln häufig den Standort und werden für Geld zur Schau gestellt. Sie können sich ihre Sozialpartner:innen nicht aussuchen und wenn sie krank oder verletzt sind, werden sie häufig keinem Tierarzt/keiner Tierärztin vorgestellt. Wie Tiere im Zirkus wirklich behandelt werden, sieht man nur, wenn man hinter die Kulissen blickt – oft schon musste der VGT Zirkusse wegen Tierquälerei und auch illegalen Bettelns anzeigen2. Bitte überlegen Sie sich, wie Sie sich in der lauten Manege fühlen würden. Tiere würden so ein Leben freiwillig sicher nicht wählen
Wieso sind Zirkusse gefährlich?
Zirkusse kümmern sich oft nicht ausreichend um ihre Tiere. Häufig werden kranke oder verletzte Tiere angetroffen, die nicht tierärztlich versorgt werden. Offenbar will man hier sparen oder es fehlt die Fachkenntnis. Zusätzlich gefährden Zirkusse sowohl Tiere als auch Menschen, indem Tiere nur ungenügend verwahrt werden. Schlecht befestigte Zäune, offengelassene Gehege oder menschliches Versagen führen dazu, dass Tiere ausbrechen und auf Straßen umherirren. Häufig wurden dabei schon Tiere lebensgefährlich verletzt. Auch für Autofahrer:innen stellt das eine Gefährdungslage dar. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Tierhalter:innen ihre Tiere so verwahren, dass ihnen kein Schaden oder Leid entstehen kann. Der VGT muss leider immer wieder dokumentieren, dass Zirkusse das vernachlässigen! In Ländern, in denen Wildtiere erlaubt sind, kommt es zu noch gefährlicheren Begegnungen zwischen Tieren und Zirkusbesucher:innen. Die Eurogroup for Animals listet in einem Report auf, wie viele Unfälle mit Zirkustieren in den vergangenen Jahren passiert sind. Einige davon gingen tödlich aus. Als Wildtiere in Österreichs Zirkussen noch erlaubt waren, kam es auch bei uns zu einigen oft sogar tödlichen Unfällen.
Die Kinder lieben aber den Zirkus!
Kinder lieben Tiere - aus gutem Grund. Tiere sind wunderbare Lebewesen, und es ist schön, sie aus der Nähe beobachten zu können. Aber bei lauten Zirkus-Shows, in denen Tiere als Clowns verkleidet Kunststücke machen müssen, lernen Kinder nichts über das natürliche Verhalten der empfindsamen Lebewesen. Im Gegenteil: sie lernen, dass es richtig sei, die Bedürfnisse und Rechte anderer Lebewesen zu ignorieren. Dabei sollten wir ihnen beibringen, dass es wichtig ist, andere mit Respekt zu behandeln - selbstverständlich auch nichtmenschliche Tiere. In einem veganen Lebenshof können Kinder Tiere bewundern, die aus qualvollen Haltungen befreit wurden und jetzt ein gutes Leben haben dürfen. Das ist pädagogisch wertvoll und für alle Beteiligten eine wertvolle Erfahrung.
Wieso dürfen Kamele, Lamas und Dromedare auftreten, ich dachte Wildtiere wären verboten?
Kamele, Lamas und auch Dromedare gehören laut Tierschutzgesetz §4 Ziffer 2 zu den Haustieren und nicht zu den Wildtieren. Daher ist es auch erlaubt, dass sie in Zirkussen auftreten, obwohl es dank VGT seit 2005 ein Wildtierverbot im Zirkus gibt. Zum Schaden der Tiere – Kamele z.B. leben ursprünglich in Steppen oder Wüsten, und laufen bis zu 200km an einem Tag. Im Zirkus stehen ihnen nur wenige Quadratmeter zur Verfügung. Durch hartnäckige Arbeit hat der VGT es geschafft, dass mit der Heimtiernovelle 2024 der Einsatz von Cameliden und Wasserbüffeln in österreichischen Zirkussen ein Ende hat. Das Gesetz tritt am 1. Juli 2026 in Kraft.
Die Zirkusse haben immer so wenig Geld und kein Futter für die Tiere - sind die Tiere nicht arm?
Ja, die Tiere sind sehr arm. Aber vorrangig, weil sie zu einem Leben im Zirkus gezwungen werden. Wer in Notzeiten Tierzirkusse mit Spenden unterstüzt, sorgt dafür, dass das System Zirkus weiter aufrechterhalten wird. Ein System, in dem die Tiere die Leidtragenden sind, und zu ihrem Schaden zu Geld gemacht werden. Wer Tieren nachhaltig helfen will, unterstüzt Projekte, die sich darum kümmern, dass es den Tieren wirklich gut geht – wie z.B. bei den veganen Gnadenhöfen in Österreich. Je mehr Geld in den Zirkus gesteckt wird, desto länger wird es Tiere geben, die für das Zirkusgeschäft ausgenutzt werden.
Ist das Spendensammeln mit Tieren, wie es Zirkusse gerade im Winter oft betreiben, erlaubt?
Die Sicherheitsgesetze der Bundesländer erlauben prinzipiell das Betteln mit Tieren, allerdings ist das gewerbsmäßige Betteln, wie es die Zirkusse betreiben, verboten.1 Außerdem gibt es bei diesen Sammlungen in der Regel keine ausreichende Versorgung mit Wasser und Raufutter, was einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und seine Verordnungen darstellt. Bei den Transporten zu den Bettelorten wurde auch schon Gewalt dokumentiert. Ein Einkaufszentrum ist keine artgerechte Umgebung für ein Pony! Wenn Sie beobachten, wie mit Tieren Geld für den Zirkus gesammelt wird, informieren Sie bitte die örtliche Polizei und den VGT!
Die Zirkusse wollen doch auch nur überleben!
Ja, und uns liegt auch daran, dass es den Menschen im Zirkus gut geht. Aber nur damit es Menschen gut geht, dürfen keine Tiere leiden! Es gibt inzwischen zahlreiche Zirkusse, die ganz ohne Tiernummern auskommen, und eine hervorragende Show bieten. Tierleidfreie Zirkusse sind die Zirkusse der Zukunft – und die unterstützen wir sehr gerne!
Und was geschieht jetzt mit den Tieren?
Es gibt in Österreich nicht mehr viele Tierzirkusse. Die Tiere, für die die Zirkusse laut eigenen Angaben ohnehin kaum noch sorgen können, sollen auf gute Plätze in Tierparks oder auf Gnadenhöfen kommen, wo sie endlich so leben können, wie sie es verdient haben. Mit ausreichend Platz und ohne die für sie stressigen Vorstellungen mit ohrenbetäubender Musik und lautem Geklatsche. Das wäre tierfreundlich.
Ist Zirkus Tierquälerei?
Alle oben genannten Aspekte zusammengefasst muss man zu dem Schluss kommen, dass Zirkus eine Quälerei für Tiere ist. Lebenslange Transporte, viel zu wenig Auslauf, stressige Vorführungen mit Dressurnummern, für die oft Gewalt angewendet wird – das sind alles artwidrige und lebensfeindliche Umstände, denen Tiere im Zirkus ausgesetzt werden.3
Darum bitten wir Sie – besuchen Sie keine Zirkusse, in denen Tiere in der Manege zu Clowns gemacht und entgegen ihrer natürlichen Bedürfnisse gehalten werden!
(1) Das sogenannte Bettelverbot ist zu recht umstritten. Doch die Tiere sollten vor Missbrauch durch das gewerbsmäßige Betteln der Zirkusleute geschützt werden!
(2) Seit etlichen Jahren macht der VGT auf die Unart von Zirkussen, Tiere zum Betteln zu missbrauchen, aufmerksam. Doch bisher blieben die Anzeigen bei den Behörden ohne Erfolg.
(3) Bereits 1998 stellte der Wr. Rat der Sachverständigen für Umweltfragen in Bezug auf Wildtiere fest, dass die Bedingungen im Zirkus durch den Stress bei den Shows und den Transporten und die engen Boxen eine aus Tierschutzsicht unzumutbare Belastung für die Lebewesen darstellen (vgl. Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 18.1.1998)