Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (01.03.2023)
Graz, am 01.03.2023LVwG Stmk: ÖVP-Platzhalterdemos keine Demo, Auflösung Tierschutzdemo rechtswidrig
Auflösung einer Spontanversammlung im Sperrbereich einer Pseudodemo der ÖVP beim Bundesparteitag in Graz war rechtswidrig, urteilt LvwG Stmk gestern – Behörde muss € 1.700 bezahlen
Seitdem § 7a ins Versammlungsgesetz aufgenommen worden ist, dass die Behörde um Versammlungen Sperrzonen festlegen kann, in denen keine anderen Versammlungen stattfinden dürfen, wurden sogenannte Platzhalterdemos
gegen den VGT zur Normalität. Ob beim Jägerball in der Hofburg, bei der Hubertusmesse im Salzburger Dom, bei sämtlichen ÖVP-Wahlveranstaltungen in OÖ oder eben im vorliegenden Fall beim ÖVP-Bundesparteitag in Graz: immer werden Pseudodemos, die selbst von der Polizei Platzhalterdemos genannt werden, angemeldet, deren einziger Zweck es ist, kritische Proteste aus der Umgebung einer Veranstaltung zu verbannen. In Graz sollten laut ÖVP vor dem Bundesparteitag 200 Personen Für Österreich. Für Nehammer
demonstrieren. Das geschah zwar nicht, vielmehr befand sich dort lediglich ein Infostand, an dem die Besucher:innen des Bundesparteitages Informationen überreicht bekamen, doch die Behörde untersagte dem VGT jegliche Kundgebung im Umkreis von 50 m zum gesamten Vorplatz, obwohl dort kein Mensch war. Nachdem eine Dreiviertelstunde lang niemand von der ÖVP am Vorplatz erschien, stellten sich dort 3 kritische Tierschützer:innen mit Plakaten gegen die Schweinehaltung auf Vollspaltenboden hin, um eine Spontanversammlung abzuhalten. Die Polizei löste daraufhin diese Versammlung auf und vertrieb die Tierschützer:innen mit der Begründung, dass dort ja eine – zwar inexistente aber angemeldete – Demo der ÖVP stattfinden würde. Dagegen richtete sich die Maßnahmenbeschwerde und das Landesverwaltungsgericht Steiermark gab den Tierschützer:innen gestern recht: die Auflösung war rechtswidrig.
Konkret analysierte das LVwG die Vorgänge bei der ÖVP-Platzhalterdemo und kam zum Schluss, dass diese nicht die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes erfüllte. Das einseitige Informieren von Besucher:innen einer Veranstaltung ist selbst keine Versammlung. Dadurch ist keine Sperrzone um diese Pseudodemo der ÖVP vorgelegen und entsprechend war die Auflösung der kritischen Tierschutzkundgebung aufgrund der nichtvorhandenen Sperrzone rechtswidrig. Die Behörde muss den Tierschützer:innen € 1.700 überweisen.
VGT-Obmann DDr. Martin Balluch ist erleichtert: Wir werden von diesem rechts- und verfassungswidrigen Missbrauch des Versammlungsgesetzes seit vielen Jahren an legitimen Protestkundgebungen gehindert. In Baden beim Milchfest gab es sogar 5 derart strategisch verteilte Platzhalterdemos, sodass mit 150 m Sperrzonen die gesamte Badener Innenstadt für Tierschützer:innen nicht zu betreten war. Dagegen erreichten wir ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, dass die Behörde Proteste nicht so weit einschränken darf, dass sie nicht mehr stattfinden können. Doch das änderte an der Praxis nichts. Jetzt haben wir ein LVwG Urteil, das klarstellt, dass solche Platzhalterdemos selbst gar keine Versammlungen sind und daher keine Sperrzonen bekommen können. Wir werden sehen wie jene, denen offenbar demokratische Spielregeln nichts sagen, darauf reagieren, ob es weiter Platzhalterdemos geben wird oder ob diese unsägliche Praxis wieder endet. Jedenfalls können wir, mit diesem Urteil im Rücken, einfach Spontandemos abhalten, sollte es Platzhalterdemos geben und unsere Kundgebung deshalb untersagt werden.