Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (28.01.2011)
Kastenstand: Der Horror jeder Zuchtsau
Kastenstände sind körpergroße Einzelkäfige für Zuchtsauen
Kastenstände sind körpergroße Einzelkäfige für Zuchtsauen, durch die fast
jede Bewegung unmöglich gemacht wird. Derzeit stehen viele Zuchtschweine
ihr ganzes Leben lang im völligen Stillstand in diesen Käfigen. Ab 2013
wird die Dauer, in der Zuchtsauen in Kastenstände eingesperrt werden dürfen,
aufgrund einer EU-Mindestrichtlinie auf ungefähr die Hälfte beschränkt.
Die Schweine müssen dann aber immer noch etwa 6 Monate pro Jahr im Kastenstand
ausharren. Tierschutzminister Stöger hat nun einen Verordnungsentwurf präsentiert,
der das Einsperren der Sauen in dieses tierquälerische Haltungssystem auf
etwa 1 Monat pro Jahr einschränken soll. Die Landwirtschaft läuft gegen
diesen Vorschlag Sturm.
Bitte helfen Sie! Fordern Sie Tierschutzminister Stöger und Landwirtschaftminister Berlakovich auf, die tierquälerische Kastenstandhaltung endgültig zu verbieten!
Inhalt
- Stellungnahme der österr. Tierschutzorganisationen zur Haltung von Schweinen
- Kastenstand
- Abferkelgitter
- Tierschutzproblem
- Missstandsfeststellung der Volksanwaltschaft
- Der neue Verordnungsentwurf
- Stellungnahme des VGT zum Verordnungsentwurf
- Alternativen zum Kastenstand
- Forderungen
Stellungnahme der österr. Tierschutzorganisationen zur Haltung von Schweinen
Am 6.6.2011 wurde folgende gemeinsame Stellungnahme zur Schweinehaltung an Tierschutzminister Stöger überreicht:
Download der Stellungnahme als PDF
Kastenstand
In der Phase der Befruchtung und der Schwangerschaft werden die Zuchtsauen
in Kastenstände gesperrt. Diese sind Sau an Sau angeordnet und ermöglichen
so eine platzsparende Aufstallung bei totaler Kontrolle über das Tier.
Bilder von Kastenständen in der Phase der Befruchtung und Schwangerschaft
der Schweine:
Abferkelgitter
In der Phase der Geburt und des Säugens werden die Mutterschweine in sogenannte
"Abferkelgitter" gesperrt. Auch bei dieser Variante des Kastenstands handelt
es sich um körpergroße Einzelkäfige in denen außer Aufstehen und Hinlegen
jede Bewegung für das Mutterschwein unmöglich gemacht wird. Das Abferkelgitter
steht in einer Bucht in der sich die Ferkel befinden. Normalerweise weist
die Bucht einen perforierten Boden auf, durch den Urin und Kot abrinnen
bzw. durchgetreten werden. Nest- und Beschäftigungsmaterial wie vor allem
Stroh ist daher in den Buchten nicht zu finden, da dieses die Löcher im
Boden verstopfen würde.
Bilder von Abferkelgittern:
Tierschutzproblem
Zitiert aus der Missstandsfeststellung
der Volksanwaltschaft:
Bei einem Kastenstand handelt es sich um einen eisernen Käfig, in dem die Zuchtsauen im Abferkelstand fixiert werden. Den Tieren wird durch die Enge sogar das Abliegen und das Aufstehen erschwert. Natürlich können sie auch ihren Lebensraum nicht in Liegeplatz und Kotplatz trennen und keinen adäquaten Nestbau durchführen.
Diese Sach- und Rechtslage wird nach den der Volksanwaltschaft vorliegenden Informationen von anerkannten Experten einhellig als nicht tierschutzgerecht angesehen:
So führt der Veterinärdirektor des Magistrats der Stadt Wien dazu aus, dass es bei einer solchen Haltung von Muttersauen dem Muttertier nicht möglich sei, ein arttypisches Nestbauverhalten auszuleben, sodass die Mutter-Kind-Beziehung empfindlich gestört wird. Das Abliegen und Aufstehen sei insbesondere für schwere Tiere nur mit Mühe möglich, das Platzangebot müsse als zu gering angesehen werden. Eine Strukturierung der Schweinebox mit Liege- und Kotbereich, wie sie dem Normalverhalten von Schweinen entspricht, sei nicht mehr gegeben. Schließlich sei die Haltung des Muttertiers und der Jungtiere ohne Einstreu als nicht tiergerecht abzulehnen. [...]
Seitens der Tierschutzombudsstelle Vorarlberg wird darauf hingewiesen, dass es durch die Bodenbeschaffenheit zu Schäden an den Gelenken und an der Haut komme. Häufig auftretende Stereotypien wie z.B. Stangenbeißen seien ein eindeutiges Symptom dafür, dass die Körperfunktionen und das Verhalten nicht ungestört ablaufen können. Die Haltung von Zuchtsauen in Kastenständen füge diesen Schmerzen zu, die in Ermangelung jeglicher Rechtfertigung als ungerechtfertigt angesehen werden müssen.
Univ.-Prof. Dr. Christoph Winckler kommt in seinem der Volksanwaltschaft vorliegenden Gutachten vom 22. Dezember 2009 ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Kastenstandshaltung nicht den ethologischen und physiologischen Bedürfnissen von Sauen entspricht. In diesem Zusammenhang wird auf massive Einschränkungen in der Möglichkeit der Verhaltensausübung der Sauen infolge der Fixierung im Kastenstand verwiesen. Dadurch würde den Schweinen das für sie charakteristische, hoch motivierte Trennen von Kot- und Liegeplatz verwehrt. Zudem müsste den Schweinen jederzeit geeignetes Beschäftigungsmaterial zur Verfügung stehen. Vor der Geburt benötigten Sauen für das Nestbauverhalten neben einem ausreichenden Platzangebot zusätzlich adäquates Einstreumaterial wie Stroh, um ihnen ein ruhigeres Sauen in der Geburt zu ermöglichen. Dabei handle es sich um ein angeborenes, endogen durch vorgeburtliche Hormonumstellungen ausgelöstes und damit bei allen vor der Geburt stehenden Sauen hoch motiviertes Verhalten. Fehlen von Einstreu oder Nicht-Erreichen im Kastenstand führe zu Verhaltensabweichungen wie Pseudowühlen, Stangenbeißen oder Rütteln an der Haltungseinrichtung.
Ähnliche Ausführungen
beinhaltet auch das Gutachten von Univ.-Prof. Dr. Josef Troxler, der darauf
hinweist, dass die heute auf dem Markt befindlichen Kastenstandssysteme
die Bewegungsfreiheit der Sauen extrem einschränken würden. Prof. Troxler
gelangt zu dem Ergebnis, dass Abferkelbuchten mit Kastenstand keine tiergerechte
Haltung darstellen, da die Sauen in ihrer Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt
seien. Neue Austallungsformen mit freier Bewegungsmöglichkeit für die Sau
und Nestbaumöglichkeiten würden die Tiergerechtheit wesentlich verbessern.
Die Fixierung der Sau im Kastenstand über
eine Zeit von vier bis sechs Wochen stelle eine übermäßige Einschränkung
ihres Normverhaltens dar, wobei auftretende Schäden und Verhaltensstörungen
zeigen würden, dass die Anpassungsfähigkeit der Tiere überfordert ist. In
nicht entsprechenden Haltungssituationen wie Zugluft, zu hoher Umgebungstemperatur
oder nassen und kalten Liegeflächen sei der Sau im Kastenstand keine Möglichkeit
zum Meiden von schädlichen Einflüssen und zum Aufsuchen geeigneter Plätze
gegeben. Somit verfüge sie nicht über einen Platz, der ihren physiologischen
und ethologischen Bedürfnissen entspricht.
Missstandsfeststellung der Volksanwaltschaft
Die 1. Tierhaltungsverordnung steht im Widerspruch zum Tierschutzgesetz
Eine Juristin brachte es in ihrer Seminararbeit auf den Punkt: die Verwendung
der in Österreich üblichen Sauenkäfige, der sogenannten Kastenstände, widerspricht
fundamental den Vorgaben des Bundestierschutzgesetzes. Sie wendete sich
an die Volksanwaltschaft und diese gab ihr Recht. Sie wendete sich an das
zuständige Tierschutzministerium und forderte es auf, den Wortlaut der entsprechenden
Verordnung (1. Tierhaltungsverordnung) derart zu korrigieren, dass Kastenstände
verboten werden und somit die Verordnung in Einklang mit dem Gesetz gebracht
wird. Sollte das nicht geschehen, kündigte die Volksanwaltschaft eine Klage
vor dem Verfassungsgerichtshof an.
Insbesondere werden folgende Bestimmungen des Bundestierschutzgesetzes verletzt:
Verbot der Tierquälerei
§ 5. (1) Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden
oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.
(2) Gegen Abs. 1 verstößt insbesondere, wer 10. ein Tier [...] einer Bewegungseinschränkung
aussetzt und ihm dadurch Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst
zufügt;
Bewegungsfreiheit
§ 16. (1) Die Bewegungsfreiheit eines Tieres darf nicht so eingeschränkt
sein, dass dem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden oder
es in schwere Angst versetzt wird.
(2) Das Tier muss über einen Platz verfügen, der seinen physiologischen
und ethologischen Bedürfnissen angemessen ist.
Zitiert aus einer Presseaussendung
der Volksanwaltschaft vom 8. Jänner 2011:
Im Mai 2004 wurde von allen im Nationalrat vertretenen Parteien gemeinsam ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz beschlossen, das am 1.1.2005 in Kraft getreten ist und neue Maßstäbe für die Tierhaltung festlegt. Zeitgleich wurden Durchführungsverordnungen erlassen, wie insbesondere auch die 1. Tierhaltungsverordnung, welche die Haltungsbedingungen für landwirtschaftliche Nutztiere regelt.
In der Schweinemastproduktion werden mehr als 100 Kilo schwere Zuchtsauen in körperengen 70 cm breiten und 1,90 cm langen Metallkäfigen, den sogenannten Kastenständen, gehalten und können sich dort nahezu ihr ganzes Leben kaum bewegen. Ihnen wird durch die Enge das Abliegen und das Aufstehen erschwert, was zu Verletzungen und Verhaltensstörungen führt. Bis zum 1. Januar 2013 müssen sauenhaltende Betriebe zwar auf Gruppenhaltung umgerüstet haben. Auch danach bleibt aber nach EU-Recht der Einzelkastenstand in den ersten 4 Wochen nach dem Decken und die letzte Woche vor dem voraussichtlichen Abferkeltermin weiterhin erlaubt.
Laut der 1. Tierhaltungsverordnung, welche diese einschlägige EU-Mindeststandards enthält, ist das zwar legal, wurde aber von einer Juristin im Rahmen einer Seminararbeit als mit dem österreichischen Tierschutzgesetz als nicht vereinbar angesehen und war der Grund für deren Kontaktnahme mit der Volksanwaltschaft.
Das darauf hin eingeleitete amtswegige Prüfungsverfahren gipfelte unter Zugrundelegungen einer Reihe von tierschutzrechtlichen Äußerungen zu Fragen artgerechter Schweinehaltung in einer Missstandsfeststellung und Empfehlung der Volksanwaltschaft an den Bundesminister für Gesundheit im September 2010. Die in der 1. Tierhaltungsverordnung zugelassene Haltung von Sauen in Kastenständen fügt den Tieren infolge der damit zwangsweise verbundenen massiven Einschränkung der Bewegungsfreiheit Schmerzen, Leiden und Schäden zu, indem ihnen ein Lebensraum vorenthalten wird, der ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen ist. Dies widerspricht gem. § 1 iVm den §§ 5 Abs. 2 Z. 10, 13 Abs. 1 und 2 sowie 16 Abs. 1 und 2 Tierschutzgesetz und belastet die entsprechenden Verordnungsbestimmungen mit Gesetzwidrigkeit. Da Verordnungen im Sinne des B-VG nach dem in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht nur EU-Recht, sondern auch innerstaatlichem Gesetzesrecht entsprechen müssen, ist es ohne Weiteres möglich, dass eine unionsrechtlich zwar zulässige, aber nicht zwingend gebotene Vorschrift auf Grund der nationalen Gesetzeslage im Verordnungswege nicht erlassen werden darf bzw. strengerem nationalen Recht angepasst werden muss. Die Schweinehaltung in Kastenständen wurde in einigen EU-Staaten daher bereits verboten.
[...]
Volksanwalt Kostelka: „Wir
warten auf den entsprechenden Verordnungsentwurf und werden die Entwicklungen
weiter beobachten. Wenn sich nichts ändert, werden wir die geltende Verordnung
vor dem Verfassungsgerichtshof anfechten.“
Der neue Verordnungsentwurf
Am 3.3.2011 veröffentlichte Tierschutzminister Alois Stöger einen neuen
Verordnungsentwurf.
Die Begutachtungsfrist endete am 4.4.2011.
Die Kastenstandhaltung betreffend orientiert sich der Entwurf an den in
der Schweiz geltenden Bestimmungen. Das bedeutet:
- Kastenstand maximal 10 Tage: Die Haltung von Zuchtsauen im Kastenstand in der Zeit, in der sie sich nicht in der Abferkelbucht befinden, soll auf den Zeitraum des Deckens, maximal 10 Tage, eingeschränkt werden. Im Gegensatz zur EU-Mindestrichtlinie, die 2013 in Kraft treten wird, soll also die Kastenstandhaltung von 4 Wochen oder 28 Tagen um 18 Tage auf 10 Tage verkürzt werden.
- Abferkelgitter maximal 5 Tage: Die Verordnungsänderung sieht eine Einschränkung
der Zeit der Haltung der Sauen im Abferkelgitter vom Beginn des Nestbauverhaltens
bis längstens zum dritten Tag, der auf die Geburt folgt, vor. Gegenüber
der EU-Mindestrichtlinie soll die Dauer als von 5 Wochen auf den Zeitraum
von maximal 5 Tagen eingeschränkt werden.
Stellungnahme des VGT zum Verordnungsentwurf
Wissenschaftliche Forschungen und die Erfahrungen mit dem Legebatterieverbot bestätigen eindeutig, dass ein absolutes Kastenstandverbot für alle Beteiligten besser wäre
Ausgelöst wurde die jetzige Diskussion über eine Verbesserung der Schweinehaltung durch eine Missstandsfeststellung der Volksanwaltschaft. Das Tierschutzgesetz ist mit einer Schweinehaltungsverordnung, die Kastenstände, also körpergroße Käfige für Mutterschweine, erlaubt, im Widerspruch. Und so einen Widerspruch verbietet die Verfassung. Also musste der SPÖ-Gesundheitsminister Stöger aktiv werden und gab eine Verordnungsänderung in Begutachtung. Im Moment dürfen Mutterschweine lebenslang in Kastenständen gehalten werden, ab 2013 schreibt eine EU-Mindestrichtlinie vor, dass diese Zeit um die Hälfte gekürzt werden muss. Die Verordnungsänderung des Gesundheitsministeriums sieht vor, dass die Mutterschweine statt 6 Monate pro Jahr im Kastenstand oder Abferkelgitter zu stehen, nur noch maximal etwa 1 Monate pro Jahr in diesen körpergroßen Käfigen stehen müssen. Dieses Monat Ausnahme gliedert sich in 10 Tage während der Schwangerschaft und 3 Tage während des Säugens.
Die Schweineindustrie, und allen voran das ÖVP-Landwirtschaftsministerium, möchte diese Verbesserung nicht akzeptieren. Um der EU-Mindestrichtlinie zu genügen, müssen die Schweinefabriken sowieso ihre Haltungssysteme dahingehend umbauen, dass die Mutterschweine während der Schwangerschaft neben 4 Wochen im Kastenstand den Rest der Zeit in Gruppen gehalten werden können. Hier sind also ohnehin keine zusätzlichen baulichen Maßnahmen durch den Verordnungsentwurf notwendig. Die Verordnungsänderung würde aber auch einen Umbau der Abferkelbuchten notwendig machen. Die Mutterschweine dürften dort nur maximal 3 Tage im Abferkelgitter stehen, den Rest der Säugeperiode müssten sie sich in der Bucht frei bewegen können. Dazu müsste die Bucht eine Fläche von 5,5 m² aufweisen und ein geschütztes Ferkelnest enthalten.
Um diesen Mehrkosten für den Umbau der Abferkelbucht zu entgehen, behauptet die Schweineindustrie, dass die Ferkel ohne Abferkelgitter in größerer Zahl sterben würden, weil sie von der Mutter erdrückt würden. Aus Propagandagründen spricht die Schweineindustrie sogar von einem „Ferkelschutzkorb“, wenn sie das Abferkelgitter, also einen körpergroßen Käfig für das Muttertier, meint.
Die Abferkelbucht – für alle die bessere Lösung
So unnatürlich ist die Haltung der Schweine in den Tierfabriken bereits, dass die Mutter zur Lebensgefahr für die Kinder wird. Dabei ist in der Natur die Säugetiermutter der größte Schutz für ihre Kinder! Statt den Schweinemüttern einen natürlicheren Lebensraum zu bieten, in dem sie eine Beziehung zu ihren Kindern herstellen und den Umgang mit ihnen lernen können, sperrt man sie in körpergroße Käfige ein. Das reduziert die Mutter zu einer reinen Gebärmaschine, man merkt nichts mehr von der in §1 des Tierschutzgesetzes vorgeschriebenen Verantwortung des Menschen gegenüber dem Tier als Mitgeschöpf.
Eine Reihe von Ländern hat deswegen bereits ein Kastenstandverbot eingeführt. Dazu gehören Großbritannien, die Schweiz, Schweden, Holland, Finnland und ab 2014 sogar Dänemark. Der Schweinezuchtverband von Dänemark hat nämlich in seinem Jahresbericht von 2004 (siehe http://vegs.us/5s, Seite 35) festgestellt, dass der Ferkelverlust durch Erdrücken zwar mit Abferkelgitter niedriger war (4,3%), als ohne (6,2%), dass aber im selben Zeitraum insgesamt 8,9% der Ferkel in den Buchten mit Abferkelgitter gestorben sind oder getötet werden mussten, ohne Abferkelgitter aber nur 6,4%. Die getöteten Ferkel waren jene, die zu geringe oder keine Gewichtszunahme zeigten und nach Ansicht der Manager nicht überleben würden. Das mittlere Gewicht beim Absetzen war bei den Ferkeln in Buchten mit Abferkelgitter mit 7,4 kg signifikant geringer als bei Ferkeln in Buchten ohne Abferkelgitter mit 7,7 kg. Dasselbe traf auf das gesamte Wurfgewicht zu (76,9 kg mit Abferkelgitter versus 79,9 kg ohne). Die Mutterschweine im Abferkelgitter nahmen in der Säugeperiode weniger Nahrung zu sich, als die Mutterschweine in der freien Bucht ohne Abferkelgitter. Aus diesen Ergebnissen wurde geschlossen, dass sich die Mutterschweine ohne Abferkelgitter wohler fühlten, und daher mehr aßen und auch mehr Milch produzierten. Letztendlich überlebten mehr Ferkel in Buchten ohne Abferkelgitter als in Buchten mit. Deshalb wurde in Dänemark ein Kastenstandverbot ab 2014 beschlossen.
Ein ähnliches Ergebnis erhielt N. Dunn 2005, Positive aspects of no-crate farrowing, Pig Progress 21, no7 20-3. Laut dieser Studie war die Mortalitätsrate der Ferkel in Schmidbuchten in der Schweiz ohne Abferkelgitter am 32. Lebenstag der Ferkel mit 11,3% geringer als mit Abferkelgittern mit 12,2%.
Deshalb ist das Abferkelgitter in Anbetracht des Wohlbefindens sowohl der
Mutterschweine als auch der Ferkel abzulehnen und grundsätzlich zu verbieten.
Das Legebatterieverbot – ein leuchtendes Vorbild
Im Jahr 2003 forderte der VGT ein Verbot der Käfighaltung von Legehennen. Die Tierindustrie reagierte damals genauso, wie heute auf die Forderung nach einem Kastenstandverbot: Das würde das Ende der Eierproduktion in Österreich bedeuten, man würde das Tierleid ins Ausland exportieren, es würde dann nur noch Käfigeier aus Osteuropa in Österreich geben.
Im Mai 2004 beschloss das Parlament trotz dieser Unkenrufe einstimmig – nur der Bauernbundchef verließ sicherheitshalber den Plenarsaal, um nicht mitstimmen zu müssen – das Legebatterieverbot. Jetzt würde die Legehennenhaltung in Österreich zuende gehen, jammerte die Agrarlobby. Der VGT wurde stattdessen aktiv und brachte nach langer Kampagnenarbeit alle Supermärkte und zahlreiche Firmen dazu, von Käfigeiern abzurücken. 2009 trat das Legebatterieverbot in Kraft und es kam zu keinem Zusammenbruch der Eierproduktion in Österreich, die KonsumentInnen griffen nach den heimischen Eiern aus Alternativhaltung, die gefürchteten Tierleidimporte aus Legebatterien blieben aus.
Erstaunlicherweise versucht die Agrarlobby heute das Legebatterieverbot ganz anders darzustellen. VertreterInnen der Tierindustrie behaupten, dass die Käfigeiimporte überhand nehmen würden, obwohl es im Eibereich immer schon Importe gegeben hat. Heute werden in Österreich mehr Eier für den heimischen Markt produziert, als vor dem Legebatterieverbot.
Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration fehlt im Verordnungsentwurf!
Im vorliegenden Verordnungsentwurf fehlt das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration. Für alle anderen Tiere ist die Kastration nur unter wirksamer Betäubung durch entsprechend ausgebildete ExpertInnen erlaubt. Nur bei Ferkeln dürfen Laien in den ersten 7 Lebenstagen das Schwein ohne Betäubung und ohne Schmerzausschaltung kastrieren. Die Schweineindustrie ist gerade dabei, auf eine Schmerzbehandlung mittels Metacam oder ähnlichen Medikamenten umzusteigen. Doch das reicht nicht aus.
Die Kastration darf nur unter wirksamer Betäubung durchgeführt werden,
und das bietet dieses Schmerzmittel alleine nicht. Eine Lokalanästhesie
ist bei Hoden auch nicht wirklich möglich. Daher muss die Kastration unter
wirksamer Betäubung und Schmerznachbehandlung ausschließlich durch TierärztInnen
in der Schweinehaltungsverordnung oder im Tierschutzgesetz vorgeschrieben
werden. Es wäre schade, bei einer Reform bzgl. der Schweinehaltung nur halbe
Sachen zu machen. Die neuen Vorschriften müssen richtungsweisend sein und
die Interessensparteien auf absehbare Zeit zufrieden stellen. Daher ist
es unabdingbar, das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration in die Novelle
mit aufzunehmen. Wenn die Schweinelobby sich schon den Schutz der Ferkel
(„Ferkelschutzkorb“) an die Fahnen heftet, dann wird sie ja auch für deren
Schutz vor eklatanten Schmerzen, wie sie bei der betäubungslosen Kastration
mit oder ohne Metacam auftreten, Verständnis haben.
Alternativen zum Kastenstand
Beispiel Schweden:
In Schweden sind Kastenstände und Abferkelgitter seit 1988 verboten und Schweden ist ein EU-Land. In Schweden gibt es dennoch keine erhöhten Ferkelverluste und im Frischfleischsektor bietet die Schweinefleischproduktion zu 100% Selbstversorgung.“
Dieses Foto zeigt einen echten Ferkelschutzkorb, der um das Ferkelnest angelegt ist. Das Abferkelgitter in Österreich ist, umgekehrt, ein körpergroßes Eisengitter um das Muttertier.
Univ.-Prof. Bo Algers vom Institut für Tierumwelt und Gesundheit an der
Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften bestätigte dem VGT im Gespräch,
dass diese Abferkelbuchten ohne Kastenstand bestens funktionieren. Im Gegensatz
zur Kastenstandhaltung in Österreich können sich die Mutterschweine in Schweden
um ihren Nachwuchs kümmern und deshalb überleben ohne Kastenstand mehr Ferkel,
nicht weniger.
Forderungen
Der VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN (VGT) fordert Tierschutzminister Stöger und Landwirtschaftsminister Berlakovich auf, ein für alle Mal mit der tierquälerischen Haltungsform Kastenstände aufzuräumen und sie komplett zu verbieten. Der VGT weist in seiner Schweinekampagne seit Jahren auf diesen Misstand hin und jetzt bietet sich die Möglichkeit, das Leben der Zuchtschweine deutlich zu erleichtern. Der VGT appelliert nun an die Minister ohne Kompromisse und ohne breite Ausnahmenregelungen, die schrecklichen Käfige für Sauen nach dem Vorbild Großbritanniens und Schwedens endlich zu verbieten.
Der VGT fordert daher nachdrücklich:
-
Kastenstände für Mutterschweine müssen grundsätzlich verboten werden, sowohl während der Zeit des Deckens und der Schwangerschaft, als auch in der Säugeperiode (Abferkelgitter)!
-
Schweine, egal in welchem Alter, dürfen nur unter wirksamer Betäubung von ausgebildeten TierärztInnen kastriert werden, wie das für alle anderen Tierarten bereits selbstverständlich gilt!