Hintergrundwissen Wassertiere
Beim Thema „Tierschutz und Wassertiere“ stellen sich einige grundlegende Fragen: Was sind Wassertiere überhaupt? Um welche Tiere bzw. Tierarten handelt es sich? Wie ist das mit dem Wasser? Um welche Probleme geht es? Diese und einige andere Fragen zum Thema werden hier beantwortet.
Gleich vorneweg, weil es ein zentraler Punkt der Thematik ist: Sehr viele Wassertierartene sind empfindungsfähige Lebewesen. Schmerzen nehmen die meisten wahr und leiden darunter. In unterschiedlicher Art und Weise. Meeressäugetiere beispielsweise haben ein ähnliches Schmerzempfinden wie Landsäugetiere oder wir Menschen selbst. Fische haben ebenfalls ein ähnliches Schmerzempfinden wie wir Menschen.
Von Weichtieren, Nesseltieren, Ringelwürmern, Stachelhäutern und Krebstieren weiß die naturwissenschaftliche Forschung vergleichsweise noch sehr wenig. Erste Studien lassen jedoch Vermutungen zu, dass auch diese Tierarten Schmerzempfinden haben.
Inwieweit Fischen ein Bewusstsein zuzuschreiben ist, ist aktuell Gegenstand der Forschung, und es gibt Versuche, die das nahelegen. Dass Oktopusse ein Bewusstsein von sich selbst haben, ist seit Jahren unumstritten. Die Tiere gelten außerdem als extrem intelligent. Dennoch werden sie weiterhin auf höchst grausame Art und Weise aus den Meeren gefischt und ohne Betäubung getötet.
Weil Wassertiere empfindungsfähige Lebewesen sind, ist es notwendig, die Stimme für sie zu erheben. Es ist notwendig, sich für sie einzusetzen, sie zu schützen, für sie zu kämpfen. Die Probleme, um die es dabei geht, sind sehr vielfältig. Überblicksmäßig werden weiter unten alle derzeit bekannten Themen kurz erwähnt.
Es ist wichtig, dass Informationen zum Thema „Tierschutz und Wassertiere“ umfassender als bisher öffentlich und bekannt gemacht werden. Denn bislang hatten die meisten Menschen wenig bis keine Ahnung davon, was Wassertieren angetan wird. Der VGT wird das ändern. Wir bringen Licht in die Untiefen der Ausbeutung von Wassertieren. Denn Wissen ist die Voraussetzung für Veränderungen. Für unsere Tierfreund:innen im Wasser!
Wassertiere
Wassertiere sind einfach beantwortet alle Tiere, die im Wasser leben. Im Süßwasser und im Salzwasser. Das sind ziemlich viele. Von sehr unterschiedlichen Arten. Es würde hier zu weit führen, bis ins letzte Detail zu gehen (Stichwort: Zooplankton). Denn schon ein grober Überblick verdeutlicht die Vielzahl an unterschiedlichen Arten von Wassertieren. Es gibt Fische, Wassersäugetiere (z.B. Wale, Delfine, Robben), Gliederfüßer (z.B. Hummer, Krebse), Weichtiere (z.B. Tintenfische, Muscheln), Stachelhäuter (z.B. Seesterne, Seeigel), Nesseltiere (z.B. Quallen), Ringelwürmer und Meeresschildkröten.
Nur ein Beispiel zur Veranschaulichung der Vielfalt und Mengen sei erwähnt: Die Online-Datenbank Fishbase nennt aktuell (Februar 2022) 34.700 bekannte Fischarten.
Süßwasser
Wasser ist nicht gleich Wasser. Auf der Erde gibt es Süßwasser und Salzwasser. Die Evolution hat für beide Wasserarten Tausende unterschiedliche, hoch spezialisierte Tierarten hervor gebracht. Einige Wassertierarten sind sogar an das Leben in beiden Wasserarten angepasst. Süßwasser sind die Bäche, Flüsse und Ströme – die Fließgewässer - die durch die Kontinente fließen und alle irgendwo in einem Meer münden. Außerdem noch die Weiher, Teiche und Seen, die es ebenfalls auf allen Kontinenten in unterschiedlichen Größen gibt.
Salzwasser
Alle Meere der Welt sind mit Salzwasser gefüllt. Sie sind Lebensraum von so vielen unterschiedlichen Wassertierarten, dass wir Menschen nicht wissen, wie viele es tatsächlich sind. Das Meer als Lebensraum ist immer noch wenig erforscht, zahlreiche Arten nach wie vor unbekannt. Sicher ist, dass wesentlich mehr Wassertierarten in den Meeren leben, als in den Gewässern auf den Kontinenten.
Fischerei
Das große Tierschutzthema im Zusammenhang mit Wassertieren ist die Fischerei. Meeresfischerei und Süßwasserfischerei. Netzfischerei, Angelfischerei, das Fischen mit Harpunen, Dynamit, Betäubungsmitteln, künstlichem Licht oder Echolot. Jede Form von Fischerei ist ein Tierschutzproblem. Bei jeder Form von Fischerei kommt es zu Tierquälerei. Im großen industriellen Stil auf den „fahrenden Schlachtfabriken“, wie die modernen Fischerboote auf den Meeren zu bezeichnen sind, ebenso, wie im Kleinen, wenn ein:e Fischer:in an einem Teich irgendwo in Österreich die Angelschnur mit Haken daran auswirft, um einen Fisch zu fangen.
Spezielle Tierschutzthemen bei der Fischerei
Als wäre die Fischerei an sich nicht schon tierquälerisch genug, haben sich dennoch durch Profitgier, Geschäftemacherei und Skrupellosigkeit Praktiken bei der Meeresfischerei entwickelt, die extrem brutal und tierquälerisch sind. Etwa das sogenannte „Finning“ bei Haien. Im Meer gefangenen Haien werden bei vollem Bewusstsein die Flossen abgeschnitten, die schwer verletzten Tiere werden danach wieder ins Meer geworfen, wo sie hilflos und qualvoll verenden. Das alles, weil der Handel mit Haiflossen sehr lukrativ ist. Der VGT unterstützt aktiv seit 2020 die europaweite Initiative „Stop Finning – Stop the Trade“.
Aquakultur
Aquakultur ist die Zucht und Haltung von Wassertieren unter (mehr oder weniger) kontrollierten Bedingungen. Betroffen sind bestimmte Fischarten (z. B. Lachse), Muscheln (z. B. Austern) und Krebse (z. B. Garnelen). Diese Liste wird länger. Alle in Aquakultur gezüchteten Wassertiere werden entweder als Nahrungsmittel für Menschen benötigt oder z. B. als Fischmehl zu Tierfutter verarbeitet. Der Begriff Aquakultur klingt irgendwie elegant. Verschleiert aber, was bei Aquakultur tatsächlich passiert. Aquakultur kann als industrielle Tierhaltung von Wassertieren bezeichnet werden. Mit sehr ähnlichen Missständen und Problemen, wie sie aus der industriellen Tierhaltung von Schweinen, Hühnern, Rindern, etc. bekannt sind. Aquakultur wird in den kommenden Jahren eines der großen Themen weltweit. Damit werden die Probleme für die betroffenen Wassertiere immens zunehmen. Sowohl die FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) wie auch die EU investieren schon jetzt enorme finanzielle Mittel in die Weiterentwicklung, den Ausbau, die Forschung und Kommerzialisierung der Aquakultur. Aquakultur wird auch in Österreich betrieben. So wurden laut Statistik Austria im Jahr 2020 insgesamt 4.527 Tonnen Speisefisch in 526 Aquakulturunternehmen erzeugt.1
Teichwirtschaft
Als Teichwirtschaft ist die Zucht von Süßwasserfischen in Teichen zu verstehen. In einigen Regionen Österreichs wird Teichwirtschaft seit mehreren Jahrhunderten ausgeübt. Die heutigen Zentren der Teichwirtschaft liegen im niederösterreichischen Waldviertel und der südlichen Steiermark. Tierschutzprobleme gibt es bei den Lebens- und Haltungsbedingungen der betroffenen Fischarten, bei der Betreuung der Tiere und bei den Transporten der Fische. Vor allem aber beim sogenannten „Abfischen“ der Teiche im Herbst. Im Waldviertel haben einige dieser tierquälerischen Fischereiveranstaltungen als „Abfischfeste“ fast schon Volksfestcharakter.
Wassertiere in Aquarien, Delfinarien, Zoos
Öffentlich zugängliche Aquarien, Delfinarien und Zoos gibt es in vielen Ländern der Erde. Beispielsweise in jedem EU-Land mehrere davon. In allen werden unterschiedliche Tierarten zur Schau gestellt.
Aquarien präsentieren den Besucher:innen hauptsächlich Wassertiere. Tierschutzrelevante Probleme gibt es bei der Haltung, Fütterung, Zucht und Betreuung der Wassertiere. Tier- und artenschutzrelevante Probleme kann es beim Handel von Wassertieren geben, die für Aquarien gekauft werden, bzw. die von Aquarien abgegeben werden. Österreichs bekanntestes Aquarium ist das Haus des Meeres in Wien.
Delfinarien sind Betriebe, die sich auf die Zurschaustellung von Delfinen, Walen und anderen Meeressäugern spezialisiert haben. Tierschutzrelevante Probleme gibt es bei der Haltung, Fütterung, Zucht und Betreuung der gehaltenen Tiere. Tier- und artenschutzrelevante Probleme gibt es beim Handel mit den Tieren aus den und in die Delfinarien. In Österreich gibt es zum Glück kein Delfinarium.
Zoos sind tendenziell eher auf die Zurschaustellung und Zucht von Landwirbeltieren (Tetrapoden) – dazu zählen auch die Vögel – spezialisiert. Im Trend liegen Anlagen, die die Zurschaustellung von Landwirbeltieren und Wassertieren kombinieren. Zoos mit Wassertieren gibt es in Österreich, z.B. Tiergarten Schönbrunn in Wien (Aquarienhaus).
Zurschaustellung von Wassertieren in Einkaufszentren
In den vergangenen 20 Jahren hat sich auch die Unsitte verbreitet, Wassertiere als „dekorative“ Einrichtungsgegenstände in öffentlich zugänglichen Einrichtungen wie beispielsweise Einkaufszentren zur Schau zu stellen. In Wasserbecken oder Aquarien. Das gibt es auch in Österreich. Tierschutzprobleme gibt es bei den Haltungs- und Lebensbedingungen, sowie der Betreuung der betroffenen Wassertiere.
Wassertiere im (tierführenden) Zoofachhandel
Im Zoofachhandel werden Wassertiere, hauptsächlich sogenannte „Zierfische“ - damit sind Fischarten gemeint, die wegen ihres Äußeren gerne in Aquarien gehalten werden – gehandelt. Tierschutzprobleme gibt es bei den Haltungsbedingungen und dem Transport der Wassertiere. Auch die Herkunft der im Handel angebotenen Wassertierarten kann ein Problem sein. Stichwort: Illegaler Handel mit geschützten Tierarten. Dieses Thema betrifft Österreich.Es existieren bundesweit mehrere Zoofachhandlungen, die Wassertiere und Zubehör anbieten.
Wassertiere als Heim- und Haustiere (Aquaristik)
Wie viele Menschen privat Wassertiere in Aquarien als Haus- bzw. Heimtiere halten, ist eine unbekannte Größe. Recherchen im Internet lassen den Schluss zu, dass die Gruppe der Aquarianer:innen – so werden Menschen genannt, die sich für die Haltung bzw. Zucht von Zierfischen und anderen Wassertieren in Aquarien begeistern – in Österreich groß ist. Vermutlich mehrere tausend Personen. Das bedeutet auch vermutlich Hunderttausende von Wassertieren, die in privaten Haushalten leben müssen. Tierschutzprobleme gibt es bei den Haltungs- und Betreuungsbedingungen der Wassertiere sowie beim Handel und Tausch mit den Wassertieren. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Aquaristik sind in der Anlage 5 – Mindestanforderungen für die Haltung von Fischen – der 2. Tierhaltungsverordnung definiert.
Wassertiere im Lebensmittelhandel und der Gastronomie
Schlimme und zahlreiche Tierschutzprobleme gibt es im Zusammenhang mit Wassertieren im Lebensmittelhandel und der Gastronomie. Beispielsweise das Kochen lebender Hummer in der Gastronomie. Oder das tagelange Hältern (= Aushungern von Wassertieren vor der Tötung) in zu kleinen und unstrukturierten Wasserbecken in Restaurants oder Fischhandlungen oder auf Märkten.
Handel und Schmuggel mit Wassertieren
Der weltweite legale und illegale Handel mit lebenden oder toten Wassertieren bzw. Teilen von toten Wassertieren und den sich daraus ergebenden Konsequenzen, die beträchtliche Tierschutz- und Artenschutzprobleme mit sich bringen, ist auch ein Thema in Österreich. Stichwort: Washingtoner Artenschutzabkommen.
Traditionelle Massentötungen von Wassertieren
Seit Jahren engagieren sich Tier- und Artenschutzorganisationen aus der ganzen Welt gegen vereinzelt stattfindende Massaker an Wassertieren. Ein Beispiel ist das jedes Jahr einmal stattfindende Delfinmassaker in Taiji in Japan. Auch auf den zu Dänemark gehörenden, im Nordatlantik zwischen Schottland, Norwegen und Island gelegenen Färöer-Inseln, findet traditionell einmal im Jahr ein organisiertes Abschlachten von Delfinen statt.