Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (01.03.2007)
Tierheime 2007: Lösungen
Präambel
Derzeit ist die Bedarfsdeckung durch Tierheime in Österreich nicht gegeben. Tierheime kämpfen durchwegs mit schweren finanziellen Problemen und leiden unter Personalmangel. Aufgrund des chronischen finanziellen Engpasses, der fehlenden Anerkennung der Leistung von Tierheimen durch die Gesellschaft und der permanenten Überlastung, müssen viele Tierheime froh sein, wenn sie überhaupt den grundlegenden Betrieb aufrecht erhalten können.
Obwohl die meisten der BetreiberInnen und TierpflegerInnen hochmotiviert sind und teilweise schon Leistungen erbringen, die über ihre eigene Belastungsgrenze hinausgehen, ist es unter den gegebenen Umständen unmöglich den Tieren jene Unterbringung, jene Betreuung und im Bedarfsfall auch jenes Verhaltenstraining, jene Beschäftigungsprogramme, etc. zu bieten, die eigentlich wünschenswert und einer zivilisierten Gesellschaft angemessen wären.
Auch die Beratung, Vorbereitung und Nachbetreuung von Personen, die Tiere aus dem Tierheim übernehmen, ist aufgrund der knappen zeitlichen und personellen Ressourcen mangelhaft. Gerade hier wäre aber Potenzial moderne und tierfreundliche Umgangs- und Haltungsmethoden in der Bevölkerung bekannt zu machen und auf diese Weise den Tierschutzgedanken über die Tierheimgrenzen in die Bevölkerung zu tragen. Damit wäre nicht nur den Tieren gedient, die mit mehr Verständnis und besseren Haltungsbedingungen rechnen könnten, es wäre auch möglich vielen Problemen im Zusammenleben zwischen Menschen und Heimtieren rechtzeitig vorzubeugen bzw. diese sofern sie bereits aufgetreten sind, zu beheben oder wenigstens zu entschärfen. Auch die Tierheime hätten auf diese Weise weniger Rücklauf an Tieren und auch schwierigere Tiere könnten erfolgreich vergeben werden.
Die Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung des Personals sind aufgrund des finanziellen Engpasses extrem beschränkt. Meist können diese nur vom Personal selbst finanziert werden, was bei dem ohnehin extrem niedrigen Lohnniveau unzumutbar ist.
Selbst die Kastrationen der Katzen, die - wie es den TierheimbetreiberInnen nur allzu deutlich bewusst ist - zur Behebung der Katzenüberpopulation so dringend notwendig wären, können aufgrund des Geldmangels nicht flächendeckend gewährleistet werden.
Es besteht jedenfalls dringender Handlungsbedarf: Die Ursachen der permanenten Überbelegung müssen bekämpft werden und der Betrieb der Tierheime, die ja letztlich Aufgaben für die Allgemeinheit übernehmen, muss durch politische Maßnahmen finanziell abgesichert werden.
Ursachenbekämpfung
Tiere sind keine Wegwerfprodukte. Es sollte daher selbstverständlich sein, dass die Vermehrung von Tieren, die nicht selbst unabhängig lebensfähig sind, nur unter der Bedingung zulässt, dass deren Unterbringung gesichert ist. Derzeit trifft das auf viele Tierarten definitiv nicht zu. Eindeutiger Beleg dafür, ist die Überlastung der Tierheime. Der Gesetzgeber wäre daher dazu aufgefordert, Bestimmung zu erlassen, die eine tierfreundliche eindämmung der Vermehrung solcher Tiere vorsieht.
Kastrationen
Ein tierfreundliches Mittel um die Vermehrung von Tieren, vor allem Katzen und Hunden, einzudämmen, ist die Kastration.
Nach den vorliegenden Zahlen müsste es das vorrangigstes Ziel sein, die Katzenpopulation in den Griff zu bekommen. Das Tierschutzgesetz sieht zwar bereits eine Kastrationspflicht für FreigängerInnen vor, kennt aber Ausnahmen für die "bäuerliche" Katzenhaltung. Damit die Kastrationspflicht aber überhaupt eine effektive populationskontrollierende Wirkung entfalten könnte, müsste diese Ausnahme gestrichen werden. Eine Forderung die im Übrigen auch der Tierschutzrat schon mehrmals an das Tierschutzministerium heran getragen hat, allerdings leider bisher ohne Erfolg.
Die Kastrationspflicht müsste außerdem der Bevölkerung bekannt und verständlich gemacht werden. Nur so könnte letztendlich die leichtfertige Vermehrung von Katzen durch Privatpersonen eingedämmt werden, die wesentlich zur Überfüllung der Tierheime beiträgt.
Eine Kontrolle, ob der Kastrationspflicht nachgekommen wird, wäre ebenfalls notwendig und wünschenswert.
Zucht besteuern
Tiere sind fühlende Lebenwesen mit autonomen Wünschen und Interessen. Es ist generell fragwürdig Tiere zu Waren zu machen und sie zu verkaufen. Umso kritischer zu betrachten, ist der Umstand, dass Menschen Tiere vermehren um damit Geld zu verdienen, obwohl gleichzeitig eine große Zahl von Tieren in Tierheimen festsitzt und dringend Plätze für diese Tiere benötigt werden würden.
In der jetzigen Situation wäre es jedenfalls wünschenswert, die Zucht von Heimtieren zweckgebunden zu besteuern. Damit könnte ein doppelt positiver Effekt erzielt werden: Einerseits würde dadurch der Preis gezüchteter Tiere ansteigen und es wäre daher die Übernahme eines Tierheimtieres gegenüber dem Kauf eines gezüchteten Tieres finanziell interessanter, was zu einer Entlastung der Tierheime führen würde. Auf der anderen Seite könnten die damit erzielten zusätzlichen staatlichen Einnahmen zur Finanzierung von Tierheimen herangezogen werden.
Massenvermehrung verbieten
Die massenhafte Vermehrung von Tieren unter schlechten Verhältnissen für größeren Profit sollte generell verboten werden. Im Falle von Hundezüchtern sieht das beispielsweise so aus, dass mehrere Rassen parallel züchten und in einem Ausmaß und einer Intensität, dass die Hunde nicht mehr in den Familienverband integriert werden können.
Das Ergebnis sind Hunde in Zwingerhaltung und Welpen, die schlecht sozialisiert wurden, und in weiterer Folge oft zu sogenannten "Problemhunden" werden, die LangzeitbewohnerInnen von Tierheimen werden.
Befähigungsnachweise für TierhalterInnen
Vor allem die Haltung exotischer Tiere, wie z.B. bestimmter Fisch- und Papageienarten und Reptilien, kann sehr anspruchsvoll sein und viel Sorgsamkeit und Wissen erfordern. Unter den derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen werden solche Tiere trotzdem in großer Zahl gehandelt und verkauft. Die Käufer müssen in keinster Weise nachweisen, dass sie über die Anforderungen an die Haltung die diese Tiere stellen informiert sind, oder dass sie über die räumlichen Vorraussetzungen und Gerätschaften die zur Haltung erforderlich sind verfügen.
Auf Reptilienbörsen konnte mehrmals beobachtet werden, wie Leute spontan exotische Tiere in kleinen Transportbehältern kaufen. Bei Befragung gaben sie an, dass sie noch nie Reptilien gehalten hätten, nichts näheres über diese Tierart wüssten und dass sie Moment auch noch gar nicht über ein Terrarium verfügen würden, in dem sie das betreffende Tier unterbringen könnten.
Bei einigen Tierarte wären auch generelle Haltungsverbote diskussionswürdig. Insbesondere auch bei solchen Tieren, die ein beträchtliches Alter erreichen. Wer könnte seriös zusichern, die lebenslange artgerechte Unterbringung eines großen Papageies gewährleisten zu können, der 80 Jahre alt werden kann. In solchen Fällen stirbt der Halter mit großer Wahrscheinlichkeit vor dem betreffenden Tier. Ähnlich bei Schildkröten oder großen Schlangen.
Dass bestimmte Tiere nur an Menschen abgegeben werden dürfen, die einen entsprechenden Befährigungsnachweis vorlegen können, wäre in jedem Fall ein großer Fortschritt. Auf diese Weise könnte nicht nur verhindert werden, dass eine große Zahl dieser Tiere wegen falscher Pflege in privater Haltung elendiglich zugrunde gehen, auch die Anzahl der abgegebenen und beschlagnahmten Exoten, könnte auf diese Weise reduziert werden, was zu einer Entlastung der Tierheime führen würde.
Unbeabsichtigte Vermehrung vermeiden
Nach wie vor werden Tiere durch Unachtsamkeit oder weil das Geschlecht eines Tieres nicht richtig erkannt wird, unabsichtlich vermehrt. Derartige "Unfälle" kommen sogar in ohnehin schon überlasteten Tierheimen vor.
Unverständlich ist aber, wenn Tierärzte das Geschlecht eines Tieres falsch bestimmen, und es als Folge davon zu unbeabsichtigtem Nachwuchs kommt. Es wäre wünschenswert, wenn in der tierärztlichen Ausbildung auch vertiefend auf die Geschlechtsbestimmung eingegangen werden würde.
Außerdem wäre zu überlegen, ob Tierärzte nicht gesetzlich verpflichtet werden sollten, die Erhaltungskosten für Nachwuchs der aufgrund derartiger Fehldiagnosen entsteht, zu übernehmen.
Bewusstseinsbildung der Bevölkerung
Nach wie vor sind sich viele Menschen die Tiere zu sich nehmen nicht der Verantwortung bewusst, die sie damit eingehen. Vielmehr werden Tiere sehr leichtfertig und schnell aufgenommen. Später merken die neuen BesitzerInnen dann aber oft - insbesondere auch wenn sich ihre Lebenssituation ändert (z.B. Berufswechsel, neue Partnerschaft, Wechsel des Wohnorts) - dass sie das Tier nicht mehr bei sich haben wollen.
Dann muss das Tier weg und es wird davon ausgegangen, dass die zukünftigen Erhaltungskosten von anderen übernommen werden. Die verursachten Kosten werden also anderen übergehängt.
Hier wäre es verstärkt notwendig den Menschen klar zu machen, dass Tiere keine Einrichtungsgegenstände sind, die man anschaffen und später - wenn sie einem nicht mehr gefallen - wieder wegwerfen kann. Es müsste der Allgemeinheit deutlich gemacht werden, dass die Übernahme von Tieren eine große Verantwortung mit sich bringt und dass man schon im vorhinein genau darüber informiert sein sollte, welche Bedürfnisse das Tier hat und welchen Aufwand die Pflege bedeuten wird und dass die Versorgung des betreffendes Tieres auf dessen Lebenszeit sichergestellt sein muss.
Finanzielle Absicherung von Tierheimen
Tierheime werden als soziale Einrichtungen immer notwendig sein. Tierheime übernehmen Aufgaben für die Allgemeinheit, wie die Aufnahme beschlagnahmter oder herrenlos aufgefundener Tiere. Ebenso sind sie Zufluchtsort für (durch den Menschen) in Not geratene Wildtiere und Auffangstation für ungewollte Heimtiere.
Eine Basisfinanzierung für diese Einrichtungen durch die Gesellschaft ist also notwendig. Aufbauend auf dieser Basis, könnte dann mit Spenden eine über die Grundversorgung hinausgehende Struktur finanziert werden: Organisation der Tiervermittlung, Beschäftigungsprogramme für die Tiere (beispielsweise "Gassigehen"), wo nötig Verhaltenstraining und Resozialisierung, Auswilderungsprogramme für Wildtiere, Beratung für TierhalterInnen, Vor- und Nachbetreuung von TierhalterInnen denen Tiere vermittelt wurden, und so weiter.
Steuerliche Einnahmen
Grundsätzlich wäre eine Finanzierung der Tierheime nach dem Verursacherprinzip wünschenswert. Tatsächlich kommt aber eine große Zahl von Tieren (38%) jetzt schon ins Tierheim, ohne dass es Besitzer dazu gibt, etwa weil es sich um ausgesetzte Heimtiere oder Wildtiere handelt.
Aber auch bei den Abgabetieren wäre zu befürchten, dass es sich für diese negativ auswirken würde, wenn die abgebenden Besitzer für die zukünftige Erhaltung der Tiere zur Kasse gebeten werden würden. Unweigerlich würde ein derartiges Vorgehen dazu führen, dass mehr Tiere ausgesetzt oder (illegal) getötet werden würden.
Man könnte die allerdings die Serviceleistung "Tierheim" auch als "Versicherung" des eigenen Heimtiers begreifen. Diese "Versicherungsbeiträge" könnte man über eine Besteuerung tieraffiner Produkte, also vor allem Tiernahrung, aber auch Spielzeug und anderes Tierzubehör, einheben.
Tierheimsteuer
Der Nettoumsatz tieraffiner Produkte in Österreich beträgt etwa € 400 Mio. Bei einer 10%igen Besteuerung dieser Produkte in Form einer Tierheimsteuer brächte das Einnahmen von etwa € 40 Mio.
Für eine Abschätzung der Gesamtkosten die derzeit durch Tierheime entstehen, kann man die Zahlen von Dr. Schlager heranziehen. Die Gesamtkosten für die in der Untersuchung erfassten Tierheimtiere wurden mit etwa € 25 Mio geschätzt. Unter der Annahme dass etwa zwei Drittel der Tierheimtiere in der Untersuchung erfasst worden sind (es wurden sicher eher größere Tierheime erfasst), kommt man auf Gesamtkosten von etwa € 34 Mio.
Mit einer Tierheimsteuer, also einer 10%igen Besteuerung tieraffiner Produkte, die Gesamteinnahmen von etwa € 40 Mio bringen würden (von denen natürlich noch der Verwaltungsaufwand zur Einhebung der Steuer abgezogen werden müsste), ließen sich also der grundlegende Betrieb von Tierheimen in Österreich finanzieren.
Die eingenommenen Gelder müssten an die Tierheime leistungs- und zweckgebunden verteilt werden.
Tiere aus Verlassenschaften finanziell absichern
Derzeit ist es do, dass Tiere im Falle des Todes ihres Besitzers Teil der Erbmasse sind, und wenn es keine spezielle testamentarische Verfügung gibt, ihr weitere Versorgung nicht gesichert ist. Diese Situation ist vollkommen unbefriedigend und unverständlich.
Sinnvoll wäre es hier je nach Alter "Erbpflichtanteile" für die zurückgebliebenen Tiere festzulegen mit denen diese für den Rest ihres Lebens versorgt werden könnten.
Finanzierung beschlagnahmter Tiere
Es ist unverständlich, dass die Gesellschaft oder auch tierliebende Privatpersonen mit ihren Spenden, für die Versorgung beschlagnahmter Tiere aufkommen sollen. Immerhin handelt es sich hier beispielsweise bei der Beschlagnahme illegal eingeführter exotischer Tiere um einen eindeutigen Gesetzesbruch der importierenden Firma. Insofern wäre es doch eigentlich selbstverständlich dass dieser Firma nicht nur Besitz und Eigentum an den betroffenen Tieren entzogen wird, sondern dass diese auch zu der weiteren finanziellen Versorgung dieser Tiere verpflichtet werden müsste.
Zitat Schlager:
"Um den österreichischen Standard verbessern zu können,
ist es nötig, auf die bestehenden Defizite aufmerksam
zu machen und zusätzliche Wege der Finanzierung zu finden."
Zitat Schlager:
"Unterstützung ist ein Begriff der mehrere Komponenten umfassen kann, es mangelt an der Anerkennung der Bevölkerung, an Arbeitskräften, psychologischer Unterstützung, an einer Basis, die Informationsaustausch ermöglicht."