Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (27.05.2009)
Wien, am 27.05.2009Grausame "Schweinegrippe"-Hysterie in Ägypten
Unbeschreibliche, sinnlos-tierquälerische Massentötungsaktionen zur Ausrottung aller Schweine
Wenn es nach einigen maßgeblichen Politikern geht, wird von den 350.000 Schweinen Ägyptens schon bald keines mehr am Leben sein. Die Schweinegrippe hat in Ägypten einen massiven gesellschaftlichen Konflikt und barbarische Maßnahmen zur sogenannten „Massenkeulung“ – also der massenhaften Vernichtung der Tiere – ausgelöst, wie kaum jemals eine „Nutztier-“ und Landwirtschaftskrise zuvor. Dabei gibt es bisher in Ägypten noch keinen einzigen Fall der Schweinegrippe – weder unter Menschen, noch unter Tieren, bei denen der für Menschen gefährliche Virus ohnehin nie ausbricht.
In den christlichen Armenvierteln Kairos leben Schweine und Menschen dicht nebeneinander. Fast jede Familie hat Schweine im Hinterhof, die mit organischen Abfällen großgezogen werden. Das ist seit Jahrzehnten so und soll nun über Nacht ein Ende nehmen – und zwar auf denkbar grausame Weise. Die Polizei ist aufmarschiert um Demonstrationen gegen das Abschlachten der Tiere niederzuschlagen. Es herrscht das blanke Chaos.
„Keulen was geht!“ war zunächst die ultrabrutale Devise, also die „Vernichtung und Entsorgung“ der Tiere, doch der Gesundheitsminister hat sich nun – dann doch beeindruckt durch die einheimischen wie internationalen Proteste – für die „General-Schlachtung“ entschieden. Umfassend und flächendeckend getötet werden soll auch weiterhin: Alle gesunden Tiere sollen nach dem Schlachten eingefroren, in noch zu bestimmenden Einrichtungen zwischengelagert und später am Fleischmarkt verkauft werden. Die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) bezeichnet diese Maßnahme als einen Fehler, handelt es sich bei der sogenannten „Schweinegrippe“ Influenza A / H1N1 doch nicht um eine Tierseuche, sondern um einen Virus, der von Mensch zu Mensch übertragen wird. Auch den Verzehr von Schweinefleisch erklärte die FAO für völlig unbedenklich und risikolos.
Dennoch wurden allein an einem Wochenende in Kairo 28.000 Schweine in die Schlachthöfe gebracht. Nach Angaben des ägyptischen Landwirtschaftsministeriums benötigt man drei bis vier Wochen, um die ungefähr 350.000 Schweine zu schlachten. Nach der laut werdenden internationalen Kritik rechtfertigt die Regierung den Schritt nun nicht mehr als Maßnahme gegen die Schweinegrippe, sondern als „allgemeine Gesundheitsmaßnahme".
Doch diese so harmlos und euphemistisch als „Gesundheitsmaßnahme“ bezeichneten Vorgänge haben in der Praxis den Charakter eines absoluten Horrorszenarios: So wurden – wie Bilder beweisen, die etwa auch von großen deutschen Fernsehsehsendern ausgestrahlt wurden – Tausende von Schweinen lebendig und bei vollem Bewusstsein mit Baggern auf riesige LKW-Anhänger geschaufelt oder besser gesagt geworfen, wo sie unter dem Gewicht der anderen fast ersticken und in Todesängsten nach Atem ringen. Ist der LKW voll, werden sie zu ihren Massengräbern gekarrt und auch noch mit Kalk und giftigen Chemikalien „behandelt" bzw. überschüttet, die den Tieren noch zusätzliche, unvorstellbaren Schmerzen zufügen, bevor sie noch halb lebendig begraben oder in Gebirgsschluchten gestürzt werden …
Ursprünglich hatte Regierung und Berhörden wohl geglaubt, dass die Massenschlachtung anders als im Fall der Vogelgrippe vor einigen Jahren und der damals geschlachteten Hühner und anderes Geflügels in dem muslimischen Land kaum zu einem Aufschrei führen würde. Bei der überwiegenden Mehrheit der Schweinezüchter handelt es sich um die Minderheit der christlichen Kopten, da Schweine im Islam als „unrein“ gelten und von Moslems in der Regel weder gezüchtet noch gegessen werden. Und gerade das führt jetzt zu zusätzlichem Konfliktpotenzial, da die Schlachtungen das ohnehin angespannte muslimisch-koptische Verhältnis massiv verschärfen.
Einige fundamentalistische Prediger interpretierten die neue Krankheit bei ihrer Freitagspredigt bereits „als Strafe für alle, die sich von Gott abgewandt haben". Die unabhängige Zeitung Al Shorouq dagegen warnt angesichts dieser Hetze: „Ohne eine realistische Vision, wie mit dem Problem umzugehen ist, wird eine andere Epidemie ausbrechen, die hinter der Schweinegrippe lauert – die des religiösen Fanatismus."
Aber auf beiden Seiten gibt es auch Stimmen, die die religiöse Vereinnahmung und Aufladung des Konflikts verhindern wollen. Zwei koptische Abgeordnete gehörten im Parlament zu den lautstärksten Unterstützern der (wenn auch irrationalen) Maßnahmen zur radikalen Beseitigung der Schweinebestände. Hingegen die umstrittene „Muslimbruderschaft“, die größte islamische Oppositionsgruppe, kritisiert die Schweinekeulung als unüberlegt.
Nach dem internationalen Aufschrei von Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen sowie zahlloser entsetzter TierfreundInnen aus der ganzen Welt wurde von den ägyptischen Behörden mittlerweile angeordnet, die Tiere wenigstens einzeln zu schlachten, statt sie lebend zusammenzuschaufeln und dann in Schluchten und Massengräber zu stürzen. Die völlig sinnlose Massentötungsaktion an sich ist aber nach wie vor voll im Gange.
Wie können Sie helfen, dieses unnötigen Massaker
aufzuhalten?
Schreiben Sie an die ägyptische Botschaft in
Österreich, und fordern Sie sie auf, sich bitte
dafür einzusetzen, dass die ebenso sinnlose
wie grausame Tötungsaktion gestoppt wird.